TörnBrandenburg - Verliebt in BunBo

Unbekannt

 · 02.08.2018

Törn: Brandenburg - Verliebt in BunBoFoto: Bodo Müller
Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-Boot

Mit einem Bungalow-Boot gingen wir zwischen Berlin und Scharmützelsee auf Entdeckungsreise und erlebten so manche Überraschung

Es ist Liebe auf den ersten Blick. Das Charterboot, das wir auf Anhieb in unser Herz schließen, ist eigentlich gar kein Boot und eine Yacht schon gar nicht. Genau ge­nommen ist es eine Bretterkiste auf zwei Schwimmern mit einem Außenborder am Heck. Es ist so simpel und schön, dass es uns vom ersten Augenblick an gefällt.

Ein Cockpit gibt es nicht, dafür eine Terrasse mit Sitzbank und Klapptisch sowie einer Feuerschale, über der man grillen kann. Von der Terrasse geht man nicht nach unten in die Kajüte, sondern auf einer Ebene und ohne irgendwo den Kopf einziehen zu müssen, in den großen, mit Ikea-Möbeln eingerichteten Wohnraum;

man hat das Gefühl, in einem Sommerhaus am Vänernsee zu sein. Von der Wohnküche gelangt man ins geräumige Duschbad im nordischen Look. Und nach achtern zweigen zwei Schlafzimmer ab. Überall kann man stehen, und es gibt weder Treppen, Stufen oder Niedergänge.

Die Steuersäule besteht aus einem Holzkasten, in dem Kaminholz und Grillanzünder lagern. Vergeb­lich suchen wir nach Instrumenten und komplizier­ter Technik. Lediglich ein Lenkrad und ein Schalt­hebel sind angeschraubt. Das ist schon beinahe alles, was die Bretterkiste zum Sportboot macht. Ich bin schon seit 30 Jahren rund um die Welt mit den tollsten Booten und Yachten unterwegs. Aber so etwas Ein­faches und Liebenswertes wie diese Bretterkiste habe ich nur selten gesehen.

Morgenstimmung am Biergarten von "Kuddels lustiger Stube" in Dolgenbrodt
Foto: Bodo Müller

Wir übernehmen das BunBo am Bootsanleger in Zernsdorf am Krüpelsee. Zernsdorf gehört zu Königs Wusterhausen und liegt am südöstlichen Stadtrand von Berlin. Der Krüpelsee ist Teil der Dahme-Wasserstraße. Die Einweisung dauert nicht länger als bei einem schwedischen Ferienhaus.

Wohin fährt man mit der kuscheligen Kiste? Basisleiter Norbert Raumer schlägt zwei Alternativen vor: "Entweder Richtung Berlin oder in die brandenburgische Natur."

Wir entscheiden uns für die Natur, was sicher viel besser zu einem Gefährt wie diesem passt. Norbert erklärt das Ankermanöver. Vergebens suche ich nach Kette, Winsch oder Umsteckdraggen. Das BunBo hat zwei Ankerpfähle, wie man sie von niederländischen Schuten oder Binnenbaggern kennt.

Man lässt einfach einen Ankerpfahl im seichten Wasser nach unten sausen. Dann dreht man das BunBo mit dem Außenborder so, dass die Terrasse zur Abendsonne ausgerichtet ist. Anschließend rauscht der zweite Ankerpfahl nach unten. Fertig. Die Kiste steht.

Nachmittags lassen wir die Marina am Krüpelsee achteraus und steuern auf der Dahme zunächst nach Osten und dann nach Süden in Richtung Scharmützelsee. Dabei erleben wir die nächste Überraschung: Das BunBo lässt sich kinderleicht steuern und fährt dabei so schnurgerade wie auf Schienen.

Wir schippern die Dahme aufwärts zum Dolgensee. Das Revier südöstlich von Berlin scheint BunBo-Revier zu sein. An jeder Ecke kommen uns die Hausboote in ihren fröhlichen Farben entgegen, oder sie "ankern" an den flachen Rändern der Gewässer. Man grüßt sich, die Stimmung an Bord ist locker und ausgelassen. Gleich neben dem Steuerstand ist eine Hängematte gespannt, wo entweder der Part­ner oder die Kinder die Fahrt auf ganz besondere Weise genießen.

  Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-BootFoto: Bodo Müller
Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-Boot

Es wird Zeit, anzulegen. Am Südende des Dolgensees, wo sich die Dahme wieder auf die Breite eines Flusses verengt, liegt das Dorf Dolgenbrodt, wo wir an Steuerbord "Kuddels lustige Stube" (www.kuddels-stube.de) entdecken. Das klingt einladend, und wir gehen am Biergarten längsseits. Die freundliche Wirtin bietet an, dass sie für uns gefüllte Paprikaschoten machen kann. Wir bekommen ein hervorragendes Essen am Kuddel-Ufer.

Während der Morgennebel noch über die Dahme wabert, verlassen wir unseren Liegeplatz und steuern Richtung Prieros. Kurz vor dem Ort biegen wir scharf nach links ab und verlassen die Dahme-Wasserstraße. Hier beginnen die Storkower Gewässer, die uns zum Scharmützelsee führen sollen.

Der Bootsverkehr nimmt merklich ab. Ganz allein ge­nießen wir den Altweibersommer auf dem Langen See und dem Wolziger See. Vor der Ortschaft Blos­sin steuern wir in den kleinen Hafen der Fischerei Blossin (www.fischerei-blossin.de) und binden das BunBo am Gasthaus "Zur Fischerhütte" fest.

Hier wird noch nach alter Tradition mit der Reuse gefischt und der Fang über frisch gespaltenem Erlenholz geräuchert. Aal, Forelle, Heilbutt und Butterfisch frisch aus dem Rauch schmecken exzellent!
Die Fischerei Blossin bietet den Bootsfahrern einen guten Service. In beiden Häfen gibt es Strom, Wasser, sanitäre Einrichtungen, Brötchenservice sowie Liegeplätze für Tagesgäste und Dauerlieger.

  Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-BootFoto: Bodo Müller
Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-Boot

Unser Törn führt weiter ostwärts über den Stor­kower Kanal in Richtung Storkow, wo wir abends anlegen wollen. Kurz vor 17 Uhr erreichen wir die Schleuse Kummersdorf. Das Wasser ist unten, wir könnten gleich einlaufen und würden wohl die nur 5,2 km entfernte Schleuse Storkow auch noch schaffen.

Wunderbar! Doch die Ampel steht auf Rot. Ich rufe die amtliche Nummer der Schleuse an. Keiner geht ran. Ich gehe zum hübschen Schleusenhäuschen. Niemand ist da. Zuerst rufe ich, dann geben wir einen langen Signalton, der weit zu hören ist. Niemand rührt sich.

Nachdem wir eine halbe Stunde vor der leeren Schleuse gewartet haben, rufe ich die Hotline des Wasser- und Schifffahrtsamts an und bitte um die Handynummer des Schleusenwärters. "Die dürfen wir nicht herausgeben. Aber wir kümmern uns."

Minuten später kommt der Schleusenwärter vom benachbarten Betriebsgelände am Wasser entlang. Er hätte sicher unser Signalhorn hören können. Sein Gesichtsausdruck ist nicht unbedingt freundlich. Gegen 17.30 Uhr beginnt er mit dem Schleusenvorgang. Ich frage ihn höflich, ob wir die Schleuse Storkow denn noch schaffen werden.

Seine Antwort: "Ich hoffe nicht!"

Freundlicher kann man es nicht sagen. Als wir kurz nach 18 Uhr an der Schleuse Storkow ankommen, ist erwartungsgemäß die Automatik der Selbstbedienungsschleuse schon abgeschaltet. Wir nutzen die Zwangspause zum Einkaufen im nahen Stadtzentrum von Storkow. Hier gibt es mehrere Supermärkte und Gaststätten.

Morgens passieren wir die Selbstbedienungsschleuse und steuern auf den Großen Storkower See hinaus. Schon von Weitem sticht der Turm des Jagdschlosses Hubertushöhe in den herbstlichen Himmel. Um 1900 ließ der Berliner Verleger und Druckereibesitzer Büxenstein, der auch die Geldscheine der Reichsbank druckte, das Schloss errichten.

  Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-BootFoto: Bodo Müller
Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-Boot

Nach der Wende baute der Tabakfabrikant Reemtsma das Anwesen zu einem Luxushotel um. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Präsident Jacques Chirac waren die prominentesten Gäste. Danach wechselte die Immobilie mehrmals den Eigentümer. Die jetzigen Besitzer wollen aus der Hubertushöhe einen Kunst- und Literaturpark machen (www.hubertushöhe.de).

Wir legen im kleinen Bootshafen unterhalb der Hubertushöhe an. Durch einen schönen Park mit altem Baumbestand gelangen wir zum Schloss. Es ist geschlossen. Eine bescheidene Gastronomie mit Kaffee und Kuchen gibt es in der "Fischerkate" am Hafen, allerdings nur von 11.30 bis 17 Uhr. Danach muss man wieder ablegen.

Wir lassen den Storkower See achteraus und nehmen unsere letzte Schleuse in Wendisch Rietz, dem Tor zum Scharmützelsee. Im schönsten Abendlicht fahren wir hinaus auf das Märkische Meer, wie der Dichter Theodor Fontane den See liebevoll nannte.

Und weil es so schön ist, fahren wir über den See ganz nach Norden und "ankern" vor der Promenade von Bad Saarow. Im stilvollen Restaurant "Seebad" genießen wir beim Sundowner den wundervollen Blick über das Märkische Meer.

Inzwischen gibt es rund um den Scharmützelsee etwa ein Dutzend kleine Marinas bzw. Restaurants mit Bootsanleger. Spätestens hier merken wir, dass eine BunBo-Woche viel zu kurz ist. Zumindest die bekanntesten Highlights des Sees wollen wir gesehen haben.

  Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-BootFoto: Bodo Müller
Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-Boot

Die kleine Marina am "Café Dorsch" liegt etwa in der Mitte des Sees am westlichen Ufer. Der Herbst hat uns eine Mütze voll Wind geschickt, und aus Süden rollt eine kurze und harte Welle über das Märkische Meer.

Das Anlegemanöver am "Café Dorsch" mit Wind und Seegang von der Seite ist eine kleine seemannschaft­liche Herausforderung. Spätestens hier merken wir, dass BunBo-Fahren nicht nur Kinderspiel sein muss, denn der Seitenwind lässt die Kiste trotz ihrer Kufen nach Lee treiben.

Das "Café Dorsch" (www.cafe-dorsch.de) ist eine Institution. Das in den Dreißigerjahren vom Berliner Dramaturgen Fritz Wetzel als Sommerhaus errichtete Gebäude wurde nach dem Krieg von Hermann Dorsch als Café be­trieben. Hier trafen sich die Künstler aus Ostberlin.

Nach dem Tod von Hermann Dorsch wurde das Lokal noch kurze Zeit von der damaligen HO (Handelsorganisation) weitergeführt. Mitte der Siebzigerjahre schließlich konfiszierte das Ministerium für Staats­sicherheit das Anwesen und machte daraus einen Club für Stasi-Genossen.

Kurz nach der Wende erwarb Familie Vater das Anwesen, befreite es vom Stasi-Mief und machte es wieder zu dem, was es einmal war: ein Eldorado für Künstler und Genießer. 1996 wurde der kleine Yachthafen des "Dorsch" gebaut. In der Bildergalerie kann man sehen, dass nahezu jeder bekannte Musiker oder Schauspieler aus Deutschland hier einmal den Blick über den Scharmützelsee genoss. Genossen trifft man nun nicht mehr.

Im Südwesten des Sees steuern wir die Marina Wendisch Rietz an. In den achtziger Jahren gab es hier ein Jugenderholungszentrum (JEZ) mit der ersten und einzigen Segelschule in der DDR. Der ehemalige Hafen ist noch da, doch das umliegende JEZ mit seinen Bungalows ist verschwunden.

Ein Investor hat rund um die Bootsliegeplätze ein schmuckes Hafendorf sowie einen schönen Ferienpark gruppiert. Unweit vom Gastliegeplatz kann man auf der Terrasse des Hafenrestaurants sehr gut essen – mit BunBo-Blick. Die Marina wird vom Vercharterer Ring & Partner betrieben (www.ring-yachtcharter.de).

