Am Bodensee zeigt sich der Frühling bisher von seiner freundlichen und sonnigen Seite. Doch am „Schwäbischen Meer“ ist die Freude darüber getrübt. Die anhaltende Trockenheit und die hohe Anzahl an Sonnenstunden haben dem Wasserstand am Bodensee in den letzten Wochen arg zugesetzt. Der Wasserpegel in Konstanz liegt aktuell bei nur 2,75 Metern – ein alarmierend niedriger Wert für diese Jahreszeit. Dies entspricht 15 Zentimetern unter dem langjährigen Mittelwert und sogar 61 Zentimetern weniger als im Vorjahr 2024. Die Wetter- und Klimaexperten warnen: Der Pegel nähere sich jetzt bereits dem absoluten Minimalwert.
Auch versprechen die Prognosen für die kommenden Tage keine nachhaltige Besserung. Eine lang anhaltende Regenperiode mit viel Niederschlag ist laut den Meteorologen nicht absehbar. Dazu kommt, dass in den Bergen wenig und vor allem im Einzugsgebiet des Rheins kaum noch Schnee liegt. Die zu hohen Temperaturen im März haben dafür gesorgt, dass viel Schnee ganz einfach verdunstet ist. Die Schneeschmelze wird nach Expertenmeinung dieses Jahr also deutlich geringer ausfallen als in den letzten Jahren. Das heißt: Die Hoffnung auf eine baldige Entspannung der Lage am Bodensee schwindet zusehends.
Betroffen sind die Wassersportler am Bodensee und insbesondere die Segler, die wegen ihrer Tiefgänge ihre Heimathäfen nicht anlaufen können und deshalb mit dem Einwassern ihrer Boote zuwarten müssen. Das wiederum belastet viele Werftbetriebe am Bodensee, weil sie ihren ohnehin dicht gepackten Zeitplan für das Einwassern im Frühjahr nicht einhalten können. Wie lange die Situation noch anhält - das steht in den Sternen.
Neben dem niedrigen Wasserstand bereitet am Bodensee ein weiteres Problem Kopfzerbrechen: die jährliche Durchmischung des Wassers bleibt aus. Das Institut für Seenforschung in Langenargen geht davon aus, dass sich der See auch in diesem Jahr nicht vollständig umwälzen wird. Messungen Anfang März zeigen, dass die Wassertemperatur bis in 100 Meter Tiefe etwa 5,8 Grad betrug, während sie in 250 Metern Tiefe nur minimal kälter bei 5,6 Grad lag. Dieser geringe Temperaturunterschied reicht offenbar nicht aus, um eine vertikale Zirkulation in Gang zu setzen.
Die ausbleibende Durchmischung hat weitreichende Konsequenzen für das Ökosystem des Bodensees. Diese Prozesse seien wichtig für die Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers, erklären die Experten. Ohne die vertikale Zirkulation werden die Sauerstoffvorräte in den tieferen Wasserschichten langsam aufgebraucht. Dies hätte fatale Folgen für die Lebewesen am Seeboden haben. Besonders betroffen ist der eher flache Untersee, der empfindlicher auf Temperaturveränderungen reagiert. Langfristig könnte ein Fischsterben aufgrund von Sauerstoffmangel drohen.
Der Bodensee enthält durchschnittlich 50 Milliarden Kubikmeter Wasser. Das entspricht etwa dem 20-fachen des jährlichen Trinkwasserverbrauchs in ganz Deutschland. Damit ist der Bodensee einer der größten natürlichen Wasserspeicher in Europa. Und: Der Bodensee ist eines der wenigen Binnengewässer in Europa mit einem freien Zu- und Ablauf. Das heißt: Der Wasserstand kann nicht reguliert werden.
Durch ein weit verzweigtes Versorgungsnetz beziehen rund fünf Millionen Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihr Trinkwasser direkt aus dem Bodensee. Jährlich werden dem See auf diese weise rund 175 Millionen Kubikmeter Wasser entzogen. Der Bodensee hat eine Fläche von etwa 570 Quadratkilometer. Das heißt: Damit der Pegel in Konstanz um einen Zentimeter steigt, sind 5,7 Millionen Kubikmeter Wasser nötig. Das entspricht einem Volumen von ungefähr 2.200 olympischen Schwimmbecken.