Revier-UpdateBootsboom treibt Marina-Sanierungen in Dänemark voran

Jill Grigoleit

 · 05.06.2023

Tolles Etappenziel im Norden des Øresunds: Helsingør auf Seeland. Vorn im Foto der große Nordhavn, dahinter  das berühmte „Hamlet- Schloss“ Kronborg
Foto: Helsingör Havne/Ole Thomsen
Vor allem in den auch bei deutschen Sportbootfahrern beliebten Ostseehäfen rund um Als, Ærø, Fünen und Seeland herrscht Aufbruchstimmung. Angetrieben vom Bootsboom der vergangenen Jahre werden Marinas in Dänemark erweitert, saniert und modernisiert. Wir zeigen, was sich wo getan hat

Während der Corona-Jahre stand auch bei den Dänen Urlaub im eigenen Land hoch im Kurs. Es gab einen wahren Bootsboom unter den Einheimischen. Im vergangenen Jahr steuerten dann erstmals wieder so viele ausländische Crews wie in den Zeiten vor der Pandemie die Reviere im Nachbarland an – allen voran aus Deutschland. Das bescherte den dänischen Marinas fast 1,2 Millionen Übernachtungen – und damit so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr! Dänemark, das auch im aktuellen World Happiness Report einmal mehr auf Rang zwei liegt, hat mithin nichts von seiner Attraktivität eingebüßt.

Die Schattenseite des Booms: Allerorten wird es eng in den Häfen, insbesondere in der Hochsaison. Die Wartelisten für einen vor allem in der grenznahen Region auch bei deutschen Skippern begehrten Dauerliegeplatz sind mancherorts lang, Marinaerweiterungen im Grunde unumgänglich. Immer größere, modernere Hafenanlagen kollidieren jedoch mit dem Bedürfnis nach Ruhe, Natur und Erholung – mithin für all das, wofür Dänemark gemeinhin steht.

Diesen Spagat zu schaffen ist für die Betreiber der Yachthäfen eine Herausforderung, der sie sich stellen. Vielerorts passt man sich den gestiegenen Anforderungen bereits an. Da werden Stege ausgetauscht und erweitert, Sanitäranlagen erneuert und Spielplätze gebaut. Umfangreichere Projekte wie neue Hafeneinfahrten, Küstenschutzmaßnahmen und architektonische Prestigeobjekte wie das „Maritime Zentrum“ in Esbjerg sind teils bereits umgesetzt. Zugleich bemüht man sich, die Eingriffe in die Umwelt so gering wie möglich zu halten.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Von der aufgehübschten Grillstation bis hin zur größten Baustelle Europas, von der Nordseeküste übers Kattegat bis in die Dänische Südsee: Der nachfolgende Revierreport liefert einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen im „Land des Glücks“.


1. Marina Minde und Marina Toft

In der Marina Minde wurde im letzten Jahr der Spielplatz erneuert. 2018 übernahm man zudem die nahe gelegene Skibsværft Toft, jetzt Marina Toft genannt. Hier wurde im Herbst eine neue 1.800 Quadratmeter große Winterlagerhalle in Betrieb genommen. Mehrere in die Jahre gekommene Gebäude wurden abgerissen. Momentan ist man auf der Suche nach Investoren für eine Regalhalle für Motorboote, wie man sie aus den USA oder Australien kennt.

2. Sønderborg/Als

Im Hafen des laut - laut eigener Aussage - Wassersportmekkas im Süden Jütlands wurden Spielplatz und Grillstelle im nördlichen Teil renoviert. Außerdem ist in Rettungs- und Sicherheitsausrüstung auf dem Gelände investiert worden. Für Autocamper steht nun ein eigener Bereich etwas abseits vom Hafengelände zur Verfügung, dafür direkt am Strand. Und es gibt eine neue Entsorgungsstelle für Abwasser und Chemietoiletten. Das „Marine Café“ am Hafen hat seit diesem Frühjahr eine größere Auswahl an Speisen und Getränken auf der Karte und auch mehr Außensitzplätze als bisher.

3. Augustenborg/Als

Im Yachthafen wurden die Stege erweitert. Es gibt mehrere neue Liegeplätze für bis zu 20 Meter lange Yachten, die bereits vermietet sind. Außerdem wurde der Spielplatz erneuert. An Land sind vier Ladestationen für E-Autos installiert worden.