Es ist an der Zeit, den Bug – sorry: die Terrasse – unseres BunBos wieder in Richtung Zernsdorf zu richten. Wir legen mittags in der Marina Wendisch Rietz ab und schaffen es bis zum Einbruch der Dunkelheit bis zum Dolgensee. Hier lassen wir die An­kerpfähle in den Grund rauschen, machen Lager­feuer und legen Würste auf den Grill. Das BunBo-Leben kann so schön sein!

  Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-BootFoto: Bodo Müller
Dahme-Wasserstraße und Starkower Gewässer mit dem Bungalow-Boot

Morgens steuern wir wieder nach Süden ein Stück in die Dahme hinein und entdecken ein Schild "Anlegen erwünscht – Restaurant Fährhaus". Die Ein­ladung nehmen wir an. Wir haben viel Gutes über dieses Lokal gehört, das seit 2005 von Torsten Hahn und seiner Crew betrieben wird (www.faehrhaus-dolgenbrodt.de).

Die warme Herbstsonne legt ihr Gold über die farbigen Blätter, wäh­rend wir auf der Terrasse mit Blick auf die Wasser­straße das frisch gezapfte Pils genießen. Der Kellner empfiehlt: "Ab heute haben wir Eisbein. Klassisch serviert mit Sauerkraut, Erbspüree und Kartoffeln.

Natürlich haben wir wieder die größten Eisbeine." Es dauert we­nige Sekunden, dann hat er uns überredet. Für 14,50 Euro esse ich das größte und beste Eisbein meines Lebens.

Noch anderthalb Tage gehört uns das BunBo. Wir wollen einmal die Dahme bergauf fahren bis Mär­kisch Buchholz, wo ihre Schiffbarkeit endet. Am frühen Nachmittag laufen wir in die Schleuse Prieros ein. Ein freundlicher Schleusenwärter, der mit seinem gepflegten weißen, zum Pferdeschwanz gebundenen Haar ein wenig aussieht wie Karl Lagerfeld, nimmt die Leinen entgegen und weiß unterhaltsame Geschichten zu erzählen.

Als die unteren Tore schon fast geschlossen sind, sieht er Nachzügler kommen und öffnet sie noch einmal. Während des Schleusens erfahren wir von ihm viel über die Region, die jetzt vor uns liegt.

Sechs Kilometer weiter südlich erleben wir in der Schleuse Hermsdorfer Mühle einen ebenso freundlichen und hilfsbereiten Schleusenwärter. In Märkisch Buchholz endet der Törn unterhalb des eindrucksvollen Wehrs, über das sich der Dahme-Umflutkanal in die Dahme ergießt. Hier gibt es eine Bootsschleppe auf einer Kleinbahnlore, auf der Boote bis 300 kg Gewicht das Wehr umfahren können, um weiter in Richtung Spree zu schippern.

Mit unserem BunBo machen wir am Biwakplatz Märkisch Buchholz fest und laufen zum nahen Stadtzentrum. Der Ort ist mit 773 Einwohnern die kleinste Stadt Brandenburgs und zählt zu den kleinsten Städten Deutschlands. Sehenswert ist die Kirche mit der Friedenseiche davor.

Danach steuern wir die Dahme wieder zu Tal und "ankern" im Streganzer See südlich von Prieros. Am Ufer liegt verlockend das Hotel "Waldhaus Prieros", das für sein stilvolles Restaurant bekannt ist. Hier residierte von 1954 bis 1959 Wilhelm Pieck, der erste und einzige Präsident der DDR.

Warum teuer essen gehen, wenn im Kühlschrank Grillzeug lagert und sich unterm Steuerstand die Holzscheite stapeln? Wir genießen die urige Atmosphäre auf unserem BunBo und sind richtig traurig, dass wir es am nächsten Tag zurückgeben müssen.

Sie möchten die komplette Reise mit allen Revierinformationen, Karte mit Törnetappen, Tipps zum Revier sowie Informationen zum Charterboot haben? Dann können Sie sich das PDF weiter unten herunterladen.

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