Christian Tiedt
· 15.05.2023
Der Norden Großbritanniens hat Skippern mehr zu bieten als seine sturmumtoste Atlantikküste: Entlang der Nordsee locken perfekte Strände, spannende Städte und gemütliche Häfen – im Windschatten der Highlands sozusagen
Nichts prägt das Bild Schottlands stärker, als die wilde Weite der Highlands. Die Westküste mit ihren vorgelagerten Inselgruppen der Inneren und Äußeren Hebriden ist ein Teil davon – und gleichzeitig eines der anspruchsvollsten Reviere Europas. Ein Sehnsuchtsziel? Für Abenteuerlustige sicherlich. Und dennoch bleiben seine Gewässer selbst für die meisten dieser Skipper unnahbar. Dabei hat Schottland auch eine andere Seite, die zwar nicht ganz so spektakulär sein mag, dafür aber wesentlich freundlicher: Als Reisedestination ist die Nordseeküste zwischen Edinburgh im Süden und dem Moray Firth mit Inverness im Norden hierzulande kaum bekannt. Dabei hat diese „Ecke“ Großbritanniens nicht nur jede Menge unterschiedlicher Etappenziele zu bieten – von entspannten Urlaubsorten wie Lossiemouth bis hin zur überraschend bunten und jungen Hafenmetropole Aberdeen –, sondern liegt auch noch viel näher. Und ganz nebenbei: In Inverness angekommen, hat man auch die Highlands direkt vor dem Bug ...
Die Legende besagt, dass unter den drei Felstürmen am Strand von Cullen Bay drei Könige bestattet sind – daher ihr Name: Three Kings. Der kleine Fischerort im Osten der Bucht liegt zum Teil auf den Klippen der Steilküste, zum Teil direkt am Hafen, der jedoch fast vollständig trockenfällt. Wer die Könige besuchen möchte, findet im benachbarten Buckie bessere Gastliegeplätze und Service. Anmeldung beim Hafenamt (harbour office) über UKW-Funk (Kanal 16, Arbeitskanal 12) und Telefon (Tel. +44-1542-83 17 00). www.moray.gov.uk > Roads and Transport > Harbours
Tourismus und Fischerei verbindet man hier sehr schmackhaft – von Fish & Chips bis zum lokalen Arbroath smokey. Das Rezept für diesen geräucherten Kabeljau soll entstanden sein, als ein Lager voller Fisch Feuer fing und gerade noch gelöscht werden konnte ... Probieren kann man im Harbourside Grill (www.harboursidegrill.co.uk). Zu den Sehenswürdigkeiten gehören die imposante Ruine der mittelalterlichen Benediktinerabtei und die alte Signalstation für den Leuchtturm von Bell Rock vor der Küste. Gute Liegeplätze an Schwimmstegen im Innenhafen mit Schleusentor (Anmeldung: UKW 16/11, Tel. +44-1241-87 21 66). www.angus.gov.uk > Visitors and Tourism
Die schönste Aussicht über die Bucht von Banff hat man vom Castle. Auf einem Hügel gelegen, ist es zwar heute nicht mehr als ein prächtiges Haus, dafür aber von Park umgeben. Hier serviert das Kelpie Café Scones und Tee zum Panorama, das über die Mündung des Flusses Deveron bis zum Nachbarort Macduff reicht. Wer Schottland übrigens durch den Kinofilm „Local Hero“ (1983) lieben lernte, kann das zehn Kilometer entfernte Fischerörtchen Pennan besuchen. Dort entstanden die meisten Außenaufnahmen. Gastlieger kommen in der gut geschützten Banff Harbour Marina unter. (Anmeldung: UKW 12, Tel. +44-1261-81 55 44). banffmarina.com
Herrlicher Sandstrand erstreckt sich entlang der Südküste des Moray Firth über Kilometer zu beiden Seiten des Hafens von Nairn; Strand und frische Seeluft sorgten schon zu Zeiten Königin Victorias dafür, dass der Ort ein beliebtes Kurbad wurde. Heute lockt man die Besucher aber längst nicht mehr nur mit schöner Natur an. Auch für Kultur und typisch schottische Unterhaltung ist gesorgt – mit traditionellen Märkten, einem Literatur- und Kunstfestival, Konzerten von Folk bis Jazz und natürlich den „Highland Games“ im August (visitnairn.com). Liegeplätze: Während die schmale Mündung des River Nairn trockenfällt, hat das Hafenbecken dahinter immer Wasser. (Tel. +44-1667-45 60 08). www.highland.gov.uk/info > Transport and Streets > Harbours
Wie seine Partnerstadt Stavanger in Norwegen hat Aberdeen lange vom Nordseeöl gelebt – und mit dem damit verbundenen Ruf einer grauen Industriestadt. Das Ende des „Schwarzen Goldes“ ist nun absehbar – doch dafür „fördert“ man Wind auf offener See. In gleicher Weise hat die 200 000-Einwohner-Metropole selbst ihr Image verändert: Bunt und jugendlich geht es zu. Dafür sorgen die Universitäten und Parks sowie die Clubs und Pubs in den Nebenstraßen der Union Street. Craft Beer ist groß im Kommen: Die auch hierzulande bekannte Brauerei „Brew Dog“ kommt aus der Gegend (www.visitabdn.com). Leider hat Aberdeen noch keinen Sportboothafen; Gäste können aber vorab nach Liegeplätzen im Industriehafen fragen. Erlaubnis zum Einlaufen muss eingeholt werden: VTS Aberdeen (UKW 12, Tel. +44-1224-59 70 00). www.aberdeen-harbour.uk
