Sturmflut-BilanzWann droht die nächste Katastrophe?

Boote Redaktion

 · 14.05.2025

Sturmflut-Bilanz: Wann droht die nächste Katastrophe?Foto: BSH
Am 11. Januar dieses Jahres kam es zu einer mittleren Sturmflut an der deutschen Ostseeküste. Am Leuchtfeuer Warnemünde brachen sich eindrucksvolle Wellen.
Obwohl eine außergewöhnliche Sommersturmflut im letzten August für Aufsehen sorgte, verlief die Sturmflutsaison 2024/25 an der deutschen Nord- und Ostseeküste insgesamt relativ ruhig. Das geht aus einer aktuellen Analyse des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hervor. Experten warnen trotzdem eindringlich vor künftig steigenden Sturmflutrisiken infolge des Klimawandels.

Die letzte Sturmflutsaison an der deutschen Küste von Nord- und Ostsee war bemerkenswert, da am 23. August an der Nordsee eine Sommersturmflut auftrat. Dieses Ereignis ist sehr ungewöhnlich, da Sturmfluten normalerweise zwischen Oktober und April, also im Winterhalbjahr, vorkommen.

Alles in allem verlief die Saison 2024/25 (die Sturmflutsaison beginnt statistisch stets am 1. Juli eines Jahres) jedoch ruhig. An der deutschen Nordseeküste registrierte das BSH nur drei Sturmfluten und an der Ostseeküste zwei. Experten warnen jedoch vor steigenden Risiken, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden.

Unterschiedliche Häufung von Sturmfluten im Jahresvergleich

Die Statistiken des BSH, die seit 1950 geführt werden, zeigen deutliche Schwankungen in der Häufigkeit von Sturmfluten. An der Nordseeküste treten durchschnittlich vier bis sechs pro Jahr auf, an der Ostsee sind es im Mittel drei. Die Abweichungen zwischen den Jahren sind jedoch teils beachtlich.

Ein unregelmäßiges Auf und Ab, hier am Beispiel Hamburg: Zwar bescherte die Elbe der Hansestadt in den letzten zehn Jahren nur einmal eine sehr schwere Sturmflut. Die Statistik mit ihren seit 1950 starken Schwankungen und teils extremen Ausschlägen zeigt aber, dass sich aus der Vergangenheit kaum auf die Zukunft schließen lässt.Foto: BSHEin unregelmäßiges Auf und Ab, hier am Beispiel Hamburg: Zwar bescherte die Elbe der Hansestadt in den letzten zehn Jahren nur einmal eine sehr schwere Sturmflut. Die Statistik mit ihren seit 1950 starken Schwankungen und teils extremen Ausschlägen zeigt aber, dass sich aus der Vergangenheit kaum auf die Zukunft schließen lässt.

Zum Vergleich: In der Saison 2023/24 registrierte das BSH an der Nordseeküste 13 Sturmfluten, darunter zwei schwere. Am Pegel St. Pauli stieg der Wasserstand dabei auf 3,33 Meter über dem mittleren Hochwasser an. Diese hohe Anzahl war vor allem durch ungewöhnlich lange anhaltende, gleichbleibende Windbedingungen sowie den zeitlichen Zusammenfall mit dem normalen Tidenverlauf begünstigt.

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Wichtig zu wissen:

Unterschiedliche Klassifizierung von Sturmfluten an Nord- und Ostsee

An der Nordseeküste unterscheidet das BSH zwischen verschiedenen Sturmflutkategorien. Von einer schweren Sturmflut spricht man, wenn der Wasserstand 2,50 Meter über dem mittleren Hochwasser liegt. Bei einer sehr schweren Sturmflut muss der Wasserstand sogar mehr als 3,5 Meter über dem mittleren Hochwasser liegen. In der Saison 2024/25 kam es an der Nordseeküste zu keiner schweren oder sehr schweren Sturmflut.

