Johannes Erdmann
· 02.05.2023
Gangways erleichtern den Zugang an Bord und sind nicht nur in südlichen Gefilden von Nutzen. Wir zeigen die wichtigsten Systeme.
Notfalls tut es natürlich auch eine Holzplanke, um vom Boot auf die Pier zu gelangen. Schließlich tut sie das seit Jahrhunderten. Doch spätestens, wenn man mit vollen Einkaufstüten in der Hand oder einem Kleinkind auf dem Arm aufs Boot übersteigen will, lernt man es zu schätzen, wenn eine Gangway nicht nur tragkräftig und stabil ist, sondern auch breit genug, rutschfest und einen seitlichen Halt bietet. Auch Hundebesitzer können von Gangways profitieren. Wer seinen Vierbeiner nicht ständig von und an Bord heben will, lernt schnell die Vorteile einer Gangway zu schätzen.
Meist jedoch geht es bei der Wahl der Gangway darum, einen Kompromiss zu finden zwischen einer günstigen Lösung, die nicht gleich mehrere Tausend Euro verschlingt, und einem schnell ausbringbaren, klappbaren, aber nicht klapprigen System, das im besten Fall auch noch gut zu verstauen ist. Zugleich muss es einen bequemen, festen und sicheren Überstieg ermöglichen. Alle Merkmale gleichzeitig zu kombinieren scheint schwierig. Im Wesentlichen gibt es vier Optionen.
Im Mittelmeerraum häufig anzutreffen ist ein hölzernes und festes Modell, das nicht nur günstig in der Anschaffung ist, sondern sich auch ganz sicher ohne geklemmte Finger bedienen lässt. Zudem kann es bei Bedarf als Fenderbrett genutzt werden. Die Gangway ist auch oft auf Charterbooten zu sehen und wird beispielsweise von Compass-Yachtzubehör vertrieben. „Wir haben ein eigenes Produkt entwickelt“, sagt Matthias Unger von Compass, „die Leisten einzeln verleimt und mit zwei Schraubstangen fixiert. Das Holz ist unbehandelt, und es darf sich jeder so veredeln, wie er mag. Manche lassen es so, andere nehmen einen Anti-Slip-Belag, wieder andere eine Lasur.“ Mit einer Länge von 2,40 Metern ist sie lang genug für jeden Bootstyp. Im Vergleich zur Länge ist die Breite von 0,27 Metern ein wenig knapp bemessen, denn es gibt ja keinerlei Möglichkeit, sich seitlich festzuhalten, und es ist nötig, ein wenig zu balancieren, um hinüberzugelangen.
Zudem besitzt solch eine einfache Gangway keine richtige Einsteck-Fixierung an Deck, sondern liegt einfach an Bord und auf der Betonpier auf. Meist aber nicht lange, denn wenn Schwell durch den Hafen läuft, reichen die Bootsbewegungen oft aus, dass sie im Hafenbecken landet. Deshalb sollte sie zumindest einseitig festgebunden werden, besser beidseitig. Auch ein Stropp zur Sicherung hindert die Planke aber nicht daran, an Deck und auf dem Steg zu scheuern. Auf einer Betonpier schabt sich das Holz mit der Zeit ab, an Bord hinterlässt sie schon nach kurzer Zeit Macken im Gelcoat oder im Teak. Deshalb ist es nötig, die Gangway zum Beispiel mit Teppich zu umkleben oder an Bord hochzubinden, damit sie nicht auf dem Deck aufliegt. Die einzige Möglichkeit, solch eine lange und feste Planke zu stauen, ist an der Seereling, wo sie jedoch je nach Bootstyp häufig im Weg ist. Mit 189 Euro ist die Lösung dennoch ein echter Preis-Leistungs-Sieger.
