Wie schlägt sich das ikonische Kraftpaket im Alltag und vor allem in Deutschland, wo große Autos auf schmale Straßen treffen? Wir haben den F-150 getestet – vom Innenraum-Luxus bis zur Anhängelast am Limit.
Der Ford F-150 ist weltweit der meistverkaufte Pick-up-Truck. Die Geschichte des Erfolgs reicht bis ins Jahr 1925 zurück, als der erste Ford T mit einer Ladefläche als Sonderausstattung vom Band lief. Heute ist der Ford F-150 nicht mehr mit seinem Urmodell zu vergleichen, doch das Konzept eines Fahrzeugs mit großzügigem Laderaum bleibt unverändert. Was damals als robustes Nutzfahrzeug begann, ist heute in den USA ein Symbol für Lebensstil. In Deutschland hingegen ist der F-150 noch eine Seltenheit. Mit etwa 20.000 jährlichen Zulassungen laut ADAC ist der Pick-up hierzulande ein Nischenprodukt im Vergleich zu den Gesamtzulassungen von rund 60,7 Millionen Fahrzeugen. Zum Vergleich: Luxusfahrzeuge wie der BMW 7er oder die Mercedes S-Klasse weisen ähnliche Zulassungszahlen auf.
Die Gründe sind vielfältig. Für die Nutzung in Städten ist der Ford F-150 definitiv zu groß. Die Parkplatzsituation, vor allem in Innenstädten, wird durch die massiven Maße zu einer echten Herausforderung. Parkhäuser bieten meist nicht genug Platz und Supermarktparkplätze sind zu kurz für einen Wagen dieser Größe.
Doch der Pick-up punktet mit einer beeindruckenden Anhängelast von 3500 kg. Wenn man sich auf den Straßen umschaut, sieht man nur wenige Fahrzeuge, die solche Massen ziehen dürfen. Modelle wie der Mercedes GLE, der Land Rover Defender oder der VW Amarok gehören zu dieser exklusiven Gruppe, wenn man maximale Zugkraft benötigt.
Der Testwagen des F-150 misst fast 5,90 Meter in der Länge und ohne Außenspiegel 2,02 Meter in der Breite (mit Außenspiegeln sind es 2,43 Meter). Die Höhe beträgt stolze 1,96 Meter. Zum besseren Vergleich: Ein aktueller VW-Bus T6 ist mit 4,89 Metern Länge und 1,90 Metern Breite deutlich kompakter. Der Ford F-150 Lariat ist rund zwölf Zentimeter breiter und einen Meter länger – eine Dimension, die auch geübten Fahrern Respekt abverlangt.
Das Exterieur des Testwagens ist in einem modernen Dunkelgrau gehalten. Die Lariat-Ausstattung verleiht dem Fahrzeug eine sportliche Note, die sich durch Stoßfänger in Wagenfarbe, einen dynamischen Kühlergrill und einen Chrom-Einzelauspuff zeigt. Die serienmäßigen 20-Zoll-Felgen mit 275/60-Reifen sorgen für einen standfesten Auftritt, der nicht zu übersehen ist. Das Design des F-150 ist trotz seiner Größe überraschend subtil. Understatement trifft hier auf einen kraftvollen Charakter – ein Design, das gleichzeitig klassisch und modern wirkt.
Besonders auffällig sind die um die Ecke gezogenen Rückleuchten, die nicht nur ein markantes optisches Merkmal sind, sondern auch die Fahrzeuglänge im Dunkeln gut sichtbar machen. Praktisch ist außerdem die nach unten gezogene Linie der Fenster an den vorderen Türen, die dafür sorgt, dass die Außenspiegel weiter unten hängen und somit die Sicht beim Abbiegen und Manövrieren verbessern.
Im Innenraum des Ford F-150 Lariat erwartet den Fahrer moderne Technik und jede Menge Platz. Ein 12-Zoll-Touchscreen bildet das Zentrum der Bedienung. Zahlreiche Knöpfe und Schalter mit verschiedenen Funktionen bieten zusätzliche Steuerung. Das digitale Tacho und das Head-Up-Display vermitteln ein Gefühl von Hightech. Natürlich merkt man aber auch im Innenraum die Breite. Selten sitzt man so weit von dem Beifahrersitz entfernt. Getrennt sind die zwei Sitze mit einer durchgehenden Armlehne. Bei Bedarf kann sie mit einfachen Handgriffen zu einem Tisch fürs kurze Car-Office oder für die Pause zwischendurch umgebaut werden. Der Gang-Wahlhebel lässt sich dafür abklappen. Das Platzangebot ist dementsprechend gigantisch. Auch im Fond der Passagiere findet sich mehr als ausreichend Platz.
Die Ladefläche umfasst 1.495 Liter – eine beeindruckende Größe, die mit dem Kofferraum eines Audi A4 (mit umgeklappten Rücksitzen) vergleichbar ist. Sie ist mit einer kratzfesten Beschichtung versehen. Praktische Zusatzfeatures wie eine Trittstufe mit Haltegriff in der Heckklappe, die einfach herausgezogen werden kann, machen das Be- und Entladen des Pick-ups einfacher. Für Handwerker gibt es zudem Klappen, in denen Schraubzwingen befestigt werden können. Die Heckklappe schließt sich auf leichte Berührung automatisch.
