2017 war ich Mitinhaber eines Unternehmens in Leicester, das Spezialequipment für Polizei und Militär entwickelte. Während eines Meetings mit Operators des SAS kam das Thema sicheres Handling von Lithium-Ionen-Batterien auf den Tisch. Man muss dazu wissen, dass Spezialeinheiten einen sehr hohen Bedarf an solchen Batterien haben und sie höchste Sicherheit beim Umgang damit benötigen, denn schließlich sind sie irgendwo auf der Welt im Einsatz und ein Unfall damit gefährdet nicht nur die Operation, sondern auch das Leben der Soldaten.
Ich selbst habe einen langjährigen militärischen Hintergrund und bin seit nunmehr 38 Jahren unter anderem als Berater bei allen Fragen rund um physischen Gebäudeschutz und Schutz von kritischer Infrastruktur weltweit tätig. Zu meinen Kunden zählen auch einige UHNWI-Familien, für die ich Sicherheitskonzepte für ihre Anwesen und auch Superyachten entwickelt habe. Hier halte ich mehrere Patente. Dieses Wissen war sehr hilfreich bei der Entwicklung von sicheren Lade- und Lagerbehältern für Lithium-Ionen-Batterien, denn bei einem Thermal Runaway kommt es zu Explosionen, zu umherfliegenden Splittern und sehr hohen Temperaturen.
Ich sehe drei Bereiche als besonders kritisch an: zum einen die Galley. Hier besteht genau wie in Küchen an Land ein überdurchschnittlich hohes Brandrisiko, etwa durch Überhitzung von Öl oder Fett, aber auch durch technische Defekte bei Küchengeräten. Oft unterschätzt wird die Vielzahl an kabellosen elektrischen Geräten an Bord wie Handys, Laptops oder Funkgeräte. Hier wissen wir aus der Vergangenheit vom Samsung Note 7 oder aktuell der weltweiten Rückrufaktion der Ionic Smartwatches von Fitbit, dass es immer wieder zu Problemen mit Lithium-Ionen-Batterien kommt. Allein von Januar bis August 2022 wurden bereits 18 Produkte aufgrund von Brandgefahr durch Batterien aus dem Verkehr gezogen.
Das für mich weitaus größte Gefahrenpotenzial geht allerdings von Toys aus, die sich teilweise zu Dutzenden in den Garagen von Superyachten befinden. Hierzu zähle ich auch E-Bikes und E-Scooter. Sie verfügen über große, leistungsstarke Batterien, die meist ohne Aufsicht und in nicht besonders geschützten Bereichen geladen und gelagert werden. Hier ist das Risiko eines Thermal Runaways deshalb hoch, weil mit den Toys relativ unvorsichtig umgegangen wird. Sie bekommen Stöße ab und fallen auch mal runter. Selbst wenn eine Batterie äußerlich keinen sichtbaren Schaden aufweist, können Zellen beschädigt sein und ohne Vorwarnung einen Brand auslösen – selbst Tage, nachdem sie einen Stoß abbekommen hat. Moderne Batterien verfügen zwar über Batterie-Management-Systeme (BMS), die einen Tem- peraturanstieg im Batteriegehäuse verlässlich detektieren und den Ladevorgang unterbrechen, das nützt aber nichts, wenn sich die Batterien in einem leicht entflammbaren Bereich befinden. Wenn ein Zellbrand lodert, ist dieser nicht mehr zu stoppen.
Am 21.10.2022 meldete MSIU, dass die 35-Meter-Yacht „Siempre“ durch einen Lithium-Ionen-Batteriebrand zerstört wurde. Auslöser war ein elektrisches Hydrofoil-Surfboard. Die 36 Meter lange „Porrima“ wurde durch einen Akkubrand schwer beschädigt, so die Aussage der indischen Küstenwache vom 12.8.2022. Am 14.8.2022 sank die 43,70 Meter lange „Aria SF“. Brandursache: Thermal Runaway in einer Jetboard-Batterie. Am 09.9.2019 meldete safety4sea.com, dass „Kanga“ durch einen Brand zerstört wurde, der seinen Ursprung in der Toy-Garage hatte.
