Christian Tiedt
· 02.04.2023
Bis zu den Höhen der Halbinsel Kullen zieht sich die schwedische Küste von Landskrona nach Norden
Der Sommer im Südwesten Schwedens ist noch nicht erledigt: Im ersten Teil des Revierporträts folgten wir dem Ufer des Öresunds von den Stränden der Halbinsel Falsterbo über Ferienorte und Fischerdörfer, Hafen für Hafen, bis in die Metropole Malmö und darüber hinaus. Nun ist die nördliche Hälfte an der Reihe – denn auch sie bietet Bootsleuten eine Fülle abwechslungsreicher Ziele. Die Reise geht weiter!
Den Auftakt zum zweiten Teil unseres Revierporträts macht eine Stadt, die einst für Großes ausersehen war: Landskrona – die „Krone des Landes“. 1413 vom dänischen König Erik VII. gegründet – die Provinz Schonen gehörte damals noch zu Dänemark –, sollte sie zum neuen politischen Zentrum werden. Und dazu gehörte nicht nur Dänemark: Seit 1397 waren unter dem Banner der Kalmarer Union alle drei nordischen Reiche vereint, also auch Schweden und Norwegen. Bis 1523 hielt dieser Bund immerhin, einmalig in der Geschichte Skandinaviens. An Landskrona verlor der König dagegen schnell wieder das Interesse und zog sich zurück auf die andere Seite des Öresunds nach Kopenhagen.
Die strategische Bedeutung des Orts blieb jedoch, und so wurde im sechzehnten Jahrhundert die Zitadelle errichtet, deren wuchtige rote Mauern sich heute im Wasser ihres sternförmigen Festungsgrabens spiegeln (www.citadellet.com). Der Bau liegt gleich landeinwärts des Lustbåthamn, Heimat der Landskrona Segelsällskap (www.landskronass.se > Hafen). Gäste auf eigenem Kiel sind willkommen, können aber auch im Nyhamn mitten in der Stadt oder im Lundåkrahamn südöstlich (etwa zwei Kilometer außerhalb des Zentrums) Platz finden (www.lundakrahamnen.se). Als Landmarke für die nördliche Ansteuerung des Stadthafens dient der moderne dreibeinige Wasserturm direkt am Ufer.
Keine vier Seemeilen nordwestlich von Landskrona liegt Schwedens einzige Insel im Verlauf des Öresunds, Ven. Nur knapp acht Quadratkilometer groß, besteht sie aus einem bis zu vierzig Meter hohen Plateau mit sandigen Steilküsten, dem Backafall. Gerade vierhundert Einwohner verteilen sich auf die vier kleinen Dörfer, der Rest ist geschützte Natur, die zum Durchstreifen einlädt (www.lansstyrelsen.se/skane > Suchbegriff: Vens backafall).
Bekannt ist Ven aber vor allem für einen Bewohner früherer Zeiten, der auch deutliche Spuren hinterlassen hat. Im sechzehnten Jahrhundert erforschte der dänische Astronom Tycho Brahe hier die Geheimnisse des Universums. König Frederik II. finanzierte ihm zwei Observatorien, Uraniborg und Stjärneborg, in denen der Brahe seine Quadranten, Sphären und anderen Messgeräte aufstellte und zwanzig Jahre lang in den Himmel spähte. Stjärneborg verfügt heute über ein Besuchszentrum (www.landskrona.se > Suchbegriff: Tycho Brahe museet). Besuchen lässt sich die Insel ab Landskrona per Fähre (www.ventrafiken.se) oder natürlich mit dem Boot. Gleich drei kleine Häfen nehmen Gäste auf, Norreborg im Norden, Bäckviken im Osten und Kyrkbacken im Westen, wobei der Letztgenannte der größte ist (www.kyrkbacken.se). Festgemacht wird jeweils in Boxen, für große Boote gibt es einige wenige Plätze längsseits. Im Sommer wird es besonders an den Wochenenden jedoch schnell sehr voll, wer spät kommt, kann auf der ganzen Insel leer ausgehen.
Zurück an der schwedischen Festlandsküste geht es deutlich ruhiger zu. Der nächste Ferienort – unmittelbar gegenüber von Ven – ist Borstahusen. Für den gut geschützten Sportboothafen mit seinen immerhin 280 Liegeplätzen ist der lokale Segelclub BSS zuständig (www.borstahusens-ss.se). Neben einer Slipanlage stehen hier auch Trailerstellplätze zur Verfügung. Zentraler Anlaufpunkt am Hafen ist das Pumphuset, ein ehemaliges Pumpenhaus, das heute neben einer Kunst- und Museumsausstellung auch ein Restaurant beherbergt, das kreative Variationen der lokalen schonischen Küche auf den Tisch bringt (www.pumphuset.nu). Gleich nördlich des Hafens schließt der Strand von Borstahusen an.
Steinzeitlich wird es in Ålabodarna. Jedoch nicht im Hafen der kleinen Ferien- und Fischersiedlung selbst, der auf etwa halbem Weg zwischen Landskrona und Helsingborg liegt und absolut zeitgemäß ausgestattet ist (alabodarna.se). Der Einblick in die Frühgeschichte ist etwa einen halben Kilometer nördlich möglich. Dort erhebt sich inmitten eines Feldes ein kreisrunder grün bewachsener Hügel: das Gang-grab von Örenäs. Die etwa 5000 Jahre alte und dennoch gut erhaltene Megalithanlage wurde von Menschen der sogenannten Trichterbecherkultur errichtet, die noch keinerlei mechanische Hilfsmittel zum Aufschichten der tonnenschweren Steine kannten. Kopf einziehen!
