RevierLanger Trödel und Finowkanal - Ganz gemächlich

Unbekannt

 · 04.02.2019

Revier: Langer Trödel und Finowkanal - Ganz gemächlichFoto: Bodo Müller
Unterwegs auf dem Langen Trödel im Norden Brandenburgs

Seit der Saison 2016 ist der Lange Trödel wieder für Sportboote offen. Damit ist jetzt der Finowkanal, die älteste schiffbare Wasserstraße Deutschlands, wieder durchweg passierbar

Schilfsäume flankieren beide Seiten des verwunschenen, schmalen Kanals. Über uns ein grünes Dach aus alten Eichen, Kastanien- oder Walnussbäumen. Lilien und Seerosen blühen zu beiden Seiten des Wasserweges. Biber kreuzen das Fahrwasser. Seltene Eisvögel flattern vor dem Schiffsbug und verschwinden sekundenschnell mit ihrem leuchtend blauen Gefieder im sonnendurchfluteten Blattwerk. Die Einsamkeit und Stille des Kanals ist atemberaubend. Sind wir noch in Europa?

Wir sind im Herzen von Deutschland, weniger als eine Autostunde von Berlin entfernt. Der Kanal, den wir durchfahren, heißt Langer Trödel und ist zehn Kilometer lang. Der Name steht nicht für trödeln, sondern für treideln. Der Lange Trödel ist das westliche Teilstück des historischen Finowkanals. Vor knapp drei Jahren wurde dieser historische Schifffahrtsweg, der zu den ältesten künstlichen Wasserstraßen Deutschlands gehört, wieder befahrbar gemacht und gleichzeitig renaturiert.

Millionen an Fördergeldern flossen für bewegliche Brücken, Bootsliegeplätze, ein modernes Monitoring und eine neue Schleuse. Gewonnen wurden nicht nur schlechthin zehn Kilometer Wasserstraße für die Sportschifffahrt, sondern auch eine Verbindung von zwei Revieren, die mit der Charterbescheinigung befahrbar sind: die Obere Havel-Wasserstraße und der historische Finowkanal. Wie groß der Gewinn für den Wassertourismus in Deutschland ist, erfährt man am besten, indem man sich selbst auf den Weg macht.

In der Marina Neuer Hafen im Ziegeleipark Mildenberg haben wir unser Charterboot, eine Linssen 29.9 AC, von der Firma 5 Sterne Yachtcharter übernommen. Allein das hochwertige und komfortable Charterboot ist ein Versprechen, dass es eine gute Woche werden soll. Unser Törnplan sieht vor, von hier zum Langen Trödel zu fahren, diesen zu durchqueren und dann der Havel-Oder-Wasserstraße bis zum Schiffshebewerk Niederfinow zu folgen. Dort wollen wir uns absenken lassen, um dann auf dem historischen Finowkanal wieder bergauf zu fahren und am Ende den Langen Trödel ein zweites Mal zu passieren.

Der Ausgangshafen Mildenberg bei Zehdenick liegt eine Autostunde nördlich von Berlin an der Havel. Zehdenick gilt als die Stadt mit dem guten Ton. Das ist nicht akustisch gemeint, sondern bautechnisch. Nördlich von Zehdenick wurde über Generationen hinweg in sogenannten Stichen, gemeint sind Tagebaue, Ton gewonnen und mit Kleinbahnen in die Ziegeleien der Umgebung gefahren. Alle Ziegel-Brennöfen lagen unweit vom Wasser. Die fertigen Ziegel wurden per Lastkahn nach Berlin verschifft.

Um 1910 verzeichnete man hier die größte Ziegelproduktion der Welt. In 57 Ringöfen wurde pro Jahr die kaum vorstellbare Menge von 625 Millionen Stück Mauerziegeln gebrannt. Ganze Stadtteile von Berlin wurden aus Zehdenicker Ziegeln gemauert. Nach dem zweiten Weltkrieg und auch während der DDR-Zeit hielten der Mauerziegel-Boom und die Verschiffung nach Berlin an. Der letzte Brennofen wurde 1991 geschlossen.

Etliche Häfen und Verladestationen, einst für den Umschlag von Ziegeln gebaut, erleben heute eine neue Funktion als Sportboothäfen. Die Marina Neuer Hafen, wo mehrere Charterflotten liegen, ist Teil des größten deutschen Industriemuseums Ziegeleipark Mildenberg. Ein riesiges Netz von Kleinbahnschienen durchzieht den Park. Wir kaufen uns im Museum ein Ticket und machen eine Rundreise mit einer Feldbahn zu den Tonstichen und zurück zu den Brennöfen und durch diese hindurch. Unbedingt empfehlenswert.

Zwischen den Tonstichen, die heute glasklare Binnenseen und beliebte Badestellen sind, steuern wir unser Schiffchen auf der Havel südwärts nach Zehdenick, passieren die Schleuse und fahren weiter stromab auf der kanalisierten Havel, die hier Vosskanal heißt. Nach einer weiteren Schleuse in Bischofswerder sind die ersten Häuser von Liebenwalde zu sehen. Die 4000-Einwohner-Stadt war lange ein verschlafener Ort. Doch nach der Wiedereröffnung des Langen Trödels, der hier nach Osten abzweigt, avancierte das Städtchen zu einem Wasserstraßen-Knotenpunkt.

An diesem Knotenpunkt liegt die Marina Liebenwalde, ein kuscheliger kleiner Hafen mit 20 Liegeplätzen. Für ein Boot unserer Größe sehen wir nur belegte Boxen. Hafenmeister Horst Helbig winkt uns trotzdem heran. "Dieser Platz könnte gerade noch für euch passen." Er fädelt das Vorschiff behutsam in die Box, nimmt unsere Leinen an, richtet die Fender und belegt die Klampen."Herzlich willkommen!" Sagt Horst mit freundlichem Lächeln. "Hier habt ihr Strom und Wasser. Die Duschen funktionieren mit Münzen. Wenn ihr sonst etwas braucht, bin ich für euch da."

Das vollständige Revierporträt lesen Sie in der Februar-Ausgabe von BOOTE, die es ab dem 16.01.19 am Kiosk gibt – für Abonnenten natürlich schon eher.

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