In Hinblick auf Komfort bietet der Ford F-150 auch viele Annehmlichkeiten. Die beiden vorderen Sitze sind elektrisch verstellbar, beheizbar und kühlbar. Für zusätzliche Helligkeit sorgt das Panoramadach, das den Innenraum mit Licht durchflutet. Wer Musik liebt, wird die B&O-Soundanlage mit 18 Lautsprechern schätzen, die für erstklassigen Klang sorgt. Musik lässt sich ganz einfach via Apple CarPlay oder Android Auto kabellos vom Handy streamen.
Angetrieben wird unser Testwagen von einem 5-Liter-V8-Motor, der 406 PS und 555 Nm Drehmoment liefert. Dieser Motor ist eine wahre Kraftmaschine, die mit einem 10-Gang-Automatikgetriebe zusammenarbeitet. Das Besondere: Bei gemütlicher Fahrweise oder wenn die volle Leistung nicht benötigt wird, schalten sich zwei Zylinder automatisch ab, was den Kraftstoffverbrauch senkt.
Die Höchstgeschwindigkeit des F-150 liegt bei rund 170 km/h. Im Test waren wir von der Fahrdynamik überrascht: Trotz seiner Größe fährt sich der Ford F-150 fast wie ein normaler Mittelklassewagen. Das Fahrwerk ist gut abgestimmt – nicht zu weich und nicht zu hart. Abgesehen von der Größe und der Tatsache, dass man als Fahrer über die Dächer der meisten anderen Fahrzeuge hinwegsehen kann, fühlt sich der F-150 auf der Straße eher kompakt an. Das Fahrgeräusch ist bei höheren Geschwindigkeiten durchaus präsent, aber nicht störender als bei einem normalen Auto. Bei konstant 130 km/h über die Autobahn bietet der F-150 überraschend viel Ruhe im Innenraum.
Die Assistenzsysteme des F-150 sind ebenso beeindruckend. Der Spurhalteassistent, die Totwinkelerkennung und der Abstandstempomat gehören zur Serienausstattung und unterstützen den Fahrer zuverlässig. Auch das autonome Fahren ist im begrenzten Rahmen möglich. Die Voll-LED-Scheinwerfer mit dynamischem Kurvenlicht sorgen nachts für eine ausgezeichnete Ausleuchtung der Straße. Für zusätzliche Beleuchtung rund ums Fahrzeug können bei Bedarf Arbeitsscheinwerfer zugeschaltet werden, die zum Beispiel an den Spiegeln oder der Ladefläche angebracht sind.
Wie es sich für Wassersportler gehört, mussten wir natürlich auch ein Boot dahinter hängen. Und was passt besser zu einem V8-Motor? Genau der Gewinner des European Powerboat of the Year 2024 in der Kategorie Electric, die X-Shore 1. Freundlicherweise konnten wir uns das Boot samt Trailer von der Mittelmanns Werft in Kappeln ausleihen.
Das Boot wiegt 1.700 kg, mit dem dazugehörigen Trailer sind es um die 2.450 kg. Das Gewicht hat den Pick-Up nicht gestört. Selbst beim Anfahren am Berg oder beim Bergauffahren mit konstanter Geschwindigkeit kam er nicht ansatzweise an seine Grenzen. Vielleicht wurde mal ein Gang zurückgeschaltet, aber keinesfalls mehrere. Wir schildern unsere Eindrücke Tim Heidt, der für den Verkauf des F-150 in Europa zuständig ist. Er lacht: „In den USA darf der Wagen knapp sechs Tonnen ziehen, da machen ihm über 3,5 Tonnen weniger nichts aus.“
Der „Pro Trailer Assist“ erleichtert das Rangieren mit einem Anhänger enorm. Mithilfe von Kameras, Sensoren und einem speziellen Drehregler im Armaturenbrett übernimmt das System die Lenkung des Fahrzeugs, sodass der Fahrer nur noch Gas und Bremse kontrollieren muss. Vorab werden die Maße und Konfigurationen des Anhängers im System gespeichert, was besonders bei engen Manövern hilfreich ist.
Der Verbrauch des F-150 Lariat liegt laut Ford bei 14,4 Litern pro 100 Kilometer. In unserem Langzeittest kamen wir jedoch mit moderater Fahrweise auf nur 12,2 Liter. Beim Ziehen des Anhängers stieg der Verbrauch auf etwa 15 Liter pro 100 km, was angesichts des Gewichts von rund 4,5 Tonnen ein akzeptabler Wert ist.
Für diejenigen, die auf Elektromobilität setzen, bietet Ford auch eine Lightning-Version des F-150 an, die mit über 1000 Nm Drehmoment aufwartet – allerdings nur in den USA erhältlich. In Deutschland müsste das Modell importiert werden.