4. Marstal/Ærø

2022 verzeichneten die drei Häfen auf Ærø mit fast 40.000 Übernachtungsgäasten ein Rekordwachstum. Folgerichtig werden bis zu acht Millionen dänische Kronen, rund eine Million Euro, in die beiden kommunalen Häfen von Marstal und Ærøskøbing investiert. Marstal ist mit 20.000 Gästen gar der meistbesuchte Sportboothafen des Landes. Vor knapp einem Jahr begann bereits der Bau des Küstenschutzprojekts von Eriks Hale. Im Winter wurden die fünf Buhnen, die die an den Hafen angrenzende Landzunge mit den bunten Badehäusern schützen sollen, fertiggestellt. Seit diesem Frühjahr gibt es außerdem neue Automaten, die das Zahlen der Hafengebühren und den Zugang zu den Toiletten vereinfachen. Die Gäste erhalten einen Code für Toiletten und Abfallbehälter. „In der Vergangenheit waren die Container frei zugänglich, was dazu führte, dass sie auch von Ferienhausbesitzern und anderen genutzt wurden und wir häufig Gartenabfälle in den Abfallbehältern gefunden haben. Wir hoffen, dass die Mülltrennung nun in Zukunft besser klappt“, sagt Hafenmeister Christian Ørndrup. Es gibt zudem zwei neue Schwimmstege. Möglichst bald soll das gesamte Hafenbecken umgerüstet werden. Das Toilettengebäude an Steg 10 ist um zwei neue Bäder erweitert worden.

5. Guldborgsund

Viel hätte nicht gefehlt, und die Wasserstraße zwischen Lolland und Falster wäre im Zuge der Arbeiten am Fehmarnbelttunnel für die Schifffahrt verloren gegangen. Als Hinterlandanbindung zum Tunnel war noch 2020 eine feste Eisenbahnbrücke über den Guldborgsund südlich der König-Friedrich-IX-Brücke mit nur 3,5 Meter Durchfahrtshöhe geplant. Stattdessen wurde nun im Frühjahr mit dem Bau einer Klappbrücke begonnen. Die Passage durch den Sund wird also auch in Zukunft mit stehendem Mast möglich sein. Die Fertigstellung der Brücke soll 2026 erfolgen. Und: Im südlichen Sund wurden die Seezeichen verändert, also Vorsicht bei der Ansteuerung!

6. Vordingborg/Seeland

Für die Saison 2023 hat sich die Gemeinde eine Rabattaktion einfallen lassen: Wer zwei Nächte in einem der insgesamt acht Kommunalhäfen Vordingborgs bleibt, erhält eine dritte Übernachtung gratis – egal in welchem der Häfen. Mit dabei sind Vordingborg Nordhavn, Masnedsund, Bogø, Præstø, Hårbølle, Stege, Kalvehave und Klintholm.

7. Klintholm/Møn

Einer der an der Rabattaktion teilnehmenden Häfen ist der in Klintholm an der Südküste der Insel Møn. Seit Vattenfall und EnBW die Servicestationen zur Wartung ihrer Windparks hierher verlegt haben, ist viel los. Das betrifft vor allem den östlichen Teil des Hafens, wo die Shuttle-Schiffe für die Arbeiter ein- und ausfahren. Gastseglern wird empfohlen, diesen Bereich zu meiden. Im Winter wurde außerdem zentral an der östlichsten Slipanlage eine neue „Hafenlounge“ gebaut, die nun pünktlich zur neuen Saison fertiggestellt ist. Sie ist mit einem Aufenthaltsraum, einer Teeküche und öffentlichen Toiletten ausgestattet.

8. Kopenhagen

Gleich mehrere große und teils umstrittene Bauprojekte sorgen bei Kopenhagener Seglern für Unruhe. Baggerarbeiten und Hafenschließungen wegen Tunnel- und Brückenbauten belasten die lokalen Vereine zunehmend. Sorgen bereitet ihnen unter anderem eine geplante Fahrradbrücke zwischen den neuen Kopenhagener Stadtteilen Nordre Toldbod und Refshaleøen. Sie befürchten, dass die geplanten Öffnungszeiten der Brücke nicht ausreichen werden. Bei jährlich etwa 25.000 Passagen würde sie ein enormes Hindernis bedeuten. In einer Antwort der Oberbürgermeisterin Sophie Hæstorp Andersen heißt es nun, dass mögliche Alternativen, einschließlich einer Fährlösung, geprüft werden.

Immer wieder hat es in den vergangenen 20 Jahren Anläufe gegeben, das südliche Gebiet auf der künstlichen Insel Prøvestenen in Kopenhagen zu einem neuen großen Yachthafen mit Platz für bis zu 1.500 Boote auszubauen. Teile des mittlerweile als Erholungsgebiet ausgewiesenen Bereichs sind sogar bereits baulich dafür vorbereitet worden. Aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten wurden die Arbeiten aber gestoppt. Seit einiger Zeit bemüht sich eine Seglervereinigung darum, dass die Pläne für die brachliegende Fläche wieder aufgenommen werden. 2022 wurde dieses Anliegen von der Stadt genehmigt. Ziel ist ein naturnaher und zugleich moderner Hafen weniger als drei Kilometer vom Kopenhagener Rathausplatz entfernt. Geplante Fertigstellung ist 2028.