Das größte Gefahrenpotenzial geht von E-Toys aus. Ihre Akkus werden meist ohne Aufsicht geladen und gelagert“
Häufigste Ursache ist der sogenannte Thermal Runaway, das thermische Durchgehen von Batteriezellen. Diese unkontrollierbare exotherme Reaktion tritt in einer Lithium-Ionen-Batterie auf, wenn diese beschädigt wird oder es zu einem Kurzschluss etwa beim Ladevorgang kommt. Das betrifft alte wie neue Batterien. Selbst solche, die direkt aus der Produktion kamen, sind in der Vergangenheit ohne Vorwarnung explodiert. Das ist das Problem bei Lithiumbatterien: Niemand kann vorhersagen, ob oder wann es zu einem thermischen Durchgehen kommt. In ihnen sind Kathode und Anode durch eine extrem dünne Polyethylenbarriere getrennt. Wird diese beschädigt, kommt es zu einem Kurzschluss, wodurch Materialien im Inneren der Zelle zu zerfallen beginnen.
Diese Zersetzungsreaktionen sind exotherm, sodass die Temperatur der Batterie schnell auf den Schmelzpunkt des metallischen Lithiums ansteigt und eine heftige Selbsterhitzungskettenreaktion auslöst. Die Zelle selbst ist also ihr eigener Brandbeschleuniger. Die Temperaturen können innerhalb von Sekunden 1000 Grad Celsius überschreiten. Dies führt dazu, dass sich die Elektrolyte in den Zellen in einfachere, leichter entflammbare Moleküle wie Methan, Ethan und Wasserstoff aufspalten. Auch die Kathode beginnt sich zu zersetzen, wobei Sauerstoff freigesetzt wird. Diese Gase führen zu einem Druck- und Temperaturanstieg in der Batterie und schließlich zu einer Explosion. Zu den Nebenprodukten eines Thermal Runaway gehört der hochgiftige Fluorwasserstoff (HF), auch bekannt als Flusssäure.
Ein brennender Akku lässt sich nicht löschen. Der Entzug von Sauerstoff funktioniert nicht, da die Batterie ihren eigenen Sauerstoff produziert und über mehrere Tage immer wieder neu in Brand geraten kann. Die einzige Möglichkeit besteht darin, den Akku dauerhaft zu kühlen. Für E-Autos gibt es spezielle Container, in die das brennende Fahrzeug verbracht wird und dann in Wasser, gegebenenfalls ergänzt durch Löschmittelzusätze komplett geflutet wird.
Batterien produzieren eigenen Sauerstoff und können über mehrere Tage immer wieder in Brand geraten“
Die Besonderheit unserer Box liegt in der Kombination von feuerfestem, explosionsgeschützten Gehäuse, das aufgrund seiner besonderen Bauart selbst bei Innentemperaturen jenseits von 800 Grad Celsius außen nicht über 60 Grad Celsius warm wird. Eine druckgasfreie Lösch- und Kühlanlage flutet die Akkus mit einem umweltverträglichen, biologisch abbaubaren Fluid und kühlt sie so stark, dass die Reaktion der Batteriezellen drastisch reduziert wird und es zur Unterbrechung des Thermal Runaway kommt. Ein hocheffizientes Abgasmanagementsystem filtert alle Giftstoffe und lässt keine gefährlichen Gase in die Umwelt ausströmen. Die Raclan Box verfügt über eine Alarmmeldeelektronik und eine eigene Notstromversorgung. Mit 25 Kilogramm ist sie sehr leicht und lässt sich einfach handhaben. Akkus und Ladegeräte in die Box legen, einschalten, fertig!
Wir haben mit der Entwicklung 2017 begonnen und 2022 wurde die RACLAN Box als weltweit erste Lade- und Lagerbox für Lithium-Ionen-Akkus vom DMT TÜV Nord zertifiziert. Während der Entwicklung haben wir 50 Brand- und Explosionsversuchsreihen durchgeführt und dabei mehr als 30 Boxen zerstört. 120 Lithium-Ionen-Akkus ließen dabei ihr „Leben“.
