InterviewStina Krause über ihre Karriere in der Superyacht-Industrie

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 · 01.05.2023

Interview: Stina Krause über ihre Karriere in der Superyacht-Industrie
Auf Tour: Stina Krause repräsentiert Abeking & Rasmussen auch auf Messen, hier in Palm Beach

Stina Krause leitet bei Abeking & Rasmussen die Markting- und Verkaufsteams. Dabei wollte das 28-jährige Nordlicht zunächst gar nichts mit der Superyacht-Industrie zu tun haben.

Welche Verbindung hast du in deiner Jugend zum Wasser oder Meer gehabt?

Ich bin in Lübeck aufgewachsen und dem Wasser sehr verbunden. Der Segelkurs im Opti war aber nicht meins. Meine Interessen lagen woanders, was sich auch in meinem Lebenslauf widerspiegelt.

Was steht darin?

Nach dem Abitur bin ich nach Hamburg gegangen, um Mode- und Designmanagement zu studieren. Im Prinzip ist das ein BWL-Studium mit Schwerpunkt Mode. Im Laufe des Studiums wurde mir klar, dass ich mich mit der Branche nicht identifizieren kann. Ich wollte etwas bewegen und merkte, dass es sehr schwierig oder langwierig sein würde, in der Modewelt den Aufstieg zu schaffen.

Was folgte für dich nach der Uni?

Ich hätte mit 23 ins kalte Wasser springen und eine eigene Marke gründen können, aber dafür braucht es natürlich Erfahrung und ein gewisses Anfangsbudget. Stattdessen stürzte ich mich in ein Hotelprojekt an der Untertrave in Lübeck. Dafür verantwortete ich das Marketing und Business Development. Als uns ein Geschäftspartner meines Vaters im Hotel besuchte, tat sich eine neue berufliche Perspektive auf.

Yachting!

Jan-Ole Hagen von M Yachts fragte mich Ende 2018, ob ich für ihn einen europäischen Standort auf Mallorca aufbauen möchte. Er betreibt ein Yachtcharter- und Management-Unternehmen in Hongkong und konnte sich vorstellen, dass ich gut ins Team passe. Nach einer Woche Bedenkzeit sagte ich zu, was eine mehrmonatige Einarbeitung in Hongkong vorsah.

Du hast den Schritt nach Asien gewagt.

Nicht ganz. Im Januar schob ich noch ein Praktikum bei Abeking & Rasmussen dazwischen. Meine Familie gehört zu den Gesellschaftern von Abeking & Rasmussen, mein Urgroßvater war Henry Rasmussen. Als Kind war ich zwar mal auf der Werft, es gab aber keine weiteren Berührungspunkte. Und ich muss dazu sagen, dass ich quasi inkognito in die Branche eingestiegen bin. Zum einen wollte ich schauen, ob mir die Superyacht-Industrie zusagt, zum anderen als Stina wahrgenommen werden und nicht als diejenige, die zur Eigentümerfamilie gehört. Ich war drei Monate bei Abeking & Rasmussen im Marketing und Vertrieb und durchlief weitere Abteilungen. Ich schätzte die familiäre Atmosphäre in der Werft sehr, sodass es mir schwerfiel, wieder zu gehen. Doch die Aussicht auf Hongkong, wo ich nach der Schulzeit bereits für ein Praktikum war, und auf Mallorca war zu verlockend. Außerdem wollte ich mich woanders beweisen, mein Netzwerk aufbauen und nicht gleich die offensichtlichste Option wählen.

Wie ging es bei M Yachts weiter?

In Hongkong lebte ich mich gut ein und hatte Spaß an meiner Aufgabe, zu der auch die Betreuung der Charterkunden gehörte. Als Commercial Manager kam die Entwicklung der Unternehmens- und Marketingstrategie hinzu. Im Sommer 2019 zog ich dann mit einem kleinen Team nach Mallorca. Das Chartergeschäft hätte gut funktionieren können, wenn nicht im Winter Corona gekommen wäre. Spanien ergriff sofort sehr strikte Maßnahmen, sodass wir die Segel streichen mussten und ein Büro in München aufbauten.

Und da kam wieder Abeking & Rasmussen ins Spiel.

Wir nahmen schnell Gespräche auf und überlegten, ob es Sinn macht, dass ich jetzt schon wieder ins Unternehmen einsteige. Da es nicht absehbar war, wie sich die Corona-Situation entwickelt, kehrte ich 2021 zu A & R zurück, zunächst als Marketing-Managerin. Seit April 2022 leite ich das Marketing und Sales Management.

Was fällt in deinen Aufgabenbereich?

Dazu zählen Öffentlichkeitsarbeit, Mediaplanung, Organisation der Messen und Events, PR- und Recherchearbeit und die Erstellung von Content für die Website, Printprodukte und Social Media. Darüber hinaus unterstütze ich den Vertrieb in der Strategie und Prozess­optimierung. Dazu gehören Überlegungen, welche Märkte wir bespielen und welche wir noch erschließen möchten.

Wie wichtig ist Social Media für euch?

Marketing und Vertrieb arbeiten Hand in Hand, wobei es bei uns nicht so ist, dass wir Yachten über unsere Social-Media-Kanäle verkaufen. Dennoch ist es eins der Standbeine, das die Aufmerksamkeit von Kunden auf uns lenkt. LinkedIn spielt für uns auch eine große Rolle.

Wie hat sich der Markt verändert?

Wir spüren, dass Eigner jünger werden und natürlich orientieren sich diese am bestehenden Markt, der sich zu Yachten über 100 Meter entