Andreas Scharbatke
· 16.01.2023
Kann der Winterlager-Betreiber die Haftung für Schäden an eingelagerten Booten ausschließen? Hängt davon ab, was im Vertrag steht – nicht, wie der betitelt ist
Der eine oder andere Leser wird sich bereits Gedanken gemacht haben, wie wohl die Rechtslage aussähe, wenn sein Schiff im Winterlager beschädigt würde. Wer, von wem, weshalb – Sie kennen das! Der Grübelnde wird dabei vielleicht an den Inhalt des bereits mit einem Winterlagerbetreiber geschlossenen Vertrags denken, der möglicherweise mit dem Wort „Mietvertrag“ überschrieben ist. Da der Yachteigner in der Regel keine Möglichkeit hat, sein Schiff auf seinem Privatgrundstück zu überwintern, muss er sich dazu eben fremder Unterstützung bedienen.
Yachten werden aber nicht wie Scotty in das Raumschiff Enterprise perfekt sauber in die Winterlagerhalle „gebeamt“, vielmehr gehen dem Abstellen des Schiffs auf einem Trailer oder einem Lagerbock auf seinem Lagerplatz zahlreiche Arbeiten voraus. Zunächst wird es mit einem Trailer geslippt oder mit dem Kran aus dem Wasser gehoben und an Land verbracht. Der Rumpf wird im Unterwasserbereich gereinigt, Anbauten werden abgeschraubt, Wartungsarbeiten vorgenommen. Wahrscheinlich sind dann auf dem Weg zum Abstellort noch einige Meter zu überwinden. Auf dem Lagerplatz oder in der Halle angekommen, wird rangiert und das Schiff zwischen seinen „Kolleginnen“ positioniert. Und im Frühjahr geht es dann wieder retour. Man mag gar nicht darüber nachdenken, was bei allen diesen Vorgängen passieren kann. Doch wer haftet eigentlich, wenn es dabei zu Schäden am Boot kommt?
Die Anbieter von Winterlager-Dienstleistungen kennen das Schadenrisiko, verfügen in der Regel über eine Betriebshaftpflichtversicherung und sind dennoch meistens sehr bemüht, das Haftungsrisiko weitestgehend von sich auf den Yachteigner abzuwälzen. Doch dafür gibt es Grenzen.
Zunächst einmal gilt der Grundsatz, dass es nicht darauf ankommt, wie der Vertrag genannt wird, sondern was unterhalb der Überschrift steht, also vereinbart wird. Die Lateiner unter uns nennen dies „falsa demonstratio non nocet“ („Eine unrichtige Bezeichnung schadet nicht“). Lässt sich also dem Vertragsinhalt unterhalb der Überschrift entnehmen, dass der Winterlagerbetreiber die Yacht in seine Obhut nimmt, wird er im Streitfall nicht mit dem Argument überzeugen können, dass er dem Geschädigten „nur“ eine Fläche für das Abstellen seiner Yacht vermietet hat.
Lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Entscheidungsbegründung zum Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom 22.08.2022, Aktenzeichen 16 U 114/21, zu finden im Internet beispielsweise unter https://openjur.de/u/2450731.html. In dem dort entschiedenen Fall gelang es dem verklagten Winterlagerbetreiber nicht, sich auf die für ihn haftungsrechtlich günstigere Position des Vermieters zurückzuziehen. Die in dem Vertrag vereinbarten Nebenleistungen sprachen vielmehr für die Annahme einer Einlagerungsvereinbarung, für die der Gesetzgeber in § 467 des Handelsgesetzbuchs sogar eine spezielle Regelung parat hält. Nach dem Absatz eins dieser Vorschrift wird der gewerbliche Lagerhalter durch den Lagervertrag verpflichtet, das Gut – gut hoffentlich! – zu lagern und aufzubewahren.
Und haftungsrechtlich? Nun, grundsätzlich – einige sagen „eigentlich“ – haftet derjenige, der eine vertraglich übernommene Pflicht verletzt, gegenüber dem Geschädigten für Fahrlässigkeit und Vorsatz. Ausnahmen können sich aus Haftungsausschlussklauseln ergeben, die regelmäßig in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Winterlagerbetreibers zu finden sind, allerdings vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung sehr kritisch betrachtet werden. Beispielsweise können Klauseln, die die unangemessene Begrenzung oder gar den Ausschluss der Haftung für vertraglich übernommene Hauptleistungspflichten vorsehen, unwirksam sein. Der Eigner darf erwarten, dass der Lagerhalter mit dem eingelagerten Gut mit der gebotenen Sorgfalt umgeht.
Sie werden jetzt sagen, das ist etwas für Juristen. Stimmt!
Wollen wir alle hoffen, dass alles gut geht und unser Schiff nicht nur die Saison, sondern auch das Winterlager stets wohlbehalten übersteht!