Nein, es liegt im Ermessen von Eigner und Kapitänen, für die Sicherheit von Leib und Leben der sich an Bord aufhaltenden Menschen zu sorgen. Es bestehen mittlerweile international Aktivitäten seitens Behörden und Versicherungen, hier über freiwillige Vorsorgemaßnahmen hinaus verpflichtende Schutzmaßnahmen zu treffen. Ich bin unter anderem Mitglied einer Arbeitsgruppe in Berlin, zu der auch Politiker unterschiedlicher Parteien gehören, die sich mit dieser Thematik beschäftigt und Vorschläge zum sichereren Umgang mit Batterien erarbeitet.
Es gibt Eigner und auch Kapitäne, die mir gesagt haben, dass das Risiko völlig überbewertet wird und sie keinen Handlungsbedarf sehen. Mittlerweile sind das die Ausnahmen und Kapitäne bestellen Raclan Boxen in erheblichen Stückzahlen direkt bei uns. Erst diese Woche hat ein Hafenbetreiber mit 300 Liegeplätzen die ersten 35 Boxen bestellt. Er will das sichere Laden und Lagern in seiner Anlage verpflichtend machen. Grund für dieses Vorgehen ist das Risiko, bei einem Brand eine Katastrophe auszulösen. Insbesondere auf Yachten, die im Charterbetrieb laufen, werden Raclan Boxen in den Kojen platziert, wo die Gäste ihre Handys oder Laptops laden. Das kommt ausgesprochen positiv an, so die Aussage der Charterfirmen.
Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Es kommt auf die Police an und was die Sachverständigen in ihren Gutachten im Schadensfall dokumentieren. Mir sind zwei Fälle bekannt, wo die Versicherungen die Schäden nicht bezahlt haben. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass man den Eignern grobe Fahrlässigkeit beim Laden und Lagern von Lithium-Ionen-Akkus nachgewiesen hat. In beiden Fällen ging es um Schäden in zweistelliger Millionenhöhe. Dieser Argumentation lässt sich durchaus folgen, da alle Bedienungsanleitungen von Batterien explizit auf die Gefahren hinweisen und die Überwachung des Ladeprozesses in einem brandgeschützten Bereich vorschreiben.
Als wir mit der Entwicklung begannen, haben wir zu vielen Batterieherstellern Kontakt aufgenommen – waren wir uns doch sicher, dass es auch in deren Interesse liegen müsste, das Handling ihrer Batterien sicherer zu machen. Weit gefehlt. Wir erlebten überwiegend eine ablehnende Haltung. Eine Ausnahme bildete die Firma Akku Energie Systeme GmbH (AES). Deren Geschäftsführer Matthias Behlke stellte uns Dutzende Akkus zur Verfügung und unterstützte mit viel Fachwissen. Sie verwenden die Raclan Box mittlerweile auch im eigenen Unternehmen. Auch Revonte, ein innovativer Hersteller von Antrieben für E-Bikes hat uns unterstützt.
Bei der Entwicklung erlebten wir überwiegend eine ablehnende Haltung von Batterieherstellern“
Ich denke, sie haben Angst, dass die Risiken ihrer Batterien zu sehr publik gemacht werden. Eigentlich völliger Unsinn, denn Lithium-Ionen-Akkus sind aus unserer aller Leben nicht mehr wegzudenken. Viele Geräte, die uns das tägliche Leben erleichtern, verfügen über diese Hochleistungsenergieträger. Die Hersteller sollten Unternehmen, die Lösungen – insbesondere zum sicheren Laden und Lagern – entwickeln, aktiv unterstützen. So wird dem Kunden das mittlerweile durchaus vorhandene Unwohlsein beim Benutzen von Lithium-Ionen-Akkus zumindest teilweise genommen. Den Herstellern sollte dringend klar werden, dass sobald es zu gesetzlichen Maßnahmen kommt oder Versicherer verbindliche Vorgaben machen, ihre Reputation weitaus mehr leidet, als wenn sie mit Firmen wie uns zusammenzuarbeiten.