Griechenland12 Besonderheiten, die Bootsfahrer über das Revier wissen sollten

Andreas Fritsch

 · 05.01.2025

Vertörnte Anker im Hafen, weil mit Buganker statt Muring angelegt wird. Hier ist die Insel Sifnos im Hintergrund zu sehen
Foto: BOOTE/Leonie Meyer
Wer in Griechenland mit dem Boot unterwegs ist, trifft auf manche Besonderheit, die man anderswo im Mittelmeer so nicht kennt. Tipps, wie man sich darauf einstellt

1. Buganker statt Muring

Umdenken müssen Crews, die Mittelmeerhäfen mit Muringleinen kennen, wie in Spanien, Italien oder Kroatien meist üblich. Viele der griechischen Anleger sind einfache Kommunalhäfen, in denen man zwar mit dem Heck zur Pier liegt, doch den Bug hält der eigene Anker, der im Hafen geworfen wird und auch sitzen muss. Das ist für viele Revierneulinge ungewohnt und erfordert mangels ausreichend Platz vor allem bei Seitenwind ein möglichst glattes Manöver. Dazu gehört, so viel Kette wie möglich zu legen und das Eisen auch so gut es geht vorsichtig einzufahren.

Am einfachsten geht das so: Ankermanöver fahren, Heckleinen übergeben. Boot wieder ein paar Meter mit Heckleinen auf Slip vorrutschen lassen. Dann den Anker über die Winsch dichtholen, bis die Kette gespannt ist. Anschließend das Heck mit Motor an die Pier ziehen. Muss man zu stark ziehen, Kette nachgeben. Slippt die Kette trotz Nachsetzen, Manöver neu fahren. Am nächsten Morgen kann es dann durchaus zu „Ankersalat“ kommen, wie es umgangssprachlich heißt: Man selbst oder andere Crews haben versehentlich den Anker über das Geschirr des Nachbarn gelegt. Beim Aufholen vertörnen sich Nachbarkette und eigener Anker dann manchmal. Zum Lösen: Zunächst die Ruhe bewahren, meist vertreibt das Boot kaum, wenn es noch an einer fremden Kette hängt. Die Kette des anderen Bootes so weit aufholen, dass man ein Tau darunter durchziehen und belegen kann. Dann die eigene Kette entlasten, die dadurch freikommt. Anker klarieren und dabei zügig die fremde Kette fallen lassen, damit der Anker des Nachbarn nicht ausbricht.

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2. Service-Unterschiede

Griechische Marinas haben in etwa dasselbe Service-Niveau wie andere Mittelmeer-Marinas. Bei den Kommunalhäfen ist das anders. Auf helfende Marineros wartet man dort meist vergebens, und leider haben die Häfen oft keine Sanitäranlagen. Aber die Griechen haben sich darauf eingestellt: Meist gibt es nahe den Liegeplätzen Schilder an Privathäusern, Restaurants oder Hotels, die darauf hinweisen, dass es dort gegen Gebühr Duschen gibt. Die sind oft sehr gepflegt und kosten meistens zwei bis vier Euro. Ansonsten nutzen Crews die Toiletten von Cafés und Restaurants, die häufig direkt vor den Liegeplätzen sind und in denen man sowieso irgendwann bei einem Bier oder Morgenkaffee sitzt. Alternativ die Fäkalientanks der Charteryachten nutzen, die man später auf hoher See entleeren kann.


3. Tankwagen

Da vor allem kleine, abgelegene Häfen nicht immer Strom und Wasseranschlüsse haben, gibt es mancherorts noch eine Versorgung via Tankwagen, besonders auf Inseln mit Wassermangel, etwa in den Kykladen oder im Dodekanes. Die bringen Wasser oder auch Diesel zum Boot. Entweder kommen die Dienstleister morgens und abends an den Häfen vorbei, oder aber es hängen Info-Schilder aus.


4. Preisvorteile

Griechenland ist das günstigste Revier Europas. Oft kostet eine 40-Fuß-Yacht nur ein paar Euro Liegegeld. Sind Strom und Wasser (oft via Verbrauchskarte) vorhanden, was mittlerweile häufig der Fall ist, kann es auch mal um die 15 bis 20 Euro kosten. Kein Vergleich zu vielen Häfen in Kroatien oder auf den Balearen, wo schnell 60 bis 80 Euro fällig werden. Meist kommt ein Kassierer abends oder morgens herum, seltener gibt es ein Hafenbüro. Griechische Marinas sind teurer, liegen etwa auf mittlerem Kroatien-Niveau. Restaurants sind deutlich günstiger, oft 30, 40 Prozent unter kroatischem Niveau.


5. Papierkram

Streng genommen gibt es in Griechenland eine Vorschrift, die verlangt, dass jeder Skipper einen Co-Skipper benennt. Der braucht entweder irgendeinen Schein oder aber einen Erfahrungsnachweis, der belegt, dass er das Boot ohne Skipper sicher in einen Hafen bekommen würde. Früher wurde der zweite Schein häufiger verlangt. Doch seit ein paar Jahren ist das selten geworden. Für Eigner wichtig: Wer das erste Mal nach Griechenland segelt, benötigt bei Einreise das eTEPAI, eine Erlaubnis zum Befahren der griechischen Gewässer. Sie ist nach Bootsgröße und Aufenthaltsdauer gestaffelt, für ein 10 bis 12 Meter langes Schiff sind es 33 Euro/Monat. Weitere Informationen unter: aade.gr.