An der Ostseeküste gelten andere Kriterien: Hier werden Sturmfluten in vier Klassen eingeteilt. Eine Sturmflut liegt vor, wenn das Wasser mindestens einen Meter über dem mittleren Wasserstand steht. Bei einer mittleren Sturmflut sind es mindestens 1,25 Meter, bei einer schweren 1,5 Meter und bei einer sehr schweren mehr als zwei Meter über dem mittleren Wasserstand.

Vorhersage und Warnung vor Sturmfluten

Das BSH spielt eine zentrale Rolle bei der Vorhersage und Warnung vor Sturmfluten. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) veröffentlicht das BSH täglich Wasserstandsvorhersagen für Nord- und Ostsee. Für die Nordsee werden im Regelfall alle sechs Stunden die Wasserstände veröffentlicht, für die Ostsee zweimal am Tag.

Der Gezeiten- und Wasserstandsvorhersagedienst des BSH hat eine wesentliche Bedeutung für die öffentliche Sicherheit und gehört zur kritischen Infrastruktur Deutschlands. Um die Zuverlässigkeit der Vorhersagen zu gewährleisten, probt das BSH mehrfach im Jahr bei sogenannten Trockentests den Ausfall von Systemkomponenten seiner Wasserstandsvorhersage.

Steigende Risiken durch den Klimawandel

Dr. Jennifer Brauch, Unterabteilungsleiterin der Vorhersagedienste beim BSH, warnt vor wachsenden Risiken durch den Klimawandel: "Wir gehen davon aus, dass die Auswirkungen von Sturmfluten zukünftig heftiger ausfallen." Der steigende Meeresspiegel sorgt dafür, dass Sturmfluten höher auflaufen.

Noch gar nicht lange her: die verheerende Ostsee-Sturmflut vom Oktober 2023:

In Cuxhaven ist der Meeresspiegel in den vergangenen 100 Jahren um 20 Zentimeter gestiegen. Bis 2100 könnte er um einen weiteren Meter ansteigen, abhängig vom Fortschreiten des Klimawandels. "Mit dem Meeresspiegelanstieg in Kombination mit Sturmfluten steigt auch das Risiko, dass es zu mehr Schäden kommt", erklärt Brauch.

Intensivierung der Vorhersage und Zusammenarbeit

Angesichts der steigenden Risiken intensiviert das BSH seine Bemühungen für noch verlässlichere Wasserstandsvorhersagen, bessere Services und verstärkten Austausch mit anderen Behörden und Organisationen. BSH-Präsident Helge Heegewaldt betont: "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Wasserstandsvorhersage sind im Sturmflutfall rund um die Uhr im Einsatz. Für Ihre bisherige exzellente Arbeit, auch im Regelbetrieb, möchte ich Ihnen sehr danken."

Ein Beispiel für die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Behörden ist das im April 2025 gestartete Naturgefahrenportal des Deutschen Wetterdienstes. Dort fließen nun auch die Sturmflutwarnungen des BSH automatisiert ein. Das Portal bündelt erstmals an zentraler Stelle sämtliche Frühwarnungen und Vorsorgeinformationen zu wetterbedingten Naturgefahren in Deutschland.

Sturmflutdefinition Nordsee:

  • Schwere Sturmflut: Wasserstand 2,50 m über mittlerem Hochwasser
  • Sehr schwere Sturmflut: Wasserstand mehr als 3,5 m über mittlerem Hochwasser

Sturmflutdefinition Ostsee:

  • Sturmflut: Wasserstand mindestens 1 m über mittlerem Wasserstand
  • Mittlere Sturmflut: Wasserstand mindestens 1,25 m über mittlerem Wasserstand
  • Schwere Sturmflut: Wasserstand mindestens 1,5 m über mittlerem Wasserstand
  • Sehr schwere Sturmflut: Wasserstand mehr als 2 m über mittlerem Wasserstand

Durchschnittliche Sturmfluthäufigkeit:

  • Nordseeküste: 4-6 Sturmfluten pro Jahr
  • Ostseeküste: 3 Sturmfluten pro Jahr

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