Christian Tiedt
· 09.04.2023
Boot und Besatzung müssen für den Fall der Fälle vorbereitet sein. Hier gilt: Keine Kompromisse! Sicherheit hat auch an Bord höchste Priorität
Wenn es um die Sicherheit an Bord geht, spielen viele Faktoren eine Rolle, völlig unabhängig davon, auf welchem Revier man unterwegs ist oder wie lange ein Törn dauern soll. Plötzlich auftretende Herausforderungen können unter allen Bedingungen auftreten, auch dann, wenn man am wenigsten mit ihnen rechnet. Das bedeutet, dass sowohl Boot wie Besatzung in jeder Situation bestmöglich vorbereitet sein sollten. Das bezieht sich auf die Planung vorab, den Erfahrungsstand der Crew und die entsprechende Einteilung jeder Person entsprechend ihren Kenntnissen sowie die Befolgung der Regeln guter Seemannschaft unterwegs. Die Verantwortung dafür, dass all diese variablen Komponenten für eine sichere Reise bestmöglich garantiert werden, liegt natürlich beim Skipper.
Das Gleiche gilt für die gesetzte Größe im Bereich: die Ausrüstung und Ausstattung. Hier sollten keine Kompromisse gemacht werden. Entscheidend ist neben einem technisch einwandfreien Zustand der einzelnen Komponenten aber nicht nur, dass Vielseitigkeit und Leistungsfähigkeit stimmen müssen, sondern auch, dass die Besatzung sie im Zweifelsfall richtig einsetzen kann. Natürlich benötigt man nicht unbedingt ein Radar, wenn man nur binnen fährt. Und ein Angelboot hat selten Platz für eine Rettungsinsel. Dennoch gibt es Dinge, die Pflicht sind und um die es im nächsten Abschnitt geht. Ist die Sicherheitsausstattung umfangreicher, umso besser! Denn ein gutes Sicherheitsgefühl führt auch dazu, dass man die Zeit auf dem Wasser auch wirklich entspannt genießen kann.
Der mit Abstand wichtigste Teil der Sicherheitsausrüstung jedes Besatzungsmitglieds ist die richtig angelegte Rettungsweste, im Idealfall mit Schrittgurt. Die Situationen, in denen eine Person über Bord fallen und eine Weste ihren Wert beweisen kann, sind endlos – ein falscher Schritt, eine unerwartete Welle genügen, um das Gleichgewicht zu verlieren. Im Hafen, in der Schleusenkammer oder auf hoher See, am Steg, vor Anker oder in voller Fahrt. Wer aus gewisser Höhe unkontrolliert ins Wasser stürzt, kann nicht nur die Orientierung verlieren, sondern mitunter sogar das Bewusstsein – eine lebensbedrohliche Situation. Ohnmachtssichere Automatikwesten, die sich selbstständig aktivieren und aufblasen, schützen sogar in diesem Fall, indem sie die Person durch die Anordnung ihrer Auftriebskammern so drehen, dass zumindest der Kopf über Wasser bleibt.
Neben der Rettungsweste gibt es für die Sicherheit noch eine Reihe weiterer Aspekte, die für die Gesundheit der Besatzung wichtig sind: Die Bekleidung muss dem Revier und der Witterung angemessen sein und entsprechende Schutzfunktionen erfüllen können; also etwa bei starker Sonneneinstrahlung, Nässe oder Kälte. Festes Schuhwerk – besonders bei der Decksarbeit – gehört dazu. Wenn es schnell gehen muss, kann eine plötzliche unglückliche Verletzung am blanken Fuß durch Kanten oder Beschläge oder selbst ein Stolpern schnell einmal das ganze Manöver und damit die Sicherheit an Bord durcheinanderbringen. Ebenso wichtig sind die Sonnenbrille, die bei hohen Fahrtstufen auch als Wind- und Spritzwasserschutz für tränenfreien Durchblick sorgt, und eine passende Kopfbedeckung. Dazu kommen Sonnenschutz zum Auftragen (selbst bei leichter Bewölkung wirkt die Wasseroberfläche noch wie ein Spiegel) und eventuell Mittel gegen austrocknende Haut. In jedem Fall muss ausreichend Trinkwasser an Bord sein. Achten Sie besonders darauf, dass Kinder zu jeder Zeit richtig ausgestattet sind.