Deutlich komfortabler und auch sicherer sind multifunktionale und an jeden Schiffstyp zu adaptierende Lösungen wie die von Swi-Tec. Mit einsteckbarer oder fester Halterung sind sie dank einer einseitigen Reling selbst bei kabbeligem Wasser und stampfenden Hecks sicher passierbar. Das Modell „Leicht“ etwa besitzt wahlweise eine Länge von 2,00 oder 2,50 Metern, eine Breite von 32 Zentimetern und lässt sich ein- oder zweimal klappen. In der zweifach klappbaren Ausführung nimmt die Gangway gefaltet sehr kompakte Kastenmaße von 77 mal 32 mal 18 Zentimetern an und fällt damit kaum auf. Sie wiegt zwölf Kilogramm und besitzt eine Traglast von 120 Kilogramm. Wer noch weniger Platz am Heck oder der Reling zur Verfügung hat, für den gibt es die Version „New Mini“, die bei einer ausgeklappten Länge von zwei Metern und einer Breite von 28 Zentimetern ein noch mal kleineres Staumaß von 74 mal 28 mal 16 Zentimetern besitzt und nur acht Kilogramm wiegt.
Ähnlich leicht sind die Gangways von GS Composite aus Slowenien, die bei einer Länge von 2,20 Metern und einer Breite von bequemen 35 Zentimetern ebenfalls nur acht Kilogramm wiegen, aber fast die dreifache Tragkraft von 350 Kilogramm aufbringen. Sie lassen sich bei der Bestellung vollkommen auf das Schiff personalisieren, samt einem ausgewählten Antirutschbelag und sogar dem Bootsnamen. Dank Beschlägen aus Aluminium verspricht der Hersteller keinerlei Korrosion. Die Halterung an Deck ist in Form eines Zapfens ausgeführt, der in einer im Deck eingelassenen Hülse eingeführt wird. Eine gängige Lösung für alle Gangway-Typen.
Auf der Landseite sind fast alle Gangways vom Werk aus mit Rollen versehen, auf denen das landseitige Ende vor- und zurückrollen kann, statt auf dem Steg zu schaben. Bei gemauerten und häufig maroden Hafenanlagen ist das häufig aber keine optimale Lösung. Am besten ist es, wenn die Gangway keinerlei Verbindung zum Land besitzt, sondern etwas darüber an einer Leine, beispielsweise von der Davids oder der Flybridge kommend, schwebt. Denn dann kann auch nichts scheuern oder hart einrucken – und auch kein Ungeziefer findet nachts den Weg an Bord.
Allerdings ist der Vorteil der Drehbarkeit der Gangway durch den Zapfen dann zugleich ein Nachteil. Damit sie von einer Leine schwebend über dem Steg gehalten wird, muss sie zusätzlich seitlich zum Spiegel hin abgespannt werden, damit sie nicht selbsttätig zur Seite wegklappt. Neben Einlasshülsen vertreibt Swi-Tec deshalb auch feste Halterungen, die es möglich machen, dass die Gangway nach oben und unten klappt, aber nicht schwenkt. Bei Nichtgebrauch lassen sich die Modelle von Swi-Tec dann ein- bis zweimal zusammenklappen.
Eine relativ neue Lösung sind aufblasbare Gangways wie beispielsweise von Plastimo. Sie sind im Wesentlichen wie ein SUP aufgebaut und deshalb auch als solches nutzbar. Darüber hinaus sind sie erstaunlich stabil und natürlich auch leicht. Falls machbar, sollte man Modellen mit Handlauf immer den Vorrang geben. Nicht nur ältere Personen schätzen die zusätzliche Sicherheit durch eine seitliche Haltemöglichkeit. Meist gibt es dazu einsteckbare Stangen und eine Sicherungsleine.
Wie wichtig es ist, dass der Weg an Bord sicher ist, zeigt das Urteil des Oberlandesgerichts München vom Fall eines von der Reling ins Wasser gestürzten und dabei verletzten Chartergasts. Der Skipper hatte eine Gangway ausgebracht, deren Halteleinen am Ende der Gangway nicht als Hahnepot durch einen Spreizbügel geführt wurden, sondern durch einen Schnappschäkel, wodurch die Leine beweglich blieb. Als der Gast von der einen Seite auf die Gangway stieg, wurde sie einseitig belastet und kippte zur Seite. Dadurch wurde der Haltezapfen aus der Hülse gehebelt und die Person fiel ins Wasser.
Das Gericht urteilte, dass aus dem Vertragsverhältnis für den Charterskipper die Nebenpflicht resultierte, „dass die Rechtsgüter des anderen nicht verletzt werden“ und „nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet worden sei“, weil das Halteseil der Gangway beweglich war. Deshalb hatte er für zwei Drittel des Schadens zu haften.