Hauke Schmidt
· 15.10.2022
Das optimale Werkzeug für Bordarbeiten im Winterlager: Welche Elektrogeräte in keiner Werkzeugkiste fehlen sollten, und was bei der Auswahl der Maschinen zu beachten ist.
In diesem Artikel:
Eine Bohrmaschine oder ein Akkubohrer findet sich in praktisch jedem Haushalt; wer gern heimwerkelt, hat vermutlich auch eine Stichsäge, Schleifmaschine und einen Winkelschleifer im Fundus. Im Winter wandern die Maschinen dann einfach mit zum Boot. Doch was in der Garage oder dem Keller gute Dienste leistet, ist bei Arbeiten am Boot mitunter überfordert. Denn dort müssen nicht nur wesentlich größere Flächen bearbeitet werden – gerade beim Schleifen hat man es auch mit widerspenstigen Materialien wie GFK oder alten Unterwasseranstrichen zu tun. Den kläglichen Kampf mit kleinen und leistungsschwachen Geräten kann man in praktisch jeder Winterlagerhalle beobachten, oft gepaart mit einer unzureichenden Absaugung. Das schadet nicht nur der Gesundheit, der mangelnde Arbeitsfortschitt frustriert auch ungemein.
Welche Maschinen sinnvoll und nötig sind, hängt von den beabsichtigten Arbeiten und den Materialgrößen ab. Um ein paar Kleiderhaken unter Deck nachzurüsten oder das Antifouling in der Dose aufzurühren, braucht man im Grunde nicht einmal eine Maschine. Gleiches gilt bei Auftrag einer Versiegelung auf neuwertiges Gelcoat. Doch selbst diese Arbeiten gehen mit Motorkraft schneller und bequemer von der Hand.
Wie unsere Umfrage unter GFK-Neu- und Gebrauchtbooteignern und Bootsbaumeistern deutlich macht, variiert die für nötig befundene Ausstattung. Holzboote machen mehr Werkzeug nötig als Kunststoff-Boote, so die Tendenz
Die Rangliste der Werkzeuge ist dagegen fast identisch. Auf Platz eins setzten alle Befragten den Akkubohrer, gefolgt von einer Schleif- oder Poliermaschine, einem Industriesauger und Sägen. Ebenfalls auf den vorderen Plätzen: Handschuhe, Beleuchtung, Kabeltrommeln und Zubehör wie beispielsweise eine faltbare Werkbank.
Die Krux dabei: Schon bei den Akkubohrern ist der Markt mehr als unübersichtlich. Klein oder groß, bürstenlos oder mit konventionellem Motor, ein oder bis zu vier Gänge bieten praktisch alle Hersteller an. Dazu kommen Sonderfunktionen wie Schlagbohren oder Schlagschrauben. Entsprechend groß sind die Preisunterschiede. Von rund 30 Euro bis weit über 400 Euro lassen sich investieren.
Bei den Schleifmaschinen sieht es ähnlich aus, nur dass hier auch noch unterschiedliche Verfahren wie Rotations-, Exzenter-, Schwing- oder Bandschleifer zur Wahl stehen, jede Gattung wiederum in mehreren Größen und Leistungen. Die Topmodelle knacken dabei schon ohne Zubehör die 700-Euro-Marke, während ein simples Modell je nach Größe zwischen 40 und 100 Euro kostet.
Wer sich bei allen Geräten aus dem obersten Regal bedient, kann sicher sein, dass er selbst bei anspruchsvollen Refit-Arbeiten nicht an die Leistungsgrenze seines Maschinenparks gerät. Er muss aber auch mehrere tausend Euro investieren. Mit einer an den tatsächlichen Bedarf angepassten Geräteauswahl genügt ein deutlich kleineres Budget.
Damit ergibt sich die Frage, welche Geräte als Grundausstattung in keiner Werkzeugkiste fehlen sollten und wie man Art, Größe und Leistungsklasse passend wählt. Um die Entscheidung zu erleichtern, haben wir für die wichtigsten Werkzeugtypen im Winter- und Bordeinsatz bewährte Auswahlkriterien zusammengestellt.