Grundlegende Anforderungen an die Sicherheit beim Entwurf von Sportbooten gibt zwar die EU-Richtlinie 2003/44/EC vor. Für die Sicherheitsausrüstung existieren dagegen hierzulande bei der nicht gewerblichen Nutzung aber keine Vorschriften, sondern lediglich amtliche Empfehlungen, die sich an den vier Richtlinienkategorien A (früherer Zusatz „Hochsee“) bis D (früher „Geschützte Gewässer) und den entsprechenden Einsatzgebieten orientieren.
Für die Kategorien A, B, C und D werden zugelassene Positionsbeleuchtung als Anforderung an die Sicherheit vorgeschlagen, als einfache optische Seenotsignale außerdem die Flaggen „N“ und „C“ sowie eine rote Flagge binnen (vorgeschrieben), Absperrventile für Kraftstofftanks, Anker (der immer gut erreichbar und einsatzklar sein muss), Werkzeug, Außenbordleiter, Erste-Hilfe-Kasten, ABC-Pulverlöscher und Löschdecke, Rauchmelder, Handlampe, Nebelhorn, Handlenzpumpe, Pütz, Schleppleine, Bootshaken, Wurfleine, Fernglas, Echolot, Rettungswesten, Rettungsring, Rauchsignal (orange).
Zusätzlich nur für die Kategorien A, B und C kommen Seereling und Ersatzanker hinzu sowie Leckdichtungsmaterial, Radarreflektor, Bilgenpumpe, Magnet- und Peilkompass, Log, GPS, Navigationsmittel, Kartenplotter mit aktueller Software, klassische Papierseekarten und nautische Handbücher zum Revier, Sicherheitsgurte, Fallschirmraketen, Handfackeln. Zusätzlich nur für die Kategorien A und B: Treibanker, Schallsignalanlage, Glocke, UKW-Sprechfunkanlage mit GMDSS sowie eine ausreichend dimensionierte Rettungsinsel. Schließlich zusätzlich nur für die Kategorie A: ein Sextant für die Navigation und eine Seenotfunkbake (EPIRB).
Viele der Ausrüstungsgegenstände, die erst für die „höheren“ Kategorien vorgeschlagen sind, findet man allerdings auch längst auf anderen Booten. Das gilt beispielsweise für elektronische Navigationsmittel und UKW-Funk. Einige Ausrüstungsgegenstände erwähnt allerdings auch diese Vorschlagsliste nicht – vielleicht auch deshalb, weil ihr Vorhandensein nicht nur guter Seemannschaft entspricht, sondern allein schon dem gesunden Menschenverstand. Dazu zählen Leinen in ausreichender Länge, Anzahl und gutem Zustand, als Festmacher oder für andere Zwecke, und ebenso Fender der richtigen Größe. Wer keine ausreichende Reling hat, sollte zumindest auf einen rutschsicheren Decksbelag und auf leicht zu erreichende, solide Handläufe oder Griffe achten. Besonders für Manöver muss das Vorschiff bei kleinen wie bei größeren Booten jederzeit sicher zugänglich sein; die Breite und Beschaffenheit des Seitendecks sind hier die entscheidenden Kriterien. Zur Sicherheit an niedrigen Stegen tragen bei hohem Freibord auch Leitern bei. Sie müssen allerdings für den jeweiligen Ort an Bord passen und gut befestigt werden.
Ebenfalls hilfreich: ein Beiboot, das zumindest mit Rudern ausgestattet ist. Dabei zählen keinesfalls nur ausgewachsene Dingis in eigenen Davits – selbst ein kleines Schlauchboot kann schon den entscheidenden Unterschied in puncto Sicherheit machen. Und ein Modell mit Luftboden lässt sich außerdem selbst an Bord leicht und schnell aufbauen. Außenborder sind übrigens nicht nur im Zusammenhang mit Beibooten ein Thema; als Hilfsmotoren können sie auch größere Kajütboote manövrierfähig halten, wenn der Hauptantrieb ausfällt. Besonders Yachten, die für weite Fahrtstrecken ausgelegt sind wie beispielsweise Trawler, sind für diesen Fall häufig sogar mit einem zusätzlichen fest eingebauten Motor als get-home system ausgerüstet. Apropos Außenborder: Auch die Quickstop-Leine gehört zur Sicherheitsausrüstung. Sie sollte – an Arm oder Bein befestigt – selbst auf kurzen Strecken Pflicht sein, egal ob das Boot nur über Pinnensteuerung oder einen richtigen Fahrstand mit festen Sitzen verfügt und unabhängig davon, ob man allein oder zu mehreren unterwegs ist.
