Boote Exclusiv
· 29.03.2023
Die Regel der Yachtbranche klingt simpel: The owner pays all. Eigner halten Werften am Laufen, Zulieferer, Designbüros, Crews und noch viel mehr. Wir meinen: Dann sollen sie an Bord wenigstens anständig wohnen. Das gilt auch für die Suite. Wir stellen die 10 schönsten Suiten vor
CRN in Ancona baute mit „Atlante“ einen 55 Meter langen Dreidecker. Als äußeres Styling verschrieben die Architekten von Nuvolari & Lenard dem Dreidecker einen Marinetouch mit grauer Tarnlackierung. Der Eigner erholt sich von den Patrouillenfahrten der „Atlante“ in einem von Gilles & Boissier jedoch sehr heimelig-holzhaltig ausgestatteten (bois!) Wohn- und Schlafraum vorn auf dem Hauptdeck mit Blick nach achtern, über sich das Ruderhaus, unter sich die Crew. Tageslicht fällt ausschließlich durch die seitlichen Rumpffenster. Die umrahmen graue Marmorpaneele. Wir meinen: aufwendig und gediegen, jedoch immer noch funktionell.
Nicht nur der scheue Eigner schläft an Bord der 60 Meter langen „Event“ von Amels hinter einer Bullet-proof-Verglasung. Das Tageslicht fällt durch die kreisrunden Fenster der Bordwand, dem Markenzeichen dieses Tim-Heywood-Designs. Dem Interior verlieh Laura Sessa einen Hauch der späten Sechzigerjahre mit leichter Anlehnung an Andrè Courrèges: sehr geometrisch, klar in der Farbgebung. Zu diesem Eignerapartment vorn auf dem Hauptdeck, das die volle Breite des Widebodys nutzt, gehören neben dem Schlafraum ein großzügiges Office, ein Vanity-Ensemble für die Dame und ein Wannenbad mit Aussicht. Wir meinen: zukunftsfähig.
Zuerst hieß das Martin-Francis-Design „Eco“ und galt von Beginn an als Ikone des Yachtbaus. Nach Eignerwechseln – Larry Ellison nannte den grandiosen Blickfang „Katana“, nach dem japanischen Samurai-Schwert – erfuhr „Enigma“ eine neue Gestaltung ihres ursprünglich verspielten Interiors. Der Eigner wohnt vorn auf dem Oberdeck, blickt seitwärts und voraus durch die runde und verzerrungsfreie Spezialverglasung und darf sich in einem sehr zurückhaltenden Ensemble wohlfühlen. Für Refit und Neueinrichtung der Innenausstattung holte der aktuelle Eigner den ursprünglichen Designer Martin Francis und François Zuretti an Bord. Wir meinen: zeitlos.
Für das Design der Swan 105 RS „Ti-Coyo“ engagierten Eigner und Werft die Bremer von beiderbeck designs. Sie gaben der Mastersuite im Heck eine häuslich wirkende Gestalt. Das Interior kleideten sie mit hohem Holzverbrauch für die Bodenbretter aus. Zu seinem eigenen crewfreien Bordrevier, das wenig „schiffig“ wirkt, jedoch intensiv vor Anker vom Eigner der knapp 32 Meter messenden Slup genutzt wird, gehört die direkt zugängliche Heckterrasse mit Badeplattform. Die geschlossene Terrassentür und die hochgefahrene Plattform versteckt ein Vorhang. Blenden senken sich abends vor die Fenster in den Bordwänden. Wir meinen: zeitgemäß und doch der Tradition verpflichtet.
Die Produktserie der Werft Silveryachts zeichnet ein klares Gestaltungskonzept ihres Designers Espen Øino aus: schlank und schnell. Der deutsche Eigentümer der australischen Werft engagierte für das Interior des 77 Meter langen Silberpfeils „Silver Fast“ Vain Interiors in Köln. Øino hatte das Eignerapartment vorn auf dem Oberdeck untergebracht, der Innenarchitekt Andreas Holnburger ließ die Paneele aus Teak arbeiten. Das lederne Kopfende des Bettes ist handgefärbt. Voraus bietet der Raum ein mit sämischem Leder bezogenes Skybed mit Leselampen. Wir meinen: hübsch extravagant.
