Olaf Schmidt
· 06.04.2023
Bei modernen Radarantennen haben Sie die Wahl zwischen zwei Techniken: Puls oder Pulskompression. Das Bild wird auf dem Kartenplotter dargestellt. Vier Modelle im Test
Nacht, schlechte Sicht, ein enges Fahrwasser mit unbeleuchteten Tonnen und daneben noch Netzbojen – wer wünscht sich da nicht ein Radar? Weder Preis noch Stromverbrauch stellen bei den aktuellen Geräten ein großes Hindernis dar: Zwischen rund 1700 und 2400 Euro kosten die Radarantennen zu den Plottern aus dem Test. Wer beides zusammen kauft, erhält bei diversen Händlern günstige Pakete.
Wir haben die modernsten Modelle der vier großen Hersteller für Navigationselektronik einem Praxistest unterzogen. Furuno nimmt dabei eine Sonderrolle ein, denn sein Radar ist nicht wie die der Mitbewerber auf einen Plotter desselben Herstellers angewiesen: Es arbeitet auch mit Navigationssoftware auf dem iPad zusammen. Zur Teilnahme der Firma Navico: Diese ist der Hersteller von B&G, Simrad und Lowrance. Das Radar dieser Marken unterscheidet sich dabei nur im Aufdruck; Technik und Preis sind bei allen drei gleich, und sie lassen sich untereinander tauschen. Zu beachten ist generell, dass die Radare nicht mit allen Plottern aus dem jeweiligen Hause zusammen funktionieren. Kompatibel sind durchweg nur die in der Tabelle angeführten aktuellen Baureihen.
Die optisch deutlichen Unterschiede sind in der Praxis wenig relevant. Alle Geräte sind tauglich für den Yachtbetrieb
Ein Radar sendet ein Signal aus und zeigt auf dem Bildschirm an, in welcher Entfernung und Richtung Echos davon empfangen werden. Die Entfernung wird aus der Zeit zwischen Senden und Eintreffen des Echos ermittelt – ähnlich wie mit einem Echolot. Für die Richtung rotiert die Antenne, das Bild zeigt das Echo in der Peilung, in die die Antenne gerade weist. Grundsätzlich unterscheiden sich die getesteten Radare in der Art, wie das Hochfrequenz-Signal erzeugt und verarbeitet wird.
Die klassische Methode ist ein Magnetron, das ist im Prinzip eine Elektronenröhre, welche direkt Hochfrequenz mit großer Leistung bereitstellt. Es muss elektrisch beheizt werden und vor dem Betrieb auf Temperatur kommen, was je nach Gerätegröße durchaus mehrere Minuten dauern kann. Die Sendeleistung beträgt mehrere Kilowatt, sie wird jedoch immer nur in Pulsen von wenigen Zehntelmikrosekunden Länge abgestrahlt – daher der Name Pulsradar. Je kürzer die Pulse, desto besser ist die Entfernungsauflösung, aber desto schwächer auch das Echo. Deshalb wird eine sehr hohe Sendeleistung benötigt.
Während des Sendens und kurz danach kann der Empfänger keine Echos auswerten. Darum ist der Bereich von einer Impulslänge Laufzeit rund um die Antenne nicht nutzbar, man spricht von einer toten Zone. Sie kann je nach Technik und eingestelltem Bereich zwischen einigen Metern und mehreren Meilen umfassen.
Viel sehen heißt nicht unbedingt klar sehen. Erst scharfe Echos produzieren ein gut verwertbares Radarbild
Beim Halbleiter-Radar (Solid State) geht man einen anderen Weg. Die Auflösung in der Entfernung wird hier nicht durch die Kürze der Impulse, sondern durch eine stetige Änderung in der Frequenz des gesendeten Signals erreicht. So kann der Empfänger innerhalb eines Echos feststellen, aus welchem Abschnitt des gesendeten Signals es stammt. Der Impuls selbst kann daher sehr lang werden; es ist deutlich weniger Sendeleistung nötig, um ein ausreichend kräftiges Echo zu erhalten.
Die Auswertung selbst erfordert jedoch viel Rechenleistung und aufwendige Technik: Auf mathematischem Weg wird die gesamte Energie eines langen Echos auf den Zeitpunkt des ersten Eintreffens projiziert, sodass eine scharfe Marke entsteht. Überlappende Echos werden dabei wieder getrennt. Diese Technik wird Pulskompression genannt. Praktischerweise verringert das Verfahren selbsttätig Störungen wie Regen- oder Seegangsechos und verbessert die Empfindlichkeit des Empfängers.
Pulskompressions-Radare kommen mit Sendeleistungen zwischen 20 und 40 Watt aus. Lange Impulse allein hätten allerdings wieder den Nachteil einer großen toten Zone. Darum werden üblicherweise nacheinander verschieden lange Impulse gesendet. Kurze mit wenig Energie reichen für den Nahbereich, längere mit mehr Energie, um die größeren Entfernungen abzutasten. Mit der Auswertung der Frequenz des empfangenen Signals lässt sich ein weiterer Effekt nutzen: Sie ist umso höher, je schneller ein Ziel näher kommt, und niedriger, wenn es sich entfernt.
Ein Herr Doppler erkannte diesen Zusammenhang. Es steckt jedoch eine Menge Mathematik dahinter, die Frequenzverschiebung durch den Doppler-Effekt von der Pulskompressions-Technik zu trennen. Motion Detection wird das beim Marine-Radar genannt und zeigt schon nach einer Antennenumdrehung optisch an, ob sich Ziele nähern (rot), entfernen (grün) oder im gleichen Abstand bleiben. Damit sich diese von den anderen Radarechos abheben, ist eine sinnvolle Farbwahl nötig. Gleich acht verschiedene Paletten bieten die beiden Modelle mit Motion Detection, Fantom und Quantum, zur Auswahl an. Im Gegensatz zur automatischen Zielverfolgung werden bei Motion Detection nicht Kurs oder Fahrt eines Ziels ermittelt, nur die Annäherung ist ausschlaggebend.
Eindeutige Darstellung auf kurzer Distanz ist wichtiger als Reichweite – und für die Geräte eine Kür, da die Echos für gute Auflösung besonders schnell verarbeitet werden müssen
Das einzige konventionelle Pulsradar im Test. Es arbeitet mit einem Magnetron, daher die lange Startzeit von anderthalb Minuten, bis das Gerät nach dem Einschalten der Stromversorgung den Stand-by-Zustand erreicht. An Kabeln ist nur eine Stromversorgung notwendig, sämtliche Datenkommunikation erfolgt per WLAN. Als Anzeigegerät können die aktuellen Furuno-Plotter der GP-Serie oder iPad beziehungsweise iPhone dienen; dabei sind zwei Geräte gleichzeitig koppelbar. Ein Hauptschalter muss bordseitig vorgesehen werden, denn aus dem vollständigen Aus-Zustand lässt sich das Radar naturgemäß nicht per WLAN aufwecken.
Für den Wechsel zwischen Senden und Stand-by gibt es einen Button direkt auf dem Bildschirm, sowohl in der App als auch am Plotter. Bei der Netzwerk-Reichweite gibt Furuno mit zehn Metern einen sehr konservativen Wert an, im Test war die Verbindung über mehr als das Doppelte stabil. Furuno setzt bei diesem Gerät voll auf Automatik, die einzige Justiermöglichkeit betrifft die Regenenttrübung.
Verstärkung und Seegangsenttrübung lassen sich manuell nicht beeinflussen. Das ist für ungeübte Nutzer ein riesiger Vorteil: Sie können nicht versehentlich durch ungünstige Einstellungen das Radarbild unbrauchbar machen. Es ist immer ausreichend für die Navigation und zur Kollisionsvermeidung. In Situationen mit zahlreichen kräftigen Echos im Nahbereich, beispielsweise vor einem Hafen, dreht die Automatik die Empfindlichkeit gnadenlos herunter. In den großen Entfernungsbereichen wirkt das Bild dadurch recht leer – aber die braucht man in diesem Fall eigentlich auch nicht. Auf dem freien Wasser sind alle Echos dann wieder auf große Distanz zu sehen.
Zum Radar wird ein gedrucktes Handbuch auf Deutsch mitgeliefert. Damit gestalten sich die Installation und der Betrieb am iPad problemlos. Die Beschreibung des Radarbetriebs am Plotter findet sich in dessen ebenfalls deutschem Handbuch. Bei den Apps fürs iPad gibt es zwei Optionen: Nur Radar bietet Furunos Marine-Radar-App. Einen kompletten Kartenplotter mit Routenplanung, Radar Overlay und AIS realisiert die TZ-iBoat-App von Nobeltec. Beide sind kostenlos, bei Letzterer müssen jedoch die Seekarten bezahlt werden.