Schwimmhilfen verfügen nach der europäischen Normenreihe DIN EN ISO 12402 über einen Auftrieb von mindestens 50 Newton (N). Sie sind leicht und bequem zu tragen, aber nur in Ufer- oder Küstennähe mit schneller Aussicht auf Rettung geeignet. Der Träger muss selbst schwimmen können, die Hilfe unterstützt ihn dabei nur.
Rettungswesten (ab 100 N) bieten schon mehr Auftrieb und reichen für einen durchschnittlichen Erwachsenen aus, um in geschützten Gewässern auf Hilfe warten zu können. Besonders die gängigen Feststoffmodelle haben durch die Größe der Auftriebskörper jedoch geringeren Tragekomfort.
Rettungswesten (ab 150 N) sind zudem ohnmachtssicher und drehen eine Person nach der automatischen Aktivierung im Wasser in eine sichere Schwimmlage, die auch ohne eigene Bewegungen beibehalten wird. Sie sind für die allgemeine Anwendung auf Küsten- und Seerevieren gedacht und daher bei Sportbootfahrern weit verbreitet.
Rettungswesten (ab 275 N) bilden die leistungsfähigste Klasse und funktionieren auch bei schwerer oder luftgefüllter Kleidung. Sie sind meist etwas voluminöser als die 150-N-Klasse. Für die Hochsee und extreme Bedingungen.
Auch in Notsituationen an und unter Deck den Überblick zu behalten ist besonders für jene Personen herausfordernd, die nicht so häufig an Bord sind und nicht jede Backskiste und jedes Staufach kennen. Selbst nach einer guten Einweisung können entscheidende Details vergessen werden. Ein Stauplan für die wichtigste Sicherheitsausrüstung, der schnell angefertigt, kopiert und angepasst werden kann, hilft – an zentraler Stelle angebracht – der gesamten Besatzung auf anschauliche Weise beim Auffinden der Rettungsmittel. Auf dem Bild oben befindet sich die Rettungsinsel in einer speziellen Aussparung unter der Sitzbank auf dem Achterdeck. Ein eigentlich praktischer Aufbewahrungsort, der aber übersehen werden kann, wenn er nicht bekannt ist. Der Stauplan eignet sich auch, um die komplette Ausstattung einmal mit der Crew durchzugehen.
Rauchsignal Orange Für den Einsatz in Notsituationen bei Tag. Der Behälter ist schwimmfähig und daher zur Markierung einer Position (etwa einer Rettungsinsel) gut geeignet. Die Brenndauer des Signals beträgt mindestens drei Minuten.
Handfackel Rot Sie ist bei Tag und Nacht nutzbar und brennt selbst unter Wasser mit einer Wirkungsdauer von einer Minute. Inzwischen sind Handfackeln auch als leistungsstarke elektronische Varianten mit LED- oder Laserleuchttechnik erhältlich.
Fallschirmrakete Rot Auch sie ist bei Tag und Nacht nutzbar. Nach dem Abschuss steigt die Rakete auf eine Höhe von 350 Metern. Die Brenndauer am Fallschirm beträgt danach 40 Sekunden.
ACHTUNG! Für den Erwerb und die Nutzung von Pyro-Notsignalen der Klasse T2 ist ein Fachkundenachweis nötig. Außerdem muss das Ablaufdatum beachtet werden.
Digitale Seekarten für Plotter oder Apps auf mobilen Endgeräten gehören für viele Skipper längst zum praktischen Standard an Bord. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Karte der aktuellen Version entspricht und auch das gesamte benötigte Revier abdeckt.
Papierkarten als Sportbootkarten oder klassische Seekarten sind parallel dazu aber noch immer Pflicht – natürlich ebenfalls in der aktuellen erhältlichen Version. Nur mit ihnen ist man bei leeren Akkus oder Soft- und Hardwareversagen noch zu sicherer Navigation fähig.