Seinen eigentümlichen Namen hat dieser kleine Fischerort, der heute zu Helsingborg gehört, von dem Wasserlauf, der sich in engen Schleifen durch sein Zentrum windet und in den Öresund mündet (das zweite „Å“ bedeutet Fluss). Auf dem Südufer der Mündung befindet sich die Einfahrt zum überraschend großen Sportboothafen, dem Småbatshamn, der nicht nur über eintausend Liegeplätze an Schwimmstegen aufbieten kann, sondern auch ein umfangreiches Serviceangebot an Land und gleich drei beheimatete Wassersportvereine. Einige längsseitige Liegeplätze sind zudem am Nordufer der Flussmündung ausgewiesen (raahamn.se). Das Råå Museum am Hafen informiert mit einer bunten, lebhaften Sammlung über die Geschichte der Fischerei und Schifffahrt auf dem Öresund (raamuseum.se). Eine weitere Perspektive auf den Fluss ermöglicht das Bar-Restaurant På Piren gleich südlich des Museums (facebook.com > På Piren Råå).
Die Stadtplaner mussten in Helsingborg von jeher mit wenig Platz auskommen: Denn landeinwärts wird der schmale Küstenstreifen von der Landborgen begrenzt, einer Kliffkante, die bis zu vierzig Meter aufragt. Früher ließ sich diese Wehrmauer der Natur bestens zur Verteidigung nutzen. Doch in weniger kriegerischen Zeiten war sie eher hinderlich – besonders, was den Verkehr betraf. Auf der anderen Seite liegt Dänemark gleichzeitig so nah wie sonst nirgends am Öresund. Gerade vier Kilometer sind es hinüber nach Helsingør, die Türme von Schloss Kronborg – berühmt durch Shakespeares „Hamlet“ – scheinen zum Greifen nahe. Fähren fahren im Halbstundentakt. Doch gerade das Gedrängte macht den Reiz Helsingborgs aus. Hier ist alles dicht beeinander, vom Fährhafen und dem Sundstorget über das markante Rathaus bis zum Stortorget, eigentlich ebenfalls ein Platz, dank der prachtvollen Fassaden im Stil von Klassizismus und Neurenaissance aber auch so etwas wie der kürzeste Boulevard Nordeuropas.
Bestes Beispiel ist die fensterreiche Front des Hotel Mollberg. Terrassierte Treppen führen von hier zum Schlosspark hinauf, in dessen Mitte sich der Kärnan erhebt, ein mehr als dreißig Meter hoher Wehrturm, der bestiegen werden kann (karnan.se). Das meiste Leben spielt sich im Sommer jedoch am Norra Hamnen ab: Auch in Helsingborg hat man das moderne Wohnen am Wasser entdeckt. Auf der Kajpromenaden reihen sich Bars, Cafés und Restaurants mit Blick auf die Marina und den Öresund jenseits der Mole aneinander. Ganz klar ist hier der beste Platz für Gastlieger, entweder an einem der Schwimmstege oder entlang der Kaimauer selbst (www.marinahelsingborg.se).
Nach der 100 000-Einwohner-Stadt Helsingborg folgen jetzt im Norden nur noch kleine Ferienorte. Den Anfang macht Domsten mit gerade einmal 600 Einheimischen. Auch hier ist der Båtklubb für den Hafen zuständig (domstensbatklubb.se), und der schöne Badestrand beginnt gleich nebenan. Manchmal muss es gar nicht mehr sein.
Der nächste Hafen ist schon vom Strand in Domsten gut zu sehen: Viken ist allerdings in jeder Hinsicht etwas größer und verfügt über mehr Liegeplätze (www.vikenshamn.se), Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants. Vor der „Barbord“ kann direkt festgemacht werden (www.barbord.com). Oder man schaut in der Conditori Öresund in der Bygatan vorbei, wo es bei Weitem nicht nur Süßes gibt (www.conditorioresund.se).
Ort und Hafen liegen bereits an der Basis der Halbinsel Kullen, deren Küste sich von hier nach Nordwesten zieht. Höganäs ist Hauptort der gleichnamigen Gemeinde, die ganz Kullen umfasst, und entsprechend umfangreich sind die Versorgungsmöglichkeiten. Um die Gäste im großen Sportboothafen kümmert sich die Höganäs Båtsellskap (hbs.se > Hamnen).
Die letzte schwedische Anlaufstelle am Öresund ist der schmucke Ferienort Mölle an der Südküste Kullens. Hier beginnt der Anstieg des Kullabergs. Der Leuchtturm von Kullen, der das nördliche Ende des Öresunds markiert und gleichzeitig seinen Übergang ins Kattegat, ist gerade noch zwei Seemeilen entfernt. Der hübsche Urlaubsort, dessen Holzhäuser vor den bewaldeten Hängen weiß leuchten, ist auch deshalb ein beliebtes Ziel. Allerdings ist der Hafen selbst sehr klein, dicke Päckchen an den wenigen längsseitigen Liegeplätzen im inneren Bereich des Beckens gehören deshalb in der Saison nicht erst gegen Abend zum gewohnten Bild. Dafür geht es umso stimmungsvoller zu (www.mollehamn.se).
An der östlichen Spitze Kullens erhebt sich der Kullaberg – der Name steht auch für die gesamte Halbinsel – rund einhundert Meter über das Meer. Von dichtem Baumbestand bedeckt, darunter alter Buchenwald, fällt die felsige Küste schroff zum Meer hin ab. Die Region ist als Naturreservat ausgewiesen und von Mölle gut zu erreichen (www.kullabergsnatur.se). Vom Leuchtturm Kullens Fyr bietet sich ein großartiger Ausblick über See und Land ringsumher (kullensfyr.se). Hier endet das Revier, ein neues schließt im Norden an: das Kattegat.
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