TestPrestige 680 Fly - Französische Flybridge-Yacht

Peter Laessig

 · 08.03.2018

Test: Prestige 680 Fly - Französische Flybridge-YachtFoto: Morten Strauch
Test Prestige 680 Fly

Prestige 680 Fly: Ein Boot mit inneren Werten – IPS-Antriebe helfen, die selbst gesteckten Ziele zu verwirklichen

Prestige steht, wie der Name schon andeutet, für Boote mit dem Anspruch, etwas Besonderes zu sein –und das seit über 20 Jahren erfolgreich. Man tritt weltweit als eigenständige Mar­ke auf, logiert aber unter dem Dach von Jeanneau, die wiederum zur Beneteau-Grup­pe gehört, einem international füh­renden Motor- und Segelboothersteller.

Zeitlos und zeitgemäss

Unser Testboot 680 Fly, von dem noch eine sportliche Flybridge-Version 680 S angeboten wird, gehört zur Yacht-Divi­sion, einer der drei momentan exis­tie­ren­den Modellreihen; daneben gibt es noch die Flybridge- und die Coupé-Linie.

Prestige 680 Fly: Eignerkabine
Foto: Morten Strauch

Prestige verzichtet außen auf spektakuläre Akzente und gibt sich – ganz zeitgemäß – zeitlos-gediegen. Dafür haben sich die Designer auf das Innere konzentriert und mit intelligent umgesetzten Ideen und wer­tigem Material eine behagliche und harmonische Atmosphäre geschaffen.

Ein geräumiges Bad mit WC und Dusche, begehbarer Kleiderschrank, Couch und Schminktisch sind State of the Art

Der­lei Räumlichkeiten hätte man von außen nicht vermutet. So ist die Bugkabine, die bei den Mitbewerbern eher den VIP-Gästen zur Verfügung steht, allein dem Eigner vorbehalten. Prestige ordnet diese Kabine im Vorschiff überaus geschickt an; dank üppiger Platzverhältnisse und sehr viel natürlichem Licht läuft sie den üblicherweise im Mittschiff angesiedelten Eignerkabinen den Rang ab.

Ein geräumiges Bad mit WC und Dusche, begehbarer Kleiderschrank, Couch und Schminktisch sind State of the Art. Hinzu kommt, dass die Eignerkabine über einen eigenen Zugang vom Salon verfügt und damit komplett von den anderen drei Gästekabinen unter dem Salon, die ebenfalls separat zugänglich sind, abgekoppelt ist. Zwei dieser Unterdeck-Kabinen sind mit eigenem Bad ausgestattet, eines fungiert als Tagesbad.

Salon und Cockpit liegen auf einer Ebene und werden durch eine große, verschiebbare Glasfront getrennt.

Wenn diese offen steht, blickt man fast ungehindert durch das ganze Boot in die Ferne. Da hängt man gern am Eingang an der Pantry-Bar seinen Gedanken nach, oder man begibt sich auf die Flybridge, um dort zu entspannen. Anders gesagt: Wohlfühlen auf allen Ebenen.

Bislang konnten Boote dieser Größe nur mit Wellenantrieben ausgestattet werden, was mitunter die Handhabung für Selbstfahrer erschwerte. Denn mit diesem Antriebssystem kann man in langsamer Fahrt nur bedingt mithilfe von Bug- und Heck­strahlruder sowie entgegengesetzt eingekuppelten Getrieben in fast jede Richtung manövrieren.

Da Volvo Penta mittlerweile aber eine stärkere IPS-Version auf den Markt gebracht hat, ist es nun möglich, auch große und drehmomentstarke Dieselmotoren mit Podantrieben auszurüsten.

Und mit denen lässt sich eben jedes Motorboot in langsamer Fahrt via Joystick in wirklich jede Richtung manövrieren und fahren. So kann auch ein Boot wie die Prestige 680 von nicht professionellen Skippern überallhin gelotst werden – weiteres Personal ist da fast überflüssig.