Auffällig sind die im Vergleich zu den Mitbewerbern dicker erscheinenden Echos. Das liegt nicht etwa an einer gröberen Auflösung in der Funktechnik, sondern wird absichtlich per Software erzeugt, so werden nämlich kleine Ziele weniger leicht übersehen. Je dichter diese ans Schiff kommen, desto weniger bläst sie das Programm auf. Die Möglichkeit zur optischen Separation bleibt dadurch erhalten. Neu ist dieses Verfahren freilich nicht, alle Mitbewerber haben diese „Echo-Stretching“ genannte Funktion. Garmin treibt das Ganze beim Fantom18 jedoch sozusagen in eine neue Dimension – und erzielt damit ein gerade für ungeübte Nutzer praktisches Ergebnis.
Als echtes Dual-Range-Radar lässt es sich mit zwei unterschiedlichen Bereichen gleichzeitig betreiben, bei Darstellung in zwei Bildschirmfenstern. Dabei sind alle Einstellungen separat veränderbar: Sie können sich auf einer Seite die Tonnen direkt vor dem Bug anzeigen lassen und auf der anderen Seite im großen Bereich nach Vogelschwärmen suchen – falls Sie nach diesem Kriterium auf Fischfang gehen. Die auf Motoryachten üblichen Displays bieten freilich zur brauchbaren Anzeige von zwei Fenstern zu wenig Platz.
Auch dafür hat Garmin eine Lösung: Mit zwei Tipps auf eines der beiden Fenster wird dieses zum Vollbild gezoomt, ein weiterer Tipp auf den „Zurück“-Button holt wieder die ursprüngliche Anzeige ins Bild. Leider verschiebt man dabei grundsätzlich die Anzeige vom Schiff weg, sodass im Vollbild ein weiteres Tippen auf die „Schiff“-Schaltfläche nötig wird. Beim Overlay geht Garmin einen eigenen Weg. Üblicherweise aktiviert man dazu im Kartenbildschirm die zusätzliche Anzeige der Radarechos. Hier jedoch finden Sie im Radarbildschirm die Option zur zusätzlichen Darstellung der Karte. So stehen nicht alle Kartenoptionen zusammen mit dem Radarbild zur Verfügung, beispielsweise das Hinterlegen mit Satellitenbildern, sehr wohl aber alle Navigationsfunktionen. Dafür sind sämtliche Radarfunktionen wie der Schnellzugriff auf Verstärkung, Seegangs- und Regenenttrübung sowie Umschalten zwischen Senden und Stand-by vorhanden.
Darüber hinaus funktioniert so die Darstellung der Doppler-Ergebnisse – im Gegensatz zur Raymarine-Lösung – auch zusammen mit der Karte. Kartenzoom und Radarbereich sind stets in sinnvollem Verhältnis fest miteinander gekoppelt. Wer das Radar komplett ausschalten möchte, benötigt in dessen Stromversorgung einen bordseitigen Schalter, sonst fährt es beim Start des Plotters automatisch in den Stand-by-Modus hoch.
Als Pionier bei den Halbleiter-Radaren ist es kaum verwunderlich, dass der Hersteller das beste Ergebnis in der eigentlichen Radartechnik erzielt. Auf kurze wie auf weite Entfernungen erreicht das Halo20 sowohl gute Auflösung als auch gute Empfindlichkeit. Eine tote Zone ist praktisch nicht vorhanden, die ersten klar interpretierbaren Echos waren bereits sieben Meter vor der Antenne auszumachen. Doppler-Funktionen und Dual Range wird erst das Nachfolgemodell Halo20plus haben.
Im Radarbildschirm sind die Einstellungen für Verstärkung, Seegangs- und Regenenttrübung sowie die Auswahl der drei Modi für Hafen, See und Wetter leicht durch Schaltflächen zugänglich. Etwas weniger praktisch ist dies gelöst, wenn Sie das Radar-Overlay in der Karte nutzen: Hier kommt der Nutzer erst im dritten Untermenü an die entsprechenden Punkte heran. Die beiden Entfernungsring-Peillinien-Paare lassen sich im Radarbild durch einen sehr genau gezielten Doppeltipp auf den Schnittpunkt zur Justierung auswählen; in der Karte ist deren Verwendung gar nicht vorgesehen. Hier könnte die Firma noch bessere Ergebnisse erzielen.
Praktisch ist, dass sich im Overlay-Betrieb bei Bedarf der Radarbereich vom Kartenzoom trennen lässt. Das ist sinnvoll, wenn die Alarmzonen oder die Zielverfolgung genutzt werden, so kann nicht versehentlich das Radar in einen Bereich geschaltet werden, der diese gar nicht abdeckt. Im normalen Navigationsbetrieb dagegen koppelt die Automatik-Einstellung das Radar an den Kartenzoom, sodass immer die maximale Auflösung genutzt wird. Verwendet man das Radar in zwei Fenstern, wirken die grundlegenden Einstellungen wie Bereich, Verstärkung und Enttrübung stets auf beide gleichzeitig. Die Echo-Schleppe und die Ausrichtung lassen sich getrennt verändern.