Die Akkubohrmaschine ist das am meisten verwendete Elektro-Werkzeug. Sie leistet auch unterwegs an Bord gute Dienste
Egal ob Profi- oder Hobbybootsbauer oder Heimwerker: Wer ein Loch im Schiff braucht, greift zum Elektrobohrer. Gleichzeitig wird die Maschine im normalen Winterlagerbetrieb relativ wenig beansprucht. Wenn nicht gerade sämtliche Schrauben des Teakdecks an einem Tag ausgebohrt werden sollen oder mit großen Lochsägen gearbeitet wird, reicht ein einfaches Modell. Andererseits schadet eine Leistungsreserve nicht, und ein hochwertiger Akkuschrauber ist eine langfristige Investition. Solange die Maschine nicht beim Arbeiten von der Leiter fällt, ist die Lebensdauer des Akkus die Schwachstelle.
Zumindest bei Markengeräten ist diese aber durchaus beachtlich. Unser 18-Volt- Bohrschrauber aus der Professional-Serie von Bosch zeigt auch nach rund acht Jahren gemischtem Einsatz keine erkennbaren Leistungseinbußen. Und zumindest im Moment ließe sich ein passender Ersatzakku problemlos nachkaufen. Das mag ein Argument für ein Markengerät sein. Da die Energiespeicher ständig weiterentwickelt werden, lässt sich das für die Zukunft allerdings nicht garantieren.
Ob die Maschine die versprochene Leistung tatsächlich liefert, hängt von der Güte des Akkus ab. Entscheidend ist der Innenwiderstand, da er die maximale Stromabgabefähigkeit des Energiespeichers bestimmt. Von außen oder anhand der Herstellerangaben lässt sich diese Eigenschaft leider nicht erkennen. Gerade bei besonders günstigen Angeboten ist das Risiko groß, die Katze im Sack zu kaufen, denn mit leistungsschwachen Zellen lässt sich herstellerseitig einfach Geld sparen.
Besonders hinterhältig: Der Innenwiderstand von Akkus nimmt mit sinkender Temperatur und dem Alter zu. Neu und im warmen Hobbykeller mag eine knapp ausgelegte Maschine gut funktionieren; im kalten Winterlager geht sie dagegen schnell in die Knie. Ein Indiz für Zellen mit geringem Innenwiderstand kann die Ladezeit sein: Akkus, die sich in einer Stunde oder kürzer aufladen lassen, sind in der Regel mit leistungsfähigen Zellen bestückt.
Ebenfalls ein Thema ist die Systemspannung. Sie dient oft zur Klasseneinteilung der Geräte. Grundsätzlich gilt: Je höher die Spannung, desto mehr Leistung liefert der Akku bei gleichem Strom, und umso mehr Power hat der Schrauber. Üblich sind 10,8 Volt, 14,4 Volt und 18 Volt, je nachdem, ob drei-, vier- oder fünfzellige Akkus verwendet werden.
Bei der maximalen Bohrleistung ist ein 18-Volt-Modell gegenüber einer 10,8-Volt- Variante natürlich im Vorteil, schließlich liefert der Akku rund 60 Prozent mehr Leistung. In der Praxis benötigt man diese Zusatzpower aber nicht sehr häufig. Dafür sind die 10,8-Volt-Maschinen in der Regel deutlich kleiner und handlicher, was an schwer zugänglichen Stellen ein Vorteil ist.
Wer ein besonders kompaktes und leistungsfähiges Gerät sucht, kommt an einem sogenannten bürstenlosen Motor, englisch „brushless“, nicht vorbei. Bei diesen Motoren werden die Spulen nicht über ein mechanisches Kollektor-System und Kohlebürsten mit Strom versorgt, sondern elektronisch angesteuert. Dadurch entstehen weniger Verluste, die Motoren sind kleiner und leichter. Zudem ist oft besseres Magnetmaterial verbaut, wodurch der Wirkungsgrad deutlich steigt. Inzwischen ist die bürstenlose Technik nicht mehr nur den Topmodellen vorbehalten, sondern auch in Bohrschraubern der 10,8-Volt-Klasse zu haben. Diese Maschinchen erreichen Leistungen, die bis vor Kurzem ausschließlich in der 18-Volt-Liga üblich waren.
