Michael Rinck
· 04.03.2023
Neue, handliche Feuerlöschsprays können bei der Brandbekämpfung an Bord von Vorteil sein. Aber nur zwei konnten im Test bei Fettbrand überzeugen
Viele Notsituationen, die an Bord auftreten können, lassen sich mit Bordmitteln wieder in den Griff bekommen, die Zeit spielt meist keine entscheidende Rolle. Nur bei Wassereinbruch, einer Person im kalten Wasser und besonders Bränden geht es um jede Sekunde. Kann durch ein großes Leck eintretendes Wasser nicht wieder außenbords gepumpt werden, hilft ebenso wie bei einem außer Kontrolle geratenen Feuer nur das Verlassen des Bootes.
Bei der Brandbekämpfung steht also einiges auf dem Spiel; schnell ist das Boot durch Feuer verloren und auch die Crew in größter Gefahr. Einzige Rettung auf See bieten dann nur noch Dingi oder Rettungsinsel. Feuer stellt schon an Land eine ernst zu nehmende Gefahr dar, auf See ist sie noch ungleich größer.
Die vier häufigsten Brandherde an Bord entstehen in aufsteigender Reihenfolge durch Kerzen, Elektrik, die Antriebsmaschine in Kombination mit Kraftstoff und an erster Stelle durch die Pantry.
Diese spezielle Brandklasse ist so gefährlich, weil sie schnell entsteht, wenn eine Pfanne mit Öl länger auf dem Herd steht, das Fett auch verspritzt oder verschüttet weiterfackelt, das Feuer sehr rasch um sich greift und zum Beispiel fettige Schrankoberflächen in direkter Umgebung entzünden kann. Eine ganz besondere Gefahr geht aber von der gefürchteten Fettexplosion aus. Sie entsteht, wenn Wasser in das brennende Fett geschüttet wird – denn die Flüssigkeit verdampft schlagartig und verteilt mit dem Dampf auch das brennende Fett. Wasser scheidet als Löschmittel also aus; es zu benutzen verbietet sich sogar, weil es den Brand beschleunigt.
Dennoch gibt es zu Fettbränden auch eine gute Nachricht: Sie sind in der Entstehung noch recht klein und beherrschbar. Im Anfangsstadium züngeln die Flammen kaum über den Rand des Topfes – kein Grund zur Panik. Trotzdem ist die Situation sehr ernst. Es sollte schnellstmöglich der Herd ausgeschaltet werden. Das genügt in der frühen Phase des Fettbrandes bereits; ohne Wärmezufuhr gehen die Flammen aus. Es gilt aber, keine Zeit zu verlieren, denn schon nach 30 Sekunden bis einer Minute können die Flammen so hochschlagen, dass erstens der Herd gar nicht mehr sicher erreichbar ist und zweitens der Brand sich selbst mit genügend Hitze versorgt und nicht mehr von allein verlöscht, bevor das Fett restlos verbrannt ist. Da aber Schränke, Gardinen und Deckenverkleidung Feuer fangen können, verbietet es sich, einfach zu warten.
In dieser Phase sprechen Experten von einem Entstehungsbrand. Wird schnell gehandelt, ist es auch für Laien einfach, ihn zu löschen. Selbst wenn das Abdrehen des Herdes nicht mehr möglich ist, können handliche Feuerlöscher die Situation noch unter Kontrolle bringen.
Hier eignen sich die kompakten Feuerlöschsprays. Viele werden auch explizit bei Fettbränden empfohlen. Ein Vorteil der Sprays sind ihre geringen Abmessungen: Sie finden direkt in der Pantry Platz und sind schnell zur Hand. Zudem funktionieren sie intuitiv – wie eine Haarspraydose oder ein Deo –, die Hemmschwelle, sie auch einzusetzen, ist damit niedrig. Ein weiteres Plus: Die Löschmittel richten keine große Verschmutzung und Zerstörung an wie etwa Pulverlöscher. Somit können sie ohne Zögern verwendet werden. Das sind gewichtige Argumente für die handlichen Dosen und ein Vorteil gegenüber großen Pulver- oder Schaumlöschern.