Am nördlichsten Punkt der Moray Coast ragt der hübsche Urlaubsort Lossiemouth auf einem Hügel aus gelbem Sandstein in die Nordsee hinein. Hier mündet auch der River Lossie, von der See durch einen breiten Dünengürtel und den feinen Sand des East Beach getrennt. Strand und Hafen werden durch eine Brücke verbunden, Cafés und Pubs liegen am Wasser entlang der Clifton Road. Vollen Service für Gäste bietet die Lossiemouth Marina (UKW 12, Tel. +44-1343-81 30 66). www.lossiemouthmarina.com
Der Great Glen durchzieht den Norden Schottlands in gerader Linie vom Atlantik bis zur Nordsee. Verbunden werden beide Küsten durch den knapp einhundert Kilometer langen Caledonian Canal, der in seinem Verlauf drei große Seen durchquert, unter anderem den legendären Loch Ness. Inverness ist somit nicht nur zu Lande das Tor in die Highlands, sondern auch zu Wasser. Entsprechend lebendig ist die Tourismusindustrie in der 50.000 Einwohner zählenden Regionalhauptstadt am inneren Ende des Moray Firth. Gäste, die auf der Nordsee bleiben wollen, laufen die bestens ausgestattete Inverness Marina südwestlich der Kessock Bridge an (UKW 12, Tel. +44-1463-22 05 01, www.invernessmarina.com). Im Kanal gibt es unterhalb der Schleusen von Muirtown Gästestege (www.scottishcanals.co.uk).
Fischerei spielt im Land eine wichtige Rolle, auch wenn die Branche schon bessere Zeiten gesehen hat. Peterhead zeugt von dieser Entwicklung. Dabei gehört die von Steilküste eingerahmte Stadt noch immer zu den wichtigsten Stützpunkten der britischen Fischindustrie. Für die Offshore-Versorgung wurde die Peterhead Bay zudem mit Wellenbrechern in einen Naturhafen verwandelt. Hier befinden sich auch die Stege der Peterhead Bay Marina. Anmeldung vor Einfahrt in die Bucht erforderlich: UKW 14, Tel. +44-1779-45 57 15, www.peterheadport.co.uk > Port Areas
Beschrieben ist der zentrale Teil der schottischen Nordseeküste, der (von Süden) zu den Verwaltungsregionen Angus, Aberdeenshire, Moray und Highland gehört. Die Länge der Küste beträgt rund 300 Kilometer; Steilküste und flach auslaufende Buchten wechseln sich ab. Im Bereich des Moray Firth nehmen die Strände zu. Im Inneren steigt das Land zu den Bergen des großflächigen Cairngorms-Nationalparks langsam an. Das vorgelagerte Seegebiet heißt „Cromarty“ (nach dem Cromarty Firth) und schließt im Osten an die „Forties“ an, die einen Großteil der nordwestlichen Nordsee ausmachen.
Navigatorische Hindernisse vor der Küste sind in diesem Abschnitt kaum vorhanden, die einzige Insel ist die Isle of May im Firth of Forth, Bell Rock auf Höhe der Tay-Mündung der einzige Felsen. Beide sind – wie auch die meisten Landspitzen – mit Leuchtfeuern gekennzeichnet. Bei der Küstenansteuerung muss jedoch besonders bei niedrigen Wasserständen auf trockenfallende Gebiete und Wassertiefen allgemein geachtet werden. Das gilt vor allem im Bereich der Flussmündungen. Nicht alle Häfen können bei jedem Wasserstand angelaufen werden, eine Anmeldung ist üblich und oft erfordert. Aktuelles Kartenmaterial, exakte Törnvorbereitung unter Berücksichtigung der Strom- und Tidenverhältnisse sowie genaue aktuelle Wetterinformationen sind Pflicht. Der amtliche britische Seewetterbericht mit Warnmeldungen wird dazu vom Met Office regelmäßig im Internet veröffentlicht: www.metoffice.gov.uk > Specialist forecasts > Coast and Sea > Shipping forecast and gale warnings
Revierführer: „Reeds Eastern Almanac 2019“ mit der britischen Küste von Ramsgate im Süden bis Cape Wrath im Norden, mit Orkneys und Shetland (s. oben). Handbuch mit Informationen zu Recht, Revier, Ansteuerungen, Häfen, Gezeiten und Wetter. Engl. Sprache, 272 S., Format: 19,4 x 26,3 cm, Spiralbind., ISBN 978-1-47295-753-5, Preis: 39,90 Euro. Bezug: nvcharts.com
Sportbootkarten: Amtlicher brit. Sportbootkartensatz SC5617: „Scotland, East Coast: Fife Ness to Inverness and the Caledonian Canal“. Format: A2, Auflage: 2012, ISBN 978-0-70778-085-6, Preis: etwa 50 Euro. Bezug: www.hansenautic.de