Für die Stromversorgung bietet das Halo einen Steuereingang, der wahlweise vom Plotter (Radar geht bei dessen Einschalten auf Stand-by) oder bordseitig (Radar unabhängig) geschaltet werden kann. „Aus“ heißt in beiden Fällen: kein Verbrauch.
Das zweite Gerät im Test, welches zwischen Antenne und Display eine WLAN-Verbindung statt des Kabels ermöglicht. Hier ist diese allerdings optional, das Datenkabel wird mitgeliefert. Die drahtlose Übertragung an sich war stabil, der WLAN-Verbindungsaufbau beim Einschalten des Radars erforderte jedoch oft zwei Versuche, bis auf Senden geschaltet werden konnte. Insgesamt war damit die Zeit fürs Hochfahren dieses Solid-State-Radars länger als beim – ebenfalls per WLAN gekoppelten – Furuno-Pulsradar.
Auch beim Anschluss per mitgeliefertem Kabel erfolgt zwischen den Radar-Betriebszuständen „Aus“ und „Stand-by“ ein Netzwerk-Verbindungsaufbau. Dieser gelang aber stets innerhalb von 20 Sekunden.
Im vollständig abgeschalteten Zustand bleibt ein Verbrauch von zwei Watt, ein separater Schalter sollte daher bordseitig vorgesehen werden. Raymarine hat sehr viele Funktionen im Quantum realisiert, unter anderem eine automatische Zielerfassung fürs Marpa (automatische Zielverfolgung) und diverse Alarme zur Kollisionsvermeidung. Die farbliche Hervorhebung von Objekten, die sich nähern (rot) oder sich entfernen (grün), arbeitet nur im reinen Radarbildschirm, nicht beim Karten-Overlay. Um zwischen den Radar-Voreinstellungen für Hafen, Küste und See zu wechseln, muss der Kartenbildschirm verlassen und die reine Radar-Darstellung aufgerufen werden, erst dann ist der entsprechende Menüpunkt erreichbar.
Gleiches gilt für den Zugriff auf die Justierungen für Verstärkung, Seegangs- und Regenenttrübung. Die Umschaltung von Senden auf Stand-by ist über die Einschalttaste immer schnell zu vollziehen; zurück auf Senden geht es im Karten-Bildschirm jedoch nur im Menü unter dem Punkt „Ziele“. Im Karten-Overlay sind Maßstab und Radarbereich nicht gekoppelt. Das ist bei diesem Radar ohne Dual Range von Vorteil, wenn mehrere Displays die Antenne nutzen: So kann der Karten-Zoom auf einem Bildschirm nicht ungewollt den Bereich des Radar-Operators an einem anderen Bildschirm verändern.
Ebenfalls vorteilhaft ist dieses Vorgehen, wenn Alarmzonen oder Zielverfolgung genutzt werden. Passen gewählter Kartenzoom und Radarbereich absolut nicht zusammen, erkennt man das schnell an den klötzchenförmigen Echos; eventuell auch am leeren Bild, denn die tote Zone ums Schiff ist recht groß, in manchen Bereichseinstellungen fast zehn Prozent des Bilds. Wer sich mit dem Quantum regelmäßig beschäftigt und auch mal tiefer in die Menüs eintaucht, kommt mit ihm zu sehr aussagekräftigen Bildern.
Besitzt man bereits einen Plotter, hat man eigentlich keine andere Wahl, als das Radar desselben Herstellers zu kaufen; die Frage der Marke stellt sich nur bei einem kompletten System. Und dann sind meist auch die anderen, vom Radar unabhängigen Eigenschaften des Displays ausschlaggebend. Das Furuno-Gerät ist erste Wahl für jemanden, der sich mit Radar nicht groß befassen will oder kann – hier ist unterwegs nichts einzustellen. Außerdem bietet es als Einziges die Möglichkeit, eine iPad-Navigation um Radar zu ergänzen.
Fantom, Halo und Quantum unterscheiden sich in den Zahlen, liegen aber in der praktischen Verwendung für den Skipper quasi gleichauf. Die Stärken sind hier die Bedienung und die Zusatzfunktionen. Zwar bietet Garmins Fantom die besten Doppler-Funktionen, die ersetzen aber nicht regelmäßiges Üben und Aufmerksamkeit beim ernsten Einsatz eines Radars.