Die Löschsprays werden von vielen Herstellern angeboten. Im Test dabei waren Exemplare von Ausrüstern, aus Baumärkten sowie aus verschiedenen Onlineshops für den Camping- und Outdoorbedarf, vom ADAC und von Kaufland.
Als Löschmittel kommt bei vielen AFFF (Aqueous Film Forming Foam) mit Stickstoff als Treibmittel zum Einsatz. Der Xtin von Maus bildet eine Ausnahme; hier wird beim Auslösen eine Verbrennung gestartet, deren Rauchgas das Aerosol bildet, das den Brand löschen soll, was beim Fettbrand im Test aber nicht funktionierte.
Bei fünf Produkten ist nicht ersichtlich, welches Löschmittel benutzt wird. Nur bei GEM Fire* und Priomaxx ist dies auf der Dose vermerkt. Beim Löschspray von Smartwares* und dem Firestop von UniTec* ist der Wasseranteil angeführt, der bedenklich hoch ist, um damit Fettbrände zu löschen. Keine der Dosen ist offiziell als Feuerlöscher zertifiziert. Dazu ist eine Abnahme nach DIN EN3 nötig.
Das GEM-Fire-Feuerlöschspray ist laut Vermerk auf der Dose gemäß dieser Norm getestet worden. Schon dieser Umstand macht klar, dass die Sprays nicht die richtigen Feuerlöscher an Bord ersetzen können. Der Test hat aber gezeigt, dass zumindest zwei Produkte eine sehr gute Ergänzung zu den zugelassenen Brandbekämpfungsmitteln sein können.
Als Testaufbau hatten die Ausbilder von Sailpartner, die Expertise mit Sicherheitstrainings für Wassersportler mitbringen, einen Gasherd für Yachten aufgebaut. Darauf wurde ein Topf mit Bratfett so lange erhitzt, bis die Flammen hochschlugen. Um die Sicherheit zu gewährleisten, fand der Versuch auf dem Ausbildungsgelände von RelyOn Nutec in Bremerhaven statt. Die erfahrenen Brandbekämpfungsexperten hatten eine lange Gaszuleitung mit einem speziellen Schalter vorbereitet. Dieser ließ nur Gas durch, wenn er betätigt wurde. So war sichergestellt, dass die Brennstoffzufuhr automatisch unterbrochen wurde, sobald wir uns schnell zurückziehen mussten und den Schalter losließen. Zusätzlich bot sich die Möglichkeit, verschiedene andere Löschmittel wie Schaum, Pulver und CO₂ zu testen und so die Löschleistung der Sprays besser einzuordnen.
Beeindruckend zu sehen war, was passiert, wenn Wasser in einen Fettbrand geschüttet wird. Die extrem gefährliche Fettexplosion ist zur Probe nur unter den abgesicherten Bedingungen eines Trainingsgeländes sicher möglich und zeigt, was im schlimmsten Fall passieren kann, wird das falsche Löschmittel gewählt. Zwei der insgesamt zehn Löschsprays konnten die Flammen gut löschen. Das Feuer Stopp von Abus* und das Stop Fire von ReinoldMax* erstickten die Flammen nach drei bis vier Sekunden. Dabei wurden sie nur leicht aufgepeitscht, und es gab lediglich kleinere Stichflammen.
Auch bei fast allen anderen Produkten, außer dem Xtin von Maus*, ging das Feuer aus. Allerdings gab es zum Teil gefährlich hohe Stichflammen, so etwa bei dem Produkt von Priomaxx, bei dem die Flammen kurzzeitig über 2,5 Meter hochschlugen. In der Pantry mit begrenzter Deckenhöhe würde eine Feuerwalze einmal durch das ganze Boot schießen. Hier liegt die Vermutung nahe, dass in den Löschmitteln der Wasseranteil einfach zu hoch ist.
Die offensichtliche Gefahr dabei sind Verbrennungen an Armen und Gesicht. Im schlimmsten Fall kann die Stichflamme in die Atemwege gelangen, etwa wenn die Person beim Löschversuch vor Schreck einatmet. Die Wundflüssigkeit, die aus den verbrannten Schleimhäuten austritt, sammelt sich dann in der Lunge, und Betroffene können Stunden später daran noch ersticken.
Ein weiteres Problem ist die lange Löschdauer. Der Firestop von UniTec etwa benötigte 23 Sekunden, bis das Feuer gelöscht war. In der Zwischenzeit schlugen die Flammen hoch, und es machte mehrere quälend lange Sekunden nicht den Eindruck, dass das Feuer überhaupt ausgehen würde. In der sicheren Umgebung eines Testgeländes mag die Brandbekämpfung dann gelingen. Im Ernstfall an Bord würden Skipper aber eher aufgeben und das Schiff verlassen, wenn ihnen die Flammen in solcher Höhe entgegenschlagen.
Das Produkt von Prymos löschte den Brand, allerdings mit recht hohen Stichflammen. Da es vom Hersteller nicht zur Bekämpfung von Fettbränden vorgesehen ist, haben wir von einer Bewertung abgesehen. Der Xtin von Maus* war vor dem Test ein Hoffnungsträger. Der sehr kompakte Löscher bedient sich einer innovativen Technologie und bekämpft den Brand statt mit Schaum oder Gel mit einem speziellen Aerosol, das wie eine Rauchwolke aussieht. Dadurch soll der Vorgang vollständig zerstörungsfrei und ohne Löschmittelrückstände erfolgen. Das Versprechen klingt gut. Auf dem Löscher sind die Brandklassen A, B, C und F vermerkt. Sogar ein Piktogramm mit einer stilisierten Pfanne mit Flammen soll auf die Möglichkeit hinweisen, dass mit dem Xtin Fettbrände gelöscht werden können.
Im Versuch tat sich aber leider nichts: Nach dem Auslösen stieß der Zylinder unter lautem Fauchen für 22 Sekunden eine Rauchwolke aus. Der Strahl peitschte die Flammen in der Pfanne etwas auf, erstickte sie aber nicht. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern bei einem Löschmittel wirklich gefährlich, da sich die Nutzer ja auf die rettende Wirkung verlassen. Dazu kommt, dass das Produkt von Maus das teuerste im Test ist. Besonders spannend ist der Vergleich mit anderen Löschmitteln. Dafür bekämpften wir den Brand bei der gleichen Fettmenge mit einem Pulverlöscher mit einem Kilogramm Löschmittel, der in der Größe mit den Sprays vergleichbar ist, sowie einem Schaumlöscher und einem CO₂-Löscher. Der kleine Pulverlöscher erstickte die Flammen in kürzester Zeit, hinterließ aber eine Staubwolke.
Hier ist der Schaumlöscher klar im Vorteil, das Mittel verteilt sich nicht so stark, und die Sicht wird nicht eingeschränkt. Enttäuschend war das Ergebnis des CO₂-Löschers. Er erstickte die Flammen zwar kurzzeitig, sie schlugen aber immer wieder hoch, und schnell war der Löscher leer, das Feuer aber noch nicht gelöscht. Dazu kam, dass zwei kleine Pausen beim Löschversuch entstanden, weil der eiskalte Kohlendioxid-Nebel auch hinter die Tülle an die Hand gelangte, was einen zur Pause zwingt.
Der Pulverlöscher deckt den Brand am schnellsten ab, bildet eine Schicht über dem Fett, die eine Wiederentzündung verhindert. Aber das Pulver vernebelt auch das Sichtfeld, erschwert das Luftholen, zerstört Elektronik und beschleunigt Korrosion an Metallen. Zudem kriecht es in jede Ritze und lässt sich nur sehr mühsam entfernen. Der CO₂-Löscher ist gegen Fettbrände eher nicht zu empfehlen, die Handhabung ist nicht so einfach, und außerdem kann das Kohlendioxid an Bord auch gefährlich werden: Es ist schwerer als die Umgebungsluft, sammelt sich im Rumpf und verdrängt den Sauerstoff, raubt einem also die Atemluft.
Es empfiehlt sich also ein spezieller Schaumlöscher, der auch Fettbrände bekämpfen kann. Er löscht zuverlässig, behindert nicht die Sicht auf den Brand und hinterlässt keine riesige Sauerei. Dennoch empfiehlt es sich, zusätzlich einen Pulverlöscher als Back-up, etwa für größere Brände an der Maschine, an Bord mitzuführen. Die verbreiteten Löschdecken werden von Experten mittlerweile nicht mehr empfohlen; es wird im Gegenteil sogar davon abgeraten. Sie haben zwar das Potenzial, einen Brand abzudecken, allerdings heißt das nicht, dass das Feuer auch gelöscht ist. Sobald man dann neugierig unter die Decke schaut, schlagen die Flammen wieder hoch. In der darauffolgenden Panik wird die Decke eher von der Brandstelle gerissen und verteilt das brennende Fett sogar noch weiter.
Die Feuerlöschsprays von Abus* und ReinoldmMax* hingegen sind hilfreich, können die großen Feuerlöscher zwar nicht ersetzen, sind aber als gute Ergänzung dennoch empfehlenswert. Wichtig ist der Hinweis, dass sie nur für kleine, sogenannte Entstehungsbrände wirklich geeignet sind. Dann können sie ihre Vorteile der schnellen, unkomplizierten Benutzbarkeit und des zerstörungsfreien Löschergebnisses ausspielen. Wenn die Flamme in der ersten Sekunde etwas größer wird, darf die Crew nicht zögern. Löst sich der Finger vor Schreck vom Sprühknopf, wird das Feuer wieder größer. Da die Flammen nach oben schlagen, ist es ratsam, sich in gebückter Haltung dem Brand zu nähern, auch wenn er noch nicht so groß ist. Eine Stichflamme streift dann an der Decke über dem Brandherd entlang und verfehlt so eher das Gesicht. Dennoch muss die eigene Sicherheit und die der Crew immer die oberste Priorität haben. Das heißt im Zweifel den Rückzug antreten und alle in Sicherheit bringen, auch wenn das Boot dann den Flammen überlassen werden muss.
Diesen Punkt richtig einzuschätzen ist sicher der schwierigste Teil der Brandbekämpfung, zumal die Entscheidung nicht zu lange dauern darf. Es gilt also, nachdem der Brand entdeckt ist, trotzdem ruhig zu bleiben und die Situation kurz einzuschätzen. Das Schema (unten) kann eine Hilfestellung sein. Ist nicht nur eine Person an Bord, ist es sinnvoll, Aufgaben zu verteilen. Im Idealfall wurde das Vorgehen sogar schon vor dem Törn besprochen. Dann muss der Notruf nicht erst abgesetzt werden, wenn die Löschversuche gescheitert sind. Wenn man alleine unterwegs ist, kann die Empfehlung aber auch nicht lauten, vor dem Feuerlöscher zum Funkgerät zu greifen. Dabei würden wichtige Sekunden verloren gehen. Bei kleinen Bränden mit dem Löschspray beginnen, aber nicht entmutigen lassen, wenn das Feuer nicht vollständig gelöscht werden kann.
Solange die Flammen kontrolliert wirken und nicht den Zugang zum Brandherd gefährlich machen, kann mit dem größeren Löscher fortgefahren werden. Zuletzt ist der Pulverlöscher empfehlenswert. Auch wenn keine Flammen mehr sichtbar sind, kann der Brand wieder aufflammen. Also nicht sofort aufhören zu löschen. Und danach weiter wachsam sein und die Stelle beobachten. Wenn schon Glut zu sehen ist, diese vollständig löschen. Als präventive Maßnahme gilt es, die Pantry zu putzen, denn der Fettfilm vom Kochen beschleunigt die Ausbreitung der Flammen an Schränken und Verkleidungen.
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