Einen passenderen Ohrwurm gibt es wohl nicht in der Rostock-Altstadt, als den Hit der DDR-Band Karat aus den Siebziegerjahren: „Über sieben Brücken musst du gehen…“ könnte auch eine Hommage an die „Stadt der Sieben“ sein. Denn immer wieder wurde Rostock mit dieser Zahl in Verbindung gebracht: Sieben Kirchen, deren sieben Glocken zur selben Zeit erklingen, sieben Türme auf dem Rathaus, sieben Tore, die aufs Land führen und sieben Straßen, die vom Markt abgehen. Paare trafen sich an den sieben alten Linden im Rosengarten und Kaufmannsleute überquerten sieben Brücken zum Hafen.
Erreicht man die größte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns dagegen auf eigenem Kiel über die Warnow, ist der Stadthafen ein guter Ausgangspunkt für einen Streifzug durch die Altstadt mit ihrem typisch hanseatischen Flair.
Das Kempowski Ufer ist beliebte Spaziermeile mit Gastronomie und maritimen Sehenswürdigkeiten wie dem Museumseisbrecher „Stefan Jantzen“. Die alten Speicher und die historische Krananlagen auf der Haedgehalbinsel im Westen zeugen davon, dass sich hier bis zur Eröffnung des Seehafens 1960 der gesamte Güterumschlag konzentrierte.
Über Jahrhunderte hinweg wurden am sandigen Ufer der Warnow große Segelschiffe gebaut. Im Zuge der Industrialisierung verschwanden die Werften und vom Strand ist heute nur noch der Name der Hauptverkehrsader Am Strande geblieben. Auf dem Neuen Markt mit seinen prächtigen Bürgerhäusern und dem mehr als 700 Jahre alten Rathaus findet in der Vorweihnachtszeit Norddeutschlands größter Weihnachtsmarkt statt. Weiter östlich ragt die Petrikirche auf. Ihr hoher Turm war einst wichtiger Orientierungspunkt für die Seefahrt und ist noch heute Landmarke.
Die Innenstadt liegt auf dem linken Ufer der Warnow, deren Lauf sich hier zur Unterwarnow verbreitet, was der Stadt ihren Namen verlieh: Rastokŭ bedeutete im Slawisch der ersten wendischen Siedler so viel wie “Auseinanderfließen”.
Im Zentrum des Stadtpanoramas ragt die Marienkirche auf, ein eindrucksvolles Bauwerk norddeutscher Backsteingotik. Vom Neuen Markt aus folgt man der Kröpeliner Straße, der Haupteinkaufsstraße, in Richtung Kröpeliner Tor. Vorbei an etlichen originalgetreu restaurierten Giebelhäusern und Bauwerken aus verschiedensten Stilepochen. Das 14. Jahrhundert gilt – dank der Mitgliedschaft in der Hanse – als eine Zeit des Aufblühens der Stadt. 1419 wurde hier die älteste Universität Nordeuropas gegründet.
Bis heute ist der Universitätsplatz in der Mitte der Straße zentraler Treffpunkt. Am Brunnen der Lebensfreude suchen im Sommer Studenten, Senioren und Familien mit Kindern Abkühlung in den begehbaren Wasserfontänen des Wasserspiels, das im Volksmund wegen der sich räkelnden nackten Figuren auch “Pornobrunnen” genannt wird.
Das Kröpeliner Tor am Ende der Straße ist das prächtigste der einst 22 Stadttore. Heute beherbergt es eine Ausstellung zur Rostocker Stadtbefestigung, die rund um die Altstadt noch in Teilen erhalten ist. Als die Stadt über die Wallanlagen hinaus wuchs, entstanden nach und nach vor allem Arbeiterquartiere, wie die Kröpeliner-Tor-Vorstadt, die heute mit Szene-Kneipen, Cafés und Galerien zu den lebendigsten und buntesten Vierteln der Stadt gehört.
Am Abend zieht es Einheimische und Besucher ans Ufer der Warnow, um am Stadthafen zu grillen oder die Füße über die Kaimauer baumeln zu lassen und sich einen Drink zum Sonnenuntergang zu gönnen. Besonders gut kann man unter Palmen in den roten Liegestühlen der Szenebar Rost Dock. Neben Cocktails und chilliger Musik gibt es hier auch Spiele für jedes Alter zum Ausleihen – etwa Kronkorkenschach. Regelmäßig finden Kultur- und Musikveranstaltungen statt. Wer es noch maritimer möchte, der kehrt in die Seemannskneipe Zur Kogge ein. Das rote Eckhaus liegt nur einen Steinwurf vom Stadthafen entfernt.
Präparierte Sägefische baumeln von der Decke und detailgetreue Schiffsmodelle verströmen einen Hauch Seefahrerromantik. Bis zum Niedergang der Hanse war Rostocks Hauptexportgut übrigens Bier.
Am nächsten Tag geht es flussabwärts Richtung Ostsee. Während sie im Rostocker Stadtgebiet einen kurzem Abschnitt von Ost nach West fließt, nimmt die Unterwarnow danach wieder ihre ursprüngliche Fließrichtung von Süd nach Nord auf. Ungefähr auf halber Strecke, bevor sie sich zum Breitling ausweitet um dann bei Warnemünde in die Ostsee zu münden, liegt an ihrem westlichen Ufer die Marina Schmarl. Der Schwimmsteg bietet sich mit seiner Lage direkt am Gelände des IGA-Parks an: ruhiger als Warnemünde und Rostock, dabei nur drei Seemeilen von der Ostsee und etwa genau so weit von der Innenstadt entfernt.