Und: Eigentlich ist der neue Yachthafen im Kopenhagener Nordhavn nur als Übergangslösung gedacht. 600 Boote aus dem benachbarten Svanemøllehavnen sollen während der Arbeiten am neuen Nordhavn-Tunnel hierher umziehen. Dennoch handelt es sich um eine moderne Marina mit Steineinfassung, Schwimmstegen, Kran, Hafenbüro und Clubhäusern für jeden der drei Segelclubs, die in Svanemølle beheimatet sind. Geplant ist, dass die betroffenen Bootseigner 2027 an ihren ursprünglichen Platz zurückkehren. Doch schon jetzt hoffen viele, dass der neue Hafen auch nach 2027 bestehen bleiben kann.

9. Rungsted/Seeland

Im südlichen Hafenbecken sind 30 alte Stege ersetzt worden. Die Instandsetzung der fast 50 Jahre alten Anlage war bitter nötig. Sie markiert den Beginn einer umfassenden Modernisierung des Hafens. Dafür sollen insgesamt 180 Millionen dänische Kronen aufgewendet werden, was umgerechnet rund 23,4 Millionen Euro entspricht. Geplant ist in den kommenden Jahren, ein künstliches Riff anzulegen, neue Grillplätze und einen Spielplatz zu errichten, den Strand zu erweitern, Flächen für Imbisswagen zu schaffen und sogar einen Sprungturm zu bauen. Der erste Spatenstich zum Ausbau soll 2026 erfolgen, die Fertigstellung ist für 2029 geplant.

10. Helsingør/Seeland

Die Sanitäranlagen im Helsingør Nordhavn sind frisch renoviert, und für Kinder gibt es einen nagelneuen Spielplatz vor dem Hafenbüro sowie im Sommer eine kostenlose Hüpfburg auf der Mittelmole. Eine weitere Attraktion im Hafen ist das große Outdoor-Aquarium Vandlaboratoriet, wo Mitarbeiter des Øresund-Aquariums im Sommer über die Natur und Tierwelt im Sund informieren. Von den Stegen blickt man direkt auf das Gewässer, und Kinder können hier Krebse angeln oder nach großen Plattfischen Ausschau halten, die sich im sandigen Boden verstecken.

11. Roskilde/Seeland

In Roskilde ist man stolz auf ein neues Hafenhaus, in dem Sanitäranlagen, eine Küche und eine Waschküche untergebracht sind. Bis auf Waschmaschine und Trockner ist die Nutzung in der Liegegebühr enthalten. Die Liegeplätze wurden zudem um 20 Prozent auf jetzt 371 Plätze aufgestockt.

12. Nyborg/Fünen

Der Yachthafen ist auf ein neues digitales System umgestellt worden. Am Verkaufsautomaten im Hafenbüro und in Østerhavn können Gäste die Liegegebühr zahlen und einen Kran buchen sowie Codes für die Duschen und Waschmaschinen erhalten.

13. Kerteminde/Fünen

2021 hatten wir von den umfangreichen Bauarbeiten an einer neuen Mole berichtet. Pünktlich zum Saisonstart ist die nun fertiggestellt worden. Damit gehören die Behinderungen, die mit den Arbeiten einhergingen, der Vergangenheit an. Und auch hier wurden mehrere neue Liegeplätze für Boote bis zu 20 Meter Länge eingerichtet.

14. Juelsminde

Jedes Jahr werden die dänischen Häfen im Rahmen des renommierten Wettbewerbs „Port of the Year“ ausgezeichnet. 2022 ging der Ehrentitel, bei dem Wassersportler online abstimmen konnten, an die Marina in Juelsminde. Punkten konnte sie vor allem mit dem neuen großen Spielplatz namens Juelsminde Naturlegepark (wp.juelsmindenaturlegepark.dk). Der hat Kindern jeden Alters viel zu bieten, und bis aufs Padel-Tennis sind alle Aktivitäten kostenlos.

15. Ballen/Samsø

Im größten und meistbesuchten Hafen der Insel gibt es jetzt eine größere Waschküche. Zudem wurde die Promenadentreppe vor dem Hafenbüro fertiggestellt. Und man hat in eine bessere Beschilderung und in mehr Sicherheit im Hafenbereich investiert.

16. Anholt

Die Seenotrettungsstation auf Anholt verfügt seit diesem Jahr über ein neues und leistungsfähigeres Boot: Die „Jacob Fredriksen“ ist 17,5 Meter lang und kann mit einer Höchstgeschwindigkeit von 26 Knoten auch im weiteren Umfeld der Insel im Kattegat bei nahezu jeder Witterung agieren und in Not geratenen Skippern zu Hilfe kommen.

17. Nykøbing/Mors

Im Hafen auf der im Limfjord gelegenen Insel Mors wird zurzeit ein neuer Schwimmsteg errichtet. Allerdings entstehen hier keine neuen Liegeplätze für Gäste. Stattdessen sollen demnächst Fischerboote sowie Airbnb-Hausboote eines deutschen Investors festmachen. Eigner des neuen 96 Meter langen und vier Meter breiten Stegs ist nicht der Segelverein, sondern die Kommune. Gastlieger sind weiterhin an den drei anderen Stegen willkommen. Für dieses Jahr gibt es zudem nun Saisonkarten, die vor der Ankunft beim Hafenmeister bestellt werden können: Man bezahlt damit nur die Nächte, die man auch auf dem Boot verbringt, mindestens jedoch zehn Nächte, und kann dann theoretisch die ganze Saison dort liegen bleiben.

18. Esbjerg

Der neue Yachthafen befindet sich auf Esbjerg Brygge, der 60.000 Quadratmeter großen künstlichen Hafeninsel mit ihrer Lagune. Im neuen Stadtgebiet Havneøen-Esbjerg Strand sind neben dem Yachthafen vielfältige maritime Freizeit- und Badeeinrichtungen, Grünflächen und auch Bildungsgebäude geplant.

Im Januar wurde bereits das neue „Maritime Zentrum“ eingeweiht: Das vom Bootsbau inspirierte Holzgebäude soll ein architektonisches Wahrzeichen der Gemeinde werden. Das als „The Lantern“ bezeichnete Bauwerk ist so konzipiert, dass ihm weder Sturm noch Hochwasser etwas anhaben können sollen.

In erster Linie ein Haus der Wassersportvereine, steht das Zentrum Besuchern offen. Gäste dürfen es rund um die Uhr nutzen. Hier kann man übernachten oder den Vereinsmitgliedern bei der Arbeit an ihren Booten in den Werkstätten über die Schulter schauen. Highlight ist ein hölzernes Promenadendeck, das an das Innere eines Ruderbootes erinnern soll.

Außerdem im Aufbau befindlich ist das Projekt „Aqtiv“, ein Wasserexperimentarium in der Lagune hinter der künstlichen Hafeninsel. Hier sind verschiedene Hindernis-, Wasserball- und ein Wakeboard-Parcours sowie Schwimmbahnen und anderes mehr geplant.


Großbaustelle: die Fehmarnbelt-Querung

Schafft ordentlich was weg: „Magnor“ baggert derzeit den Tunnelgraben im Belt ausSchafft ordentlich was weg: „Magnor“ baggert derzeit den Tunnelgraben im Belt aus

Zwischen Fehmarn und Lolland ist seit 2021 „Magnor“ im Einsatz, der größte Wasser-Schaufelbagger der Welt. Rund 70 Prozent der Aushubarbeiten für den Tunnelgraben sind abgeschlossen. Ab nächstem Jahr werden dort hinein 89 Tunnelelemente abgesenkt. Für einen ungehinderten und sicheren Schiffsverkehr im Fehmarnbelt während der Offshore-Bauarbeiten sorgt die deutsch-dänische Verkehrszentrale (Vessel Traffic Service, VTS). Allen Schiffen, die in den VTS-Bereich einfahren, wird dringend empfohlen, sich über „Fehmarnbelt Traffic“ auf UKW-Kanal 68 zu melden. Darüber kann im Falle einer Manövrierunfähigkeit der kostenlose Dienst eines Assistenzschleppers angefordert werden.

Skipper sollten während der Offshore-Arbeiten besonders auf die mit Sperrgebietstonnen gekennzeichneten Arbeitsbereiche im Fehmarnbelt achten. Das Baukonsortium Femern A/S hat ein Merkblatt für die Schifffahrt mit Informationen über die besonderen Bedingungen in der Umgebung der Arbeitsgebiete erstellt. Die aktuellen Positionen werden über die nautischen Veröffentlichungen der Schifffahrtsbehörden bekannt gegeben. Und auch außerhalb der Arbeitsbereiche ist mit reichlich Verkehr durch Arbeitsschiffe zu rechnen. Anfang 2024 soll darüber hinaus in der Nähe des dänischen Tunnelportals bei Rødbyhavn eine bis zu 24 Meter hohe Aussichtsplattform mit dem Namen „Der Pfeil“ eröffnen. Interessierte können dann aus luftiger Perspektive einen Blick auf Europas größte Baustelle werfen und sich über technische Hintergründe und Nachhaltigkeitsaspekte informieren.


Auch interessant:

Meistgelesen in der Rubrik Reisen