Jean Guy Vergès verlieh der Eignersuite der 53 Meter großen „Vinydrea“ den Eindruck orientalischer Prächtigkeit. Proteksan Turquoise aus Istanbul lieferte sie vor fast zehn Jahren an ihren Eigner. Dessen Frau hatte zusammen mit dem französischen Yachtcouturier die Farben und Formen des Interiors entwickelt wie für ein Sommerhaus am Strand. Die Eignersuite vorn auf dem Hauptdeck jedoch schwelgt trotz ihrer Nichtfarben in Üppigkeit, mit schweren Stoffen und prunkenden Kissen. Das Marmorbad dazu braucht den Größenvergleich mit einem Wohnraum nicht zu scheuen. Wir meinen: großzügig und wunderschön verspielt.
Auf 85 Lürssen-Metern lässt sich einiges anstellen. Der Eigner des Charterquartiers „Solandge“ entschied sich für die Innengestalter Dölker + Voges aus Hamburg und die Stylistin Aileen Rodriguez aus Fort Lauderdale. Die Mastersuite nimmt nahezu die Hälfte des Oberdecks ein. Das Reich des Eigners besteht aus einem Büro, zwei Bädern, Ankleiden und dem Schlafgemach, einer Halbrotunde mit Panoramasicht und mittigem Bett. Insgesamt 14 beleuchtete gläserne Säulen flankieren die Fenster voraus. Die Vielfalt der Materialien wirkt glamourös eklektisch, das antik orientierte Mobiliar auf weichem Teppich dazu verschwenderisch. Wir meinen: endlich keine falsche Scheu vor demonstrativem Wohlstand.
Dass Luca Bassani mit seinen Wallys Yachtgeschichte schreibt, gehört mittlerweile zum Basiswissen der Branche. 2012 toppte das 50 Meter lange Tripp-Design „Better Place“ die bisherigen Meilensteine des Yachtentwicklers. Die Eignersuite von 62 Quadratmetern – zwei Betten stehen für unterschiedliche Kurse auf langen Strecken zur Verfügung – platzierte Tripp ans Heckende eines 32 Meter langen Korridors. Die Interior-Minimalisten von Wetzels Brown Partners passten auch dort die Inneneinrichtung dem rigorosen Wally-Stil an, reduzierten ihn geradezu noch einmal. Dennoch schmeichelt weiches Leder den Füßen, eine raffinierte Beleuchtung den Augen. Ein höchst kontemplatives Statement. Wir: schweigen andächtig.
Das helle Interior wirkt wunderlich. Royal Huismans 45 Meter lange Ketsch „Elfje“ gleicht äußerlich eher einem Lotsenkutter, oberhalb der Wasserlinie jedenfalls. Unten: Liftkiel mit Trimmklappe und Spatenruder. Der Truly-Classic-Architekt André Hoek ließ die Eignersuite klassisch achtern einbauen, Redman Whiteley Dixon kreierten ein erholsames Interior der jüngeren Art aus gebleichter Eiche, mit Verzicht auf Spektakuläres, aber runden Formen und weichen Polstern, angenehm, wenn es unterwegs einmal ruppig zugeht. Wir meinen: rundum passend.
Auf dem Balkon backbords sonnt sich der Loungechair mitsamt seiner Ottomane von Charles und Ray Eames. Er könnte auf der Terrasse eines mondänen Ferienhotels in den Bergen stehen. Der Holzboden mit betont unterschiedlich breiten Dielen will wie in einem Strandhaus barfuß begangen sein. Das Kingsizebett hier vorn auf dem Hauptdeck vermittelt, bei frischer Seeluft von draußen, selbst bei geschlossenen Augen ein Feriengefühl. Geöffnet sehen sie ein aufgeräumtes und unangestrengtes Interior, das fröhlich einen guten Morgen wünscht. Das „Cloudbreak“-Design lieferte Espen Øino der Werft A & R in Lemwerder. Sein Interior verdankt der 72 Meter lange Explorer Christian Liaigre. Wir meinen: unkompliziert aufwendig und darum höchst empfehlenswert. Zur Nachahmung jedoch nicht empfohlen. Unsere Szene verträgt keine Kopien.