Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus) in Mecklenburg-Vorpommern hat die erste Vibrionen-Infektion der diesjährigen Badesaison bestätigt. Ein 68-jähriger Einheimischer hat sich mit den Salzwasser-Bakterien infiziert und ist trotz Behandlung in einem Krankenhaus verstorben. Wie genau der Mann mit den Vibrionen in Kontakt gekommen ist, sei nicht abschließend geklärt, teilte das Lagus mit. Der Verstorbene litt an Vorerkrankungen.
Seit 2003 wurden laut Lagus insgesamt 95 Infektionen gemeldet, 14 Personen seien daran gestorben, 13 von ihnen hatten Vorerkrankungen. Bereits im vergangenen Jahr hatte BOOTE über Vibrionen-Todesfälle berichtet.
Allerdings stellen Vibrioneninfektionen für gesunde Menschen derzeit ein sehr geringes Risiko dar. Im Vergleich zu den häufigsten Todesursachen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, aber auch zu Verkehrsunfällen oder Suiziden ist die Gefahr durch Vibrionen verschwindend gering.
Die insgesamt geringe Gefahr steigt derzeit jedoch, was mit der Vermehrung der Blaualgen zusammenhängt. Kommen diese verstärkt vor, wie gerade jetzt, ist kurze Zeit später auch mit mehr Vibrionen zu rechnen, da sich diese von absterbenden Blaualgen ernähren.
Panik ist aber nicht angesagt, im Folgenden möchten wir dennoch über die Risiken aufklären:
Laut Lagus wurden an der gesamten Ostseeküste zwischen Schleswig-Holstein über Mecklenburg-Vorpommern einschließlich der Boddengewässer sowie Polen in Proben Vibrionen nachgewiesen. Bis zum Ende der Saison müsse in der gesamten Ostsee und den Boddenbereichen mit einer Keimbelastung gerechnet werden. Die Bakterien vermehren sich besonders gut bei Wassertemperaturen über 20 Grad und in Gewässern mit mittlerem Salzgehalt. Beides trifft auf die Ostsee zu, deren Wassertemperatur in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist.
Vibrionen können auf verschiedenen Wegen in den menschlichen Körper gelangen. Der häufigste Weg ist über Verletzungen der Haut. Selbst ein blutig gekratzter Mückenstich kann als Eintrittspforte dienen. Wenn man mit einer Wunde baden geht, können die Bakterien eindringen und eine Infektion verursachen. Diese kann Haut, Muskeln und Gewebe zerstören und sehr rasch zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung (Sepsis) führen. In schweren Fällen kann das zu einer Amputation der betroffenen Gliedmaßen führen. Im weiteren Verlauf ist ein Befall innerer Organe möglich, der mit der Bildung von Eiterherden im Körper einhergeht und schlimmstenfalls tödlich enden kann.
Vibrionen, die Magen-Darm-Erkrankungen auslösen, werden oral übertragen. Sie gelangen über den Mund in den Körper, meist durch verunreinigtes Trinkwasser und Lebensmittel. Auch der Verzehr von rohen oder unzureichend gegarten Meeresfrüchten (z.B. Austern, Muscheln) oder Fischen aus belasteten Gewässern kann zur Ansteckung führen.
Zu den typischen Risikogruppen zählen ältere sowie immungeschwächte Personen. Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Lebererkrankungen (z.B. Leberzirrhose, chronischer Hepatitis), Krebserkrankungen sowie schweren Herzerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung und auch für einen schweren Krankheitsverlauf.
Ein auffälliges Symptom einer Infektion ist ein ungewöhnlich starker Schmerz, auch bei kleinen Verletzungen. Symptome einer Vibrionen-Infektion können außerdem Rötungen, Schwellungen und Blasenbildung auf der Haut sein, verbunden mit Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen und Durchfall bis hin zum Schock. In solchen Fällen sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Bei frühzeitiger Erkennung lässt sich eine Vibrionen-Infektion in den meisten Fällen durch Antibiotika gut behandeln.
Über den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln kommt es nach etwa 16 Stunden zu starken Bauchschmerzen und schweren Brechdurchfällen. Unbehandelt kann es kurze Zeit später zu einer Blutvergiftung kommen, die im schlimmsten Fall einen septischen Schock und Multiorganversagen verursachen kann.
Zur Vorbeugung sollte man sich täglich vor Ort über die Wassertemperatur erkundigen, besondere Vorsicht ab 20 Grad. Vor dem Baden kann man sich auch über die Wasserqualität informieren. Auf der Internetseite des Bundesumweltamtes finden Sie Links zu den Badegewässern und aktuellen Wasserqualitäts-Daten der einzelnen Bundesländer.
Das Tragen von Badeschuhen kann Verletzungen vermeiden, schon kleinste Schürfwunden, Hühneraugen oder Blasen an den Füßen bieten eine Angriffsfläche.
Nach dem Baden sollte man sich abduschen. Wer ganz sicher gehen möchte, kann nach einem Aufenthalt in potentiell von Vibrionen betroffenen Gewässern eine Desinfektionslösung verwenden. Personen mit Hautverletzungen oder chronischen Erkrankungen sollten sich generell von Gewässern, in denen Vibrionen nachgewiesen wurden, fernhalten.
Kleinere Wunden sollten sorgfältig versorgt und beobachtet werden. Kratzer, Schnitte oder Schürfwunden sollten gründlich gereinigt, desinfiziert und mit einem Pflaster abgedeckt werden. Bei einer normalen Wundheilung sollten Schmerzen, Rötung und Schwellung zurückgehen. Die Wunde sollte spätestens nach einigen Tagen trocken sein.
Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde arbeiten an einem Frühwarnsystem für Vibrionen in der Ostsee. Mittels Drohnentechnik und künstlicher Intelligenz sollen erhöhte Bakterienvorkommen frühzeitig erkannt werden. Dafür wurden über ein Jahr lang an 15 Standorten zwischen Rostock und Heiligendamm regelmäßig Wasserproben entnommen und analysiert. Die Ergebnisse sollen helfen, das Auftreten der gefährlichen Bakterien besser vorherzusagen. Dazu wird das Aufkommen von Blaualgen mittels deren Spektralfarben analysiert. Kommen diese vermehrt vor, sei kurze Zeit später auch mit mehr Vibrionen zu rechnen. Ein Testlauf des Systems ist für Sommer 2026 geplant.