Nord- und OstseeSo stark sollen Offshore-Windparks ausgebaut werden

Windpark auf der Nordsee: Zukünftig soll stark ausgebaut werden
Foto: Nordsee One GmbH
Offshore-Windkraft und Ausbau-Pläne in Nord- und Ostsee im Überblick
Viele europäische Länder setzen auf den massiven Ausbau von Offshore-Windparks. Das hängt mit der angestrebten Energiewende zusammen. Sportbootfahrer, die in der Nord- und Ostsee fahren, müssen sich daher bald auf einige Veränderungen einstellen

Keine Frage, regenerative Energie ist unumgänglich. Eine vielversprechende Lösung sind Windräder, die insbesondere vor den Küsten mit hoher Zuverlässigkeit Strom erzeugen. Kürzlich wurde bekannt, dass vor der Küste der dänischen Insel Bornholm ein gigantischer Windpark entstehen soll. Auch Deutschland hat ehrgeizige Pläne in dieser Hinsicht.

Bereits im August 2022 verkündeten in Kopenhagen die Vertreter mehrerer Ostsee-Anrainerstaaten, bis zum Jahr 2030 die Produktion von Windenergie in der Ostsee um das sage und schreibe Siebenfache auf dann 20 Gigawatt zu erhöhen. „Damit“, so die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, „können 20 Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden. Dies sei mehr als die derzeitige Offshore-Windkapazität in der gesamten Europäischen Union. Für die Nordsee bestehen nicht minder ambitionierte Windparkpläne, die kurz- und mittelfristig Wirklichkeit werden sollen.

Schon existente Windparks sind nur in Einzelfällen ein ernsthaft störendes Hindernis

Kritiker bemängeln zwar weiterhin die noch fehlende Infrastruktur an Land, um den auf See erzeugten Strom bis dorthin transportieren zu können, wo er benötigt wird. Tier- und Umweltschützer sorgen sich um das Wohl von Fischen und Vögeln. Und die Tourismusbranche fürchtet um die Attraktivität mancher Küstenorte, wenn plötzlich riesige Windmühlen den Ausblick aufs weite Meer trüben. Doch vormachen darf man sich nichts, der Ausbau der Windenergie ist wichtig und auch nicht aufzuhalten.

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Damit müssen sich nicht zuletzt wir Sportbootfahrer arrangieren. Schon vor gut zehn Jahren wies der ehemalige Verbandspräsident der See- und Hafenlotsen, Gerald Immens, in der YACHT darauf hin, dass es „ganz schön eng auf dem Meer“ werde. Mancher tat das seinerzeit noch als Panikmache ab. Und tatsächlich, die allermeisten Crews, deren Heimatrevier die Nord- oder Ostsee ist, nehmen die bislang existenten Windparks nur in Einzelfällen als ernsthaft störendes Hindernis wahr: etwa auf dem Weg an den dänischen Inseln vorbei nach Südschweden. Oder von Rügen oder der Küste kommend hinüber nach Bornholm. Doch das sind Ausnahmen. Zum einen, weil sich die meisten Räder weit draußen auf See drehen und damit fern der Küstengewässer befinden. Vor allem aber, weil ihre bisherige Anzahl noch recht überschaubar ist.

Bislang nur wenige Offshore-Windparks in Deutschland und Dänemark

In zu Deutschland zählenden Gewässern gibt es derzeit etwas mehr als 30 Windparks: zwei Dutzend auf der Nordsee, die anderen in der Ostsee. Und dort wiederum ausschließlich vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, genauer nördlich des Darß und nördlich von Rügen. Zwischen Flensburg und Rostock hingegen stoßen Skipper zwar ebenfalls auf teils sogar recht ausgedehnte Bereiche, die bisweilen oder permanent tabu sind. Dabei handelt es sich aber nicht um Windparks, sondern um die großen Übungsschießgebiete der Marine.

Ganz ähnlich das Bild in Dänemark und auch Schweden. Nur ein paar verstreute und zumeist kleinere Windparks finden sich in Belten und Sund beziehungsweise in Kattegat und Skagerrak oder vor Schwedens Ostküste. Noch weniger sind es an der Nordseeküste Dänemarks.

Und so nehmen sich in den betreffenden Seekarten die mit Windrädern belegten Flächen entsprechend bescheiden aus. Zieht man nun aber all jene Gebiete mit ein, die in den nächsten Jahren ebenfalls mit Windparks und der zugehörigen Infrastruktur wie Umspann- und Speicherstationen bestückt werden sollen, wird klar: Mit der freien Fahrt in vielen bei hiesigen Skippern beliebten Bereichen der Nord- und Ostsee wird es bald vorbei sein. Die Karten ganz oben in der Bilderstrecke veranschaulichen das eindrücklich. Darauf ist zu sehen, welche Parks schon in Betrieb sind, wo gebaut wird und welche Flächen in Zukunft gleichfalls mit Windrädern bestückt werden können.

