SeemannschaftTauwerk - richtig Aufschießen, Sichern und Werfen

Lars Bolle

 · 03.10.2022

Seemannschaft: Tauwerk - richtig Aufschießen, Sichern und WerfenFoto: Christian Tiedt

Wer richtig mit dem Tauwerk an Bord umgeht, kann viel Verwirrung vermeiden. Wir zeigen, worauf zu achten ist beim Aufschießen, Sichern und Werfen von Leinen

Der routinierte Umgang mit den vielfältigen Leinen an Bord gehört zum seemännischen Grundhandwerk und ist in erster Linie ein Sicherheitsaspekt. Ein Leinenknäuel, Wuhling genannt, kann ärgerlich und seine Entwirrung lästig und zeitraubend sein. Ist jedoch Tauwerk in bestimmten, entscheidenden Situationen unklar, können daraus schlimmstenfalls Schäden an Material und Mensch resultieren – wenn etwa eine Leine in der Schleuse auf dem Weg nach unten nicht gefiert werden kann, weil sich Kinken gebildet haben und diese an der Klampe blockieren. Dann kann man zerren, wie man will, während sich das Boot langsam aufhängt.

Oder bei Hafenmanövern: Beim Ablegen ist es häufig so, dass zuletzt ein auf Slip gelegter Festmacher eingeholt werden muss. Wenn dieser jedoch wegen eines Kinkens oder gar Knotens an einem Ring oder einer Klampe am Steg stecken bleibt, ist das beste Manöver für die Katz.

Warum diese „Verwirrungen“ gerade heute mit modernem Tauwerk immer noch passiert, liegt wohl auch – wie in anderen Seemannschaftsbereichen – daran, dass tradiertes Wissen vermittelt wird, welches nicht mehr unbedingt zu sich ändernden Gegebenheiten passt. So hat wohl jeder einmal gelernt, dass ein aufgeschossenes Leinenbündel nur dann schön und richtig ist, wenn alle Buchten in Runden und gleichmäßig nebeneinander liegen. Das gilt so für geschlagenes Tauwerk. Schießt man dagegen modernes geflochtenes auf dieselbe Weise auf, dreht mit jeder Bucht das Tauwerk einmal ein, und die gefürchtete Kinkenbildung ist garantiert.

Richtig Aufschießen

Ziel des Aufschießens von Leinen ist es, sie einsatzklar zu halten. Das heißt, sie entweder so wegzustauen, dass sie mit wenigen Handgriffen eingesetzt werden können. Oder aber sie direkt vor einem Einsatz so vorzubereiten, dass dieser reibungslos ablaufen kann. Die Probleme beim Umgang mit Leinen sind immer dieselben.

Entweder handelt es sich bei dem Leinenbündel um eine sogenannte Wuhling, ein wirres Knäuel, im schlechtesten Fall sogar mit Verknotungen, bei dem keine Chance bestünde, es durch einen Beschlag zu ziehen, zu werfen oder überhaupt sinnvoll einzusetzen. Oder aber die Leine sieht zwar ordentlich aufgeschossen aus, dabei wurden jedoch Fehler gemacht, was zu Kinkenbildung führen kann. Die Leine würde hier an einer Klampe blockieren, was während des Manövers zu gefährlichen Situationen führen kann.

Bevor eine Leine aufgeschossen wird, muss sie immer erst einmal in voller Länge aufklariert werden, wobei man sie durch die Hand laufen lässt. Dabei zeigen sich Wuhlings oder Knoten. Um beim Aufschießen gleich große Buchten zu erhalten, sollte man immer mit demselben Armabstand vorgehen, hier mit ausgestrecktem Arm bis zur Brust. Je kürzer dieser Abstand gewählt wird, umso kleiner werden die Buchten. Bei einer sehr langen Leine und zu kleinen Buchten kann das Bündel für eine Hand zu dick werden und ist dann auch nicht mehr gut zu sichern. In diesem Fall muss man einen größeren Abstand mit größeren Buchten nehmen, wie im dritten Bild mit beidseitig ausgestreckten Armen.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt
 

Wechselseitiger Schlag

Diese Methode garantiert ein kinkenfreies Ausrauschen, und es entsteht zudem ein schöner Bund mit gleichmäßigen Buchten. Allerdings bedarf sie etwas Übung. Das Tauwerk wird hierbei wechselseitig mit einer Drehung versehen. Die gerade gelegte Bucht bekommt eine halbe Drehung nach außen, vom Körper weg, bevor sie mit der haltenden Hand gegriffen und fixiert wird. Für die nächste Bucht die Arbeitshand nach außen drehen, die Leine greifen und die Hand wieder zurückdrehen. Dabei kommt die lose Part innerhalb der Bucht zu liegen. So weiter im Wechsel.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt

In Achten aufschießen

Eine gute Alternative zur oben gezeigten Methode ist bei geflochtenem Tauwerk das wechselseitige Legen von Achten. Es ergibt zwar meist keinen so schönen Bund, da die Längen der Buchten schwerer genau zu treffen sind, dafür ist die Methode kinderleicht zu lernen: In die haltende Hand, hier die linke, werden mit der Arbeitshand immer wechselseitig Buchten nach vorn und nach hinten gelegt. Wichtig dabei ist, dass sich die Buchten in der Haltehand jedes Mal überkreuzen. So entstehen Achten, die jeweils eine entgegengesetzte Drehung erhalten und kinkenfrei ausrauschen.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt

Leinentipps

  • Vor der Benutzung wird jede Leine aufklariert
  • Je größer die Buchten sind, desto weniger Kinken werden sich bilden
  • Bei sehr langen Leinen kann man Handschuhe tragen, um die Reibungshitze beim Durchlaufen zu verringern

An der Reling sichern

Zum Sichern des aufgeschossenen Bundes gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, die nun gezeigt werden. Zum Beispiel kann man ihn an die Reling hängen. Die Methode bietet sich besonders bei überschüssiger Leinenlänge an, die nicht benötigt wird. Ansonsten würde dieses Tauwerk auf Deck liegen und dort nicht trocknen können, was oft mit unschöner Algenbildung einhergeht. Oder es müsste quer ins Cockpit gezogen und dort verstaut werden, wodurch Stolperfallen entstehen. Diese Methode wird manchmal als unseemännisch bezeichnet, da sich die Sicherung an der Reling in starkem Wellengang lösen könne oder es auf diese Weise zu Wuhlings komme. Jedoch ist sie kinderleicht zu lernen, schnell angewendet und sollte auch nur beim Verlassen des Bootes im Hafen, also nicht während der Fahrt, zum Einsatz kommen. Vor einem Hafenmanöver müssen die entsprechenden Leinen aber unbedingt klariert werden. Aber das gilt ja sowieso für alle Leinen.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt

Den Bund aufhängen

Dies ist eine der häufigsten Methoden, einen aufgeschossenen Bund zu sichern. Der besseren Übersichtlichkeit wegen wurden hier nur einfache Buchten gelegt; diese und alle weiteren Methoden eignen sich aber für jede Art des Bundes, ob Achten oder Buchten. Von der losen Part etwa zwei Buchtenlängen übrig behalten und mit dieser längeren Bucht von unten nach oben um den Bund fahren. Das garantiert, dass nicht nur der Bund zusammengehalten, sondern die lose Part von sich selbst bekniffen wird. Nach drei bis vier Wicklungen ein Auge der losen Part durch den Bund stecken. Das durchgesteckte Auge ganz durch den Bund holen. Dabei darauf achten, dass das feste Ende der losen Part – also jenes, das in die Wicklungen geht – stramm bleibt. Nun das lose Ende der losen Part, welches frei hängt, durch das durchgesteckte Auge ziehen.

Die lose Part auf Zug bringen, damit zieht sie das Auge zusammen und bekneift sich oben auf dem Bund. Der Bund kann nun weggestaut werden und lässt sich auch sehr gut aufhängen. Für das Anhängen eines Festmacherendes an der Seereling wäre der Bund aber zu groß, ein Teil des Tauwerks würde auf Deck liegen. Der so gesicherte Bund lässt sich auch bestens in der Backskiste verstauen.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt

Achten an Deck legen

Bei sehr langen Leinen funktioniert das Aufschießen per Hand nicht mehr, da der Bund schnell zu groß wird, um ihn noch gut greifen zu können – und häufig auch zu schwer. Aber auch dann kann man wechselseitig Achten legen, nur auf Deck, nicht in der Hand. Ist das Bündel klein genug, kann es gesichert werden, beispielsweise an der Reling .

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Foto: Christian Tiedt

Leinentipps

  • Geflochtenes Tauwerk schießt man am besten mit wechselseitiger Drehung auf
  • Auch wechselseitig gelegte Achten helfen, Kinken zu vermeiden
  • Geschlagenes Tauwerk ist immer in einer Richtung gedreht
  • Beim Aufschießen kann man der Drehung entgegenwirken

Einfach und schnell

Diese Methode eignet sich gut zum Weghängen des Bundes, aber nicht so sehr zum Wegstauen. Denn da die Sicherung recht einfach ist, kann sie sich bei Bewegung lösen, etwa bei Wellengang. Vom Bund wird eine Bucht genommen, bei einem sehr dicken Bund eine doppelte Bucht. Dafür lässt man eine Bucht fallen. Mit dieser Bucht fährt man nun einmal um den Bund und steckt sie anschließend oben hindurch, bevor sie in ganzer Länge straff hindurch gezogen wird. Nun kann der Bund an der Bucht aufgehängt werden.