Wer dennoch nicht darauf verzichten will, hat immer noch die Möglichkeit, einen Skipper plus Gehilfen zu engagieren, und kann beide in der Crewkabine am Heck unterbringen. Ansonsten steht diese entweder für weitere Gäste oder nur als großer Stauraum zur Verfügung.

Von besagter Kabine führt eine Schotttür direkt in den begehbaren Motorraum. Zur Not kommt man noch von oben durch eine Cockpitbodenluke mithilfe einer Leiter hinein. Sämtliche Technik darin ist für die tägliche Kon­trolle oder den Service gut zugänglich.

An den technischen und elektrischen Installa­tionen gibt es fast nichts zu mäkeln. Einziger Kritikpunkt: Die beiden Kraftstoffvorfilter ergeben ohne Wasseralarmsensoren keinen Sinn, aber wie die Werft versicherte, sollen sie in Zukunft damit ausgestattet werden.

Hektik steht bei Booten mit IPS-Antrieben systembedingt nicht auf dem Programm. Bei allen in schneller Gleitfahrt absolvierten Fahrmanövern gibt es nichts Extremes zu verzeichnen. Insbesondere Kurven fallen weitläufig aus; wer in einem engeren Radius herumwill, muss einfach nur Gas wegnehmen.

Das verhält sich auch bei unserem Testboot nicht anders. Darum ist Fahren mit der Prestige 680 unspektakulär, aber im Detail bemerkenswert. Denn bei Booten dieser Größe spricht man in der Regel eher von Halbgleitern als von Gleitern und siedelt die Marschfahrt zumeist im Bereich von etwa 85 % der Maximalleistung an. Auch Prestige nennt 25 kn als Marschfahrt.

Aber spätestens nach Auswertung unserer Messdaten ergibt sich ein anderes Bild.

Bereits während der Testfahrt stellen wir fest, dass die Prestige 680 vom Fahrverhalten eher einem Gleiter entspricht und es einen echten Verdränger- und Gleitfahrtbereich gibt. Der Übergang liegt beim Testboot bei 1400 U/min oder einer Geschwindigkeit von knapp über 10 kn.

Nur 200 U/min darüber, bei 16 kn, existiert ein Verbrauchs­minimum; hier beträgt die theoretische Reichweite mit einer Tankfüllung etwas über 350 sm plus 15 % Reserve. Damit verfehlt das Testboot knapp unsere Mindestreichweitenforderung von 380 sm in schneller Gleitfahrt.

Bei den von der Werft ange­gebenen 25 kn müsste man sich schon nach 300 sm nach einer Bunkerstation umschauen, wenn die Reserve erhalten bleiben soll – bei Höchstgeschwindigkeit (30 kn) sogar bereits nach 270 sm.

Wer Strecke machen muss, fährt deshalb bei 6 kn als Verdränger, dann sind ungefähr 1730 sm plus Reserve drin. Zum Rauwasserverhalten können wir keine Angaben machen: Auf dem Markermeer in den Niederlanden gab es keine Wellen außer den vom Boot verursachten – als wir diese über­fuhren, vermittelte uns der Rumpf jedoch, dass er auch mehr kann.

Moderne Zeiten heißt auch modernes Equipment an den beiden Fahrständen, wo große Touchscreen-Monitore dominieren.

Auf ihnen lässt sich so ziemlich alles abbilden, was man über die Vorgänge im und auf dem Boot und von den beiden Motoren wissen will und muss. Beide Fahrstände sind klar strukturiert, ihre Bedienung gibt keinerlei Rätsel auf. Oben wie unten sitzen Skipper und Co auf Doppelbänken und behalten stets die Kontrolle.

Fazit:
Schon beim Betreten der Prestige 680 beginnt man sich wohlzufühlen. Perfektes Raumangebot allenthalben, wertige Materialien und hoher Verarbeitungsstandard garantieren dem Boot einen Spitzenplatz – erst recht, weil man es mit der Familie noch selbst fahren könnte.

Datenblatt: Prestige 680 Fly