Ins Auge fallen dabei vor allem die vor der dänischen Nordseeküste ausgewiesenen Flächen. Es sind Areale gewaltigen Ausmaßes, auf denen nicht nur Windräder, sondern auch künstliche Inseln entstehen sollen, um sie mit riesigen Stromspeichern zu bestücken. Sozusagen als Puffer für überschüssige Energie, für die es erst später Bedarf gibt. Ein Törn von Helgoland rund Skagen führt in einigen Jahren dann wohl zwangsläufig mittendurch, entlang der für die Schifffahrt frei gelassenen Passagen.

Niederlande und Großbritannien sind Windkraft-Vorreiter

Wer schon einmal von Deutschland aus an der niederländischen Küste entlang hinüber nach England gefahren ist, hat vielleicht eine Ahnung davon, was uns diesbezüglich auch hierzulande erwartet. Dicht an dicht reihen sich insbesondere vor der Westküste der Insel die Windräder. An vielen kommt man kaum noch vorbei, will man nicht große Umwege in Kauf nehmen. Das Gute immerhin: In Großbritannien ist die Durchfahrt durch die Windparks grundsätzlich erlaubt. Sperrzonen bestehen nur in einem Radius von 50 Metern um die einzelnen Windräder. Und nur in wenigen Ausnahmefällen gibt es vorgeschriebene Korridore durch die Felder, von denen man nicht abweichen darf.

Ganz anders hingegen die Regelungen in Deutschland und seinen Nachbarländern. Aktuell verfährt jeder Staat höchst unterschiedlich – sowohl bei der Vergabe und Planung von Windparks als auch bei den Bestimmungen zur sicheren Navigation in den Offshore-Anlagen beziehungsweise außen um sie herum. Selbst innerhalb Deutschlands gibt es keine einheitlichen Lösungen. Diese sollten zwar schon vor einigen Jahren auf den Weg gebracht worden sein, bisher herrscht jedoch weiterhin Chaos. Die wichtigsten Infos zu den Befahrensregeln haben wir in einem eigenen Artikel zusammengefasst.

Doch selbst, wenn es erlaubt ist, mitten durch die Windräder zu kreuzen, stellt sich Sportbootfahrern immer noch die Frage, wie gefährlich das unter Umständen ist. Bislang ist zwar noch kein Fall bekannt, in dem eine Yacht mit solch einer Anlage kollidiert wäre. Doch mit der absehbar gewaltig steigenden Anzahl der Windräder steigt auch das damit einhergehende Unfallrisiko.

Der Wind wird durch die Windräder nicht beeinflusst

Eines hingegen können Skipper immerhin getrost außer Acht lassen: Ab- oder gefährliche Fallwinde, unvorhersehbare Winddreher oder auch turbulente Strömungsverhältnisse auf der Wasseroberfläche, hervorgerufen durch die sich drehenden Rotorblätter, gibt es in den Windparks nicht. Der Grund dafür ist recht simpel: Die einzelnen Anlagen selbst sind in einem so großen Abstand zueinander aufgestellt, dass sie sich nicht gegenseitig beeinflussen. Ein Windrad allein aber vermag die herrschenden Windbedingungen nicht derart zu verändern, dass ein Boot dadurch Probleme bekäme.

Sind in einem Park Korridore einzuhalten, ist wiederum Vorsicht geboten. Denn den nutzen dann alle, gegebenenfalls sogar die Berufsschifffahrt, die ansonsten außen vor bleibt. Es kann voll werden. Und eine Verkehrstrennung für die jeweiligen Fahrtrichtungen gibt es in der Regel nicht.

Langfristige Auswirkungen des massiven Ausbaus der Windenergie auf die globalen Wettersysteme sind im Gegensatz zu kleinen Veränderungen im lokalen Mikroklima durch die Luftdurchmischung nicht bestätigt. Einerseits entziehen die Offshore-Windparks der Atmosphäre Energie, um elektrischen Strom zu gewinnen, andererseits wird dieser am Ende der Kette auch wieder als Abwärme in die Atmosphäre zurückgegeben. Somit entsteht ein Kreislauf, der bei fossiler Energiegewinnung nicht in dieser Form gegeben ist. Auch deshalb überwiegen auf Seite des Klimas mit großer Sicherheit die Vorteile der erneuerbaren Energiegewinnung aus dem Wind.

Zum Schluss noch ein weiterer positiver Aspekt: Man kann den Windparks als Skipper Gutes abgewinnen. Schon 2014 gab ein Experte der Wasserstraßen- und Schifffahrtsdirektion in einem YACHT-Interview den Tipp, dass die weithin sichtbaren Räder als perfekte Peilmarken bei der terrestrischen Navigation taugen. Ist doch jedes einzelne exakt in der Seekarte verzeichnet.


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