Die Kombüse auf dem Bootssteg und das Café im Fährhaus Schmarl bieten Kaffeespezialitäten und hausgemachten Kuchen. Außerdem liegt der kleine Hafen gegenüber des Rostocker Seehafens nur wenige Meter von Deutschlands größtem schwimmendem Museum entfernt.
Das Schifffahrtsmuseum Rostock an Bord des 10 000-Tonners „Dresden“ bietet maritime Geschichte zum Anfassen für die ganze Familie. Dabei nimmt auch der ehemalige Hochseefrachter selbst, der nicht nur 1957 auf der Warnowwerft vom Stapel lief, sondern auch unter der Flagge der Deutschen Seereederei Rostock fuhr, die Besucher auf eine Reise mit in die Zeit des aufstrebenden Seehandels der DDR. Auf dem Außengelände erzählen weitere Exponate vom Wandel der Schifffbaugeschichte und dem Erfindungsgeist der Rostocker.
Geschäftstüchtig war auch Wilhelm Bartelmann. 1882 erfand der Korbmachermeister hier den Strandkorb, der bis heute das Bild entlang der Küsten bestimmt. Seine Inspiration holte er sich mit großer Wahrscheinlichkeit am Strand von Warnemünde, der sich zu seinen Lebzeiten wachsender Beliebtheit erfreute. Lange war der kleine Ort an der Warnowmündung nur ein Fischerdorf gewesen, das vom Reichtum der nahen Hansestadt kaum profitierte – bis im 19. Jahrhundert Seebäder in Mode kamen und die Besucherzahlen Warnemündes innerhalb kürzester Zeit die seiner Einwohner übertraf. Seither gehört der Sandstrand zu einem der beliebtesten Ausflugszielen an der deutschen Ostseeküste.
Jeden Sommer finden hier die Warnemünder Woche und die Hanse Sail statt, die jeweils etwa eine Million Besucher anziehen. Zudem befindet sich hier Deutschlands bedeutendster Kreuzfahrthafen mit rund 200 Besuchen pro Saison.
Mit der Autofähre geht es vom Fähranleger Warnemünde quer über den Seekanal hinüber nach Hohe Düne zum gleichnamigen Yachthafen mit Hotelkomplex, einst Bestandteil der Bewerbung Leipzigs für die Olympischen Sommerspiele 2012. Der Yachthafen liegt direkt hinter der Ostmole und bietet 750 Liegeplätze. An der Ostmole befindet sich auch die Seehund-Forschungsanlage. Für das Forschungszentrum ist ein ehemaliges Flussfahrgastschiff entkernt und mit Büros, Werkstätten und Laboren ausgestattet worden. Vom Besucherdeck aus kann man den Forschern bei der Arbeit mit den Robben zusehen. Außerdem hat man von der Ostmole einen guten Blick auf Warnemünde, die Ozeanriesen am Cruise Terminal und den übrigen Schiffsverkehr.
Über Jahrhunderte war der ursprüngliche Mündungsarm der Warnow, der Alte Strom, die Schifffahrtsverbindung zwischen Ostsee und Stadthafen. 1903 wurde er wegen der Aufnahme des Fährverkehrs nach Dänemark und dem dafür notwendigen Hafenumbau vom Neuen Strom abgelöst. Heute ist der Alte Strom in Warnemünde flussaufwärts mit einem Damm verschlossen. Die Ufer sind gesäumt von Restaurants, Cafés und Boutiquen. Auf der Mittelmole zwischen Altem und Neuem Strom hat 2023 ein neuer Sportboothafen eröffnet: 246 Plätze für Gäste und Dauerlieger stehen an 14 Schwimmstegen zur Verfügung. Es gibt eine Slipanlage, Sanitärgebäude und Hafenmeisterei. Hinter dem neuen Yachthafen wartet der Fischmarkt. Am Wochenende bekommt man hier frischen Fang und Geräuchertes direkt vom Kutter.
Auf der Spitze der Mittelmole heißt die im Sonnenlicht glänzende vier Meter hohe Frauenstatue “Esperanza” alle ein- und ausfahrenden Schiffe in Warnemünde willkommen.
Auf der Westmole gegenüber befindet sich eine weiteres Standbild: Die “Große Stehende” symbolisiert eine Seemannsfrau, die um die auf Seegebliebenen trauert. Einen noch besseren Blick auf die ein- und ausfahrenden Schiffe hat man aber vom Warnemünder Leuchtturm, dem Wahrzeichen des kleinen Seebades, der mit seiner weißen Blitz-Kennung nach wie vor als Seefeuer genutzt wird. Von der Galerien unterhalb der Laterne hat man einen grandiosen Rundumblick auf Warnemünde, die Ostsee, den Strand und die Häfen.
Zu Füßen des runden Turms steht der berühmte Teepott mit seinem ausgefallenen muschelförmigen Dach. Verschiedenste Bars und Restaurants laden entlang der Seepromenade zum Ausspannen am Ende des Landgangs ein.
Frischer Wind weht in der Strandbar Wal. Die jungen Betreiber haben bei der Gestaltung der Bar auf recycelte Altholzreste und Container gesetzt. Anstatt der obligatorischen Pommes Frites mit Fischfrikadelle gibt es hier kulinarische Besonderheiten, wie Falafel oder Pasta mit Erdnuss-Bärlauch-Pesto. In den Sommermonaten zwischen Juni und August kann man hier, direkt am Tor zum Meer, in der Hängematteninsel oder in einem der Liegestühle mit den Füßen im Sand und einem kalten Getränk in der Hand der Live-Musik aus dem Bühnen-Container lauschen, den Sonnenuntergang über der Ostsee genießen und – wer möchte – von ferneren Ufern träumen.