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Foto: Christian Tiedt

Geschlagenes Tauwerk

Geschlagenes TauwerkFoto: Christian Tiedt.
Geschlagenes Tauwerk

Die Drehrichtung von geschlagenem Tauwerk lässt sich leicht feststellen: In eine Richtung bleiben die Kardeele, also die einzelnen Stränge, eng aneinander liegend, in die andere lassen sie sich etwas aufdrehen, sodass sie luftiger liegen. Beim Aufschießen kann man jede Bucht etwas aufdrehen. Ist die linke Hand die haltende, wird meist nach links aufgedreht. So wird aus dem Tauwerk die Drehung entfernt, welche durch das Aufschießen entsteht.

Leinen werfen einhand

Mit dem Werfen von Leinen werden normalerweise zwei Ziele verfolgt: Entweder soll einer anderen Person eine Leine zugeworfen werden, sodass eine Art Einweg-Verbindung entsteht, etwa bei der Annäherung an Steg oder Pier. Oder aber man möchte eine Leine beispielsweise über einen Pfahl oder Poller werfen, um auf diese Weise eine Landverbindung per Festmacher herzustellen.

Bei letztgenannter Methode wäre es eigentlich logisch, ein Auge, das mittels Palstek erzeugt wird, in Cowboy-Manier über den Pfahl zu schleudern. Da dies jedoch meist nicht gelingen wird, ist es die bessere Wahl, die gesamte Leine wie ein einziges großes Auge kontrolliert zu werfen. Das erhöht die Treffergenauigkeit enorm. Dennoch sollte man sich während eines Manövers lieber nicht auf den ersten Wurf verlassen, da er zu oft misslingt. Die Yacht sollte also möglichst schon sicher festgemacht sein, dann kann man in Ruhe werfen – weil man ja im Grunde unendlich viele Versuche hat.

Beim sogenannten Lasso-Wurf wird nur eine Part geworfen. Die feste Part in die Haltehand nehmen, etwas lose Leine an Bord fallen lassen. Dann die Leine in der Wurfhand ein paar Buchten aufschießen. Mit der Wurfhand im Bogen ausholen, darauf achten, dass die Leine frei liegt und ihr Ende belegt ist. Alle Buchten gleichzeitig loslassen, kurz bevor die direkte Richtung zum Pfahl erreicht ist. Die Buchten entfalten sich in der Luft und reißen mit dem Schwung auch die zuvor bereitgelegte Leine mit. Mit etwas Glück und Können legt sich die Bucht um den Pfahl.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt

Leinen werfen beidhändig

ei dieser Methode wird die Leine mit beiden Händen gleichzeitig geworfen. Das erhöht die Treffsicherheit, verringert jedoch die überbrückbare Distanz, da man weniger Schwung in das Tauwerk bekommt als bei einem einhändig ausgeführten Wurf. Die Vorbereitung ist übrigens dieselbe wie beim reinen Leinenwerfen, wenn also das Seil einer anderen Person zugeworfen wird. In beiden Händen befinden sich dann mehrere aufgeschossene Buchten und in der Hand, die schleudert, auch die lose Part. Dieses Bündel wird mit Kraft der aufnehmenden Person zugeworfen. Dabei entfaltet sich zuerst das geworfene Bündel, danach spulen die Buchten aus der anderen Hand ab. So lassen sich sehr große Strecken von bis zu zwei Bootslängen oder mehr überbrücken. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine dünne Sorgleine mit einem Gewicht zu der Person zu werfen und an ihr einen Festmacher zu übergeben.

Beim beidhändigen Wurf werden zunächst einige Buchten der Wurfleine aufgeschossen und dann jeweils gleich viele in jede Hand genommen. Die lose Part in einer Hand, die feste an Bord sichern. Mit beiden Händen die Buchten seitlich am Körper vorbei nach hinten schwingen, dabei frei von der Reling bleiben. Mit Kraft beide Bündel in Richtung Pfahl nach vorn wegschleudern, dabei die Arme zugleich jeweils etwas nach außen bewegen, damit sich eine Bucht öffnet. Bei Erfolg die Leine dichtholen.

Anleitung in Bildern:

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Foto: Christian Tiedt

Leinentipps

  • Man schafft meist weniger Meter, als man denkt, also nicht zu viel vornehmen
  • Nicht auf den Wurf verlassen, er kann schiefgehen
  • Sich selbst gut sichern, um nicht mit Schwung über Bord zu gehen