Mit einem leistungsfähigen Exzenterschleifer lassen sich die meisten Projekte meistern
Das Spektrum der Schleifarbeiten am Schiff reicht von Polieren über feinen Zwischenschliff beim Lackieren und das Einebnen eines Teakdecks bis zu wirklich groben Arbeiten am Unterwasserschiff, wenn es darum geht, den alten Bewuchsschutz zu entfernen oder Epoxidspachtel und Glasfaserlaminat zu glätten.
Für jede dieser Tätigkeiten bietet der Werkzeughandel spezielle Geräte; in der Praxis genügt aber oft ein Exzenterschleifer. Mit ausreichend Leistung und dem passenden Schleifmittel ist der Exzenter quasi die eierlegende Wollmilchsau unter den Schleifern. Bei diesem Maschinentyp bewegt sich der Schleifteller in kleinen Kreisen und rotiert dadurch langsamer, was zu einem sehr gleichmäßigen Schleifbild führt; außerdem ist das Gerät einfach zu führen. Die Bahn der kleinen Kreise wird durch den Hub des Exzenters bestimmt; je geringer der Hub, desto feiner das Schleifbild. Für die üblichen Bootsarbeiten sollten es zirka fünf Millimeter sein.
Wesentlich mehr Abtrag liefern Maschinen, bei denen der Teller aktiv vom Motor in Rotation versetzt wird. Der bekannteste Vertreter mit einem solchen Zwangsantrieb ist die „Rotex“ von Festool, ähnliche Systeme gibt es auch als „Turbo“ von Bosch oder schlicht als „Exzenter/Rotationsschleifer“ von Makita. Die zuschaltbare Drehbewegung ist für den Grobschliff gedacht und ungemein effektiv, macht die Maschinen allerdings auch schwerer. Je nach Angebot kosten die Getriebe-Exzenter etwa 70 Prozent Aufpreis.
Für den Schleifteller sollte eine 150er-Variante gewählt werden. An Deck oder am Unterwasserschiff sind meist größere Flächen zu bearbeiten, dann sorgt der große Teller für schnelleren Arbeitsfortschritt. Außerdem arbeiten Handwerker und Bootsbauer mit 150er-Maschinen, daher ist die Auswahl an Profi-Schleifmitteln für diese Geräte am größten. Diese haben nicht nur eine deutlich länger Standzeit als Heimwerker-Ware aus dem Baumarkt, in 50er- oder 100er-Packungen sind sie auch deutlich günstiger.
Beim Gewicht reicht die Bandbreite von rund einem Kilogramm bis zu 2,6 Kilogramm. Auf horizontalen Flächen spielt das keine Rolle. Im Gegenteil: Die Zusatzmasse hilft beim Schleifen und dämpft Vibrationen. Sobald aber an senkrechten Flächen oder wie am Unterwasserschiff über Kopf gearbeitet werden muss, ist jedes Gramm hinderlich.
Anders als beim Bohren oder Sägen sind Akkugeräte als Hauptschleifmaschine weniger geeignet. Die Motorleistung und der übliche Dauereinsatz erfordern große und damit schwere und teure Energiespeicher. Und in der Regel hängt die Maschine sowieso am Staubsauger-Schlauch.
Ohne Spezialmaschine lässt sich älteres Gelcoat kaum aufarbeiten. Leistung und Laufruhe müssen stimmen
Für das Polieren bieten sich Rotations- oder Exzentermaschinen an. Erstere funktionieren wie ein Winkelschleifer, drehen aber sehr viel langsamer. Sie können sehr starken Abtrag liefern und werden in der Regel von Profis benutzt. Beim Preis gibt es große Unterschiede – bei Laufruhe und Durchzugskraft allerdings auch. Bei Rotationspolierern muss ständig gegen das Drehmoment des Tellers angearbeitet werden. Schlecht geregelte Motoren mit schwankender Drehzahl verstärken den Effekt, das kostet Kraft. Exzenterpolierer funktionieren wie der gleichnamige Schleifer und lassen sich leichter führen. Der Teller der Poliermaschinen bewegt sich mit bis zu 21 Millimeter Hub, das ist deutlich mehr als bei einem Exzenterschleifer. Daher ist auch der Abtrag höher. Trotzdem erreichen die Exzenterpolierer nicht die Polierleistung einer Rotationsmaschine. Die einfachere Handhabung gleicht den erhöhten Zeitaufwand für Privatanwender zum Teil aus.
Ein Sauger mit geeignetem Filtersystem schützt die Gesundheit, hält den Arbeitsplatz rein und verlängert die Standzeit der Schleifmittel
Der Einsatz von Elektrogeräten produziert unweigerlich Schmutz. Bohr- oder Sägespäne lassen sich per Handfeger entsorgen; spätestens aber, wenn geschliffen wird, führt an einer Absaugung kein Weg vorbei. Denn der Staub setzt nicht nur die Schleifmittel zu, er ist auch alles andere als gesundheitsfördernd. Die an vielen Maschinen vorhanden Eigenabsaugungen sind höchstens für kleine und ebene Flächen geeignet. Wesentlich effektiver arbeitet eine externe Abfuhr des Schleifstaubs mittels Sauger. Dabei kommt es auf die Leistungsfähigkeit des Filtersystems an. Bei Profigeräten wird die Staubklasse als L, M oder H angegeben. Sie richtet sich nach dem Prozentsatz des im Filter abgeschiedenen Staubs und welche Stoffe er enthält. Klasse-L-Sauger dürfen höchstens 1 Prozent durchlassen, in der Klasse M darf nur 0,1 Prozent des Staubs den Filter passieren.
Die Grenzwerte sind für Privatanwender nicht verbindlich, sollten aber im Interesse der eigenen Gesundheit beachtet werden. Damit ist mindestens ein Filtersystem der Klasse L nötig. Für das Schleifen von Hölzern wie Buche und Eiche oder Antifouling sollte es die Klasse M sein. Allerdings lohnt ein Blick in die technischen Daten, mitunter fehlt einem Gerät die Einstufung in die höhere Klasse, obwohl die Filtertechnik leistungsfähig genug ist. Eine Abreinigungsfunktion für den Filter ist nur hilfreich, wenn ohne Beutel gearbeitet wird.
Elektrik, Schutzausrüstung, Beleuchtung – Hilfreiches für die Wochenend-Werft
Um sich die Arbeit im Winterlager zu erleichtern, sind Elektrowerkzeuge hilfreich. In den meisten Hallen- oder Freilagern hapert es aber auch an grundlegenden Dingen – wie einer Werkbank mit Spannvorrichtung, ausreichender Beleuchtung oder der Stromversorgung. In der Regel muss mit Verlängerungskabeln gearbeitet werden. Solch fliegende Elektrik ist bei Defekten oder Überlastung im Wortsinn brandgefährlich. Daher nur für die Gesamtleistung aller angeschlossenen Geräte spezifizierte Kabeltrommeln verwenden. Damit es nicht zu einem Wärmestau kommen kann, müssen die Kabel vollständig abgerollt werden. Ein Risiko sind Steckverbindungen. Nach einigen Wintersaisons sind die Kupplungen mitunter korrodiert. Dadurch steigt der Übergangswiderstand, und die Verbindung kann sich stark erwärmen. In diesem Fall muss umgehend Ersatz beschafft werden.
Beim Schleifen, Polieren oder Lackieren ist der Gesundheitsschutz wichtig. Dazu zählt nicht nur eine konsequente Absaugung, sondern auch die persönliche Ausrüstung in Form von Maleranzügen, Atemschutz mit Staub- oder Gasfilter, Schutzbrillen, Gehörschutz und Handschuhen. Während für Lackierarbeiten die Lösungsmittelbeständigkeit an erster Stelle steht, bieten sich für viele andere Tätigkeiten sogenannte Montagehandschuhe an. Die sind nicht wasserdicht, dafür sehr griffig und vermeiden kalte Finger.