Die letzte Sturmflutsaison an der deutschen Küste von Nord- und Ostsee war bemerkenswert, da am 23. August an der Nordsee eine Sommersturmflut auftrat. Dieses Ereignis ist sehr ungewöhnlich, da Sturmfluten normalerweise zwischen Oktober und April, also im Winterhalbjahr, vorkommen.
Alles in allem verlief die Saison 2024/25 (die Sturmflutsaison beginnt statistisch stets am 1. Juli eines Jahres) jedoch ruhig. An der deutschen Nordseeküste registrierte das BSH nur drei Sturmfluten und an der Ostseeküste zwei. Experten warnen jedoch vor steigenden Risiken, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden.
Die Statistiken des BSH, die seit 1950 geführt werden, zeigen deutliche Schwankungen in der Häufigkeit von Sturmfluten. An der Nordseeküste treten durchschnittlich vier bis sechs pro Jahr auf, an der Ostsee sind es im Mittel drei. Die Abweichungen zwischen den Jahren sind jedoch teils beachtlich.
Zum Vergleich: In der Saison 2023/24 registrierte das BSH an der Nordseeküste 13 Sturmfluten, darunter zwei schwere. Am Pegel St. Pauli stieg der Wasserstand dabei auf 3,33 Meter über dem mittleren Hochwasser an. Diese hohe Anzahl war vor allem durch ungewöhnlich lange anhaltende, gleichbleibende Windbedingungen sowie den zeitlichen Zusammenfall mit dem normalen Tidenverlauf begünstigt.
An der Nordseeküste unterscheidet das BSH zwischen verschiedenen Sturmflutkategorien. Von einer schweren Sturmflut spricht man, wenn der Wasserstand 2,50 Meter über dem mittleren Hochwasser liegt. Bei einer sehr schweren Sturmflut muss der Wasserstand sogar mehr als 3,5 Meter über dem mittleren Hochwasser liegen. In der Saison 2024/25 kam es an der Nordseeküste zu keiner schweren oder sehr schweren Sturmflut.
An der Ostseeküste gelten andere Kriterien: Hier werden Sturmfluten in vier Klassen eingeteilt. Eine Sturmflut liegt vor, wenn das Wasser mindestens einen Meter über dem mittleren Wasserstand steht. Bei einer mittleren Sturmflut sind es mindestens 1,25 Meter, bei einer schweren 1,5 Meter und bei einer sehr schweren mehr als zwei Meter über dem mittleren Wasserstand.
Das BSH spielt eine zentrale Rolle bei der Vorhersage und Warnung vor Sturmfluten. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) veröffentlicht das BSH täglich Wasserstandsvorhersagen für Nord- und Ostsee. Für die Nordsee werden im Regelfall alle sechs Stunden die Wasserstände veröffentlicht, für die Ostsee zweimal am Tag.
Der Gezeiten- und Wasserstandsvorhersagedienst des BSH hat eine wesentliche Bedeutung für die öffentliche Sicherheit und gehört zur kritischen Infrastruktur Deutschlands. Um die Zuverlässigkeit der Vorhersagen zu gewährleisten, probt das BSH mehrfach im Jahr bei sogenannten Trockentests den Ausfall von Systemkomponenten seiner Wasserstandsvorhersage.
Dr. Jennifer Brauch, Unterabteilungsleiterin der Vorhersagedienste beim BSH, warnt vor wachsenden Risiken durch den Klimawandel: "Wir gehen davon aus, dass die Auswirkungen von Sturmfluten zukünftig heftiger ausfallen." Der steigende Meeresspiegel sorgt dafür, dass Sturmfluten höher auflaufen.
In Cuxhaven ist der Meeresspiegel in den vergangenen 100 Jahren um 20 Zentimeter gestiegen. Bis 2100 könnte er um einen weiteren Meter ansteigen, abhängig vom Fortschreiten des Klimawandels. "Mit dem Meeresspiegelanstieg in Kombination mit Sturmfluten steigt auch das Risiko, dass es zu mehr Schäden kommt", erklärt Brauch.
Angesichts der steigenden Risiken intensiviert das BSH seine Bemühungen für noch verlässlichere Wasserstandsvorhersagen, bessere Services und verstärkten Austausch mit anderen Behörden und Organisationen. BSH-Präsident Helge Heegewaldt betont: "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Wasserstandsvorhersage sind im Sturmflutfall rund um die Uhr im Einsatz. Für Ihre bisherige exzellente Arbeit, auch im Regelbetrieb, möchte ich Ihnen sehr danken."
Ein Beispiel für die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Behörden ist das im April 2025 gestartete Naturgefahrenportal des Deutschen Wetterdienstes. Dort fließen nun auch die Sturmflutwarnungen des BSH automatisiert ein. Das Portal bündelt erstmals an zentraler Stelle sämtliche Frühwarnungen und Vorsorgeinformationen zu wetterbedingten Naturgefahren in Deutschland.