6. Meltemi

Der sehr stabile Sommerwind, der sich ab Juni aufbaut, im Juli und August seine größte Stärke erreicht und im September, Oktober langsam abnimmt, ist nicht zu unterschätzen. Unerfahrene Crews sollten in der Meltemi-Hochphase die Ägäis meiden. Im Sommer weht er im Mittel mit 4 bis 6 Beaufort, er kann aber auch mit 7 bis 8 Beaufort einige Tage durchstehen. Er weht in einem Halbbogen durch die Ägäis, je nach Revier kommt er aus Nordost bis Nordwest. Ab dem Morgen legt er langsam zu, nachmittags bis in den frühen Abend erreicht er seine größte Stärke. Daumenregel: Wer gegen den Meltemi zur Basis zurück kreuzen muss, plane zwei Drittel der Charterzeit für den Rückweg ein. Das Ionische Meer liegt außerhalb des Meltemi, es ist dort daher deutlich ruhiger.


7. Fallwinde & Co

Vor allem in der Ägäis, aber auch zwischen einigen Inseln im Ionischen Meer werden die vorherrschenden Winde regional durch Fallwinde, Kapp- oder Düseneffekte erheblich verstärkt. Berühmte Winddüsen sind etwa der Kanal zwischen Kefalonia und Ithaka im Ionischen Meer oder der zwischen Paros und Naxos in der Ägäis. Im Meltemi können schnell mal aus einer 5 im Mittel eine 7 bis 8 oder mehr werden. Darum die Topografie der Inseln im Auge behalten und auf entsprechende Hinweise in Karten und Revierhandbüchern achten – und vor der Düse reffen!


8. Navigation & Seemannschaft

In vielen Revieren Griechenlands ist die Navigation einfach, da der Meeresgrund steil abfällt. Wer in Ägäis oder Ionischem Meer Boot fährt, muss sich nicht wundern, wenn das Echolot schon bald nach dem Auslaufen keine Tiefe mehr findet. Entsprechend spärlich sind Betonnung und Seezeichen. Allerdings sind die wenigen Untiefen dann auch nicht immer gut markiert. Wer sich der Küste nähert, etwa bei der Hafen- oder Ankerplatz-Ansteuerung, muss entsprechend auf die Karten achten.


9. Gastronomie

Die griechische Küche ist besser als ihr Ruf, besonders in der Ägäis auf den Inseln der Kykladen und in Teilen des Dodekanes. Die Auswahl ist groß. Was Revierneulinge aber nicht erwarten dürfen, sind riesige gemischte Fleischplatten im Stil deutscher „Sokrates- Teller“. Wer einen Mixed-Grill-Teller auf der Karte findet, ist ziemlich sicher in einem Touri-Schuppen gelandet. Auf einen kostenlosen Ouzo hinterher kann man auch lange warten, der ist in Griechenland unüblich. Eher gibt es einen kleinen Gratis-Nachtisch: etwas Obst, Joghurt mit Honig oder Kuchen.

Tipp: mehrere Vorspeisen kombinieren, dazu unterschiedliche Hauptspeisen, und auch die teilen. So speisen auch viele Griechen. Sehr gut ist das griechische Gebäck, etwa die mächtige Bougatsa, ein Blätterteig-Vanille-Traum. Herzhafte Varianten sind Spanakopita, meist mit Schafskäse oder Spinat gefüllt. Sie sind ideal für den Mittags-Snack unterwegs.

Tipp für den Abend: Stifado, ein Schmorgericht mit Rind-, Lamm oder Ziegenfleisch, mit Zwiebeln und Tomatensoße, in der oft Zimt und Nelken sind. In der Ägäis mit Feta und Paprika gefüllte Calamari vom Grill – ein Gedicht. Die griechischen Weine sind nicht berühmt, aber es gibt Ausnahmen: Assyirtiko von der Insel Santorin ist exzellent, aber relativ teuer. Wer auf Wein der kleinen, feinen Lipsi-Winery stößt, sollte ihn probieren. Für eine Weinprobe anmelden unter www.sigalas-wine.com oder www.lipsiwinery.com.


10. Chartern

Kleine, offene Sportboote für Tagesausflüge oder zum Angeln gibt es vierlerorts lokal zu mieten. Bei regulärer Wochencharter mit größeren Yachten sieht das schon anders aus. Über die größte Motorcharterflotte in Griechenland verfügt The Moorings. Angeboten werden Motorkatamarane verschiedener Größen, zwei Stützpunkte stehen zur Auswahl: zum einen die Marina Gouvia auf Korfu (Törnrevier sind die Ionischen Inseln), zum anderen die Marina Zea in Piräus nahe der Hauptstadt Athen (Törnrevier ist der Saronische Golf). Informationen: The Moorings, Theodor-Heuss-Str. 53–63, Eingang B, 61118 Bad Vilbel, Tel. 6101-55 79 15 30. www.moorings.de


11. Nautische Literatur

Charterführer „Ionisches Meer. Korfu - Zakynthos“ von Andreas Fritsch. 236 S., 150 Fotos und Abbildungen, Format: 12,3 cm, broschiert. Kompakt und übersichtlich; 26,90 Euro. ISBN 978-3-667-11513-3. www.delius-klasing.de

Hafenhandbuch „Hafenguide Griechenland 1“ von Per Hotvedt. Mit Plänen und Luftaufnahmen, 264 S., 304 Fotos und Abbildungen, Format: 25,5 x 33,5 cm, spiralgeb.; 69,90 Euro. ISBN 978-3-667-10166-2. www.delius-klasing.de


12. Wetter & Karten

Sehr gute Wetterdaten liefert der nationale Wetterdienst unter www.poseidon.hcmr.gr oder via Android-App. Eine Apple-Version gibt es nicht. Die besten Seekarten für das Revier gibt es vom griechischen Sportbootkarten-Verlag Eagle Ray. Sie sind sehr aktuell und enthalten enorm viele Details, Hafenpläne und Zusatz-Infos. Bezug via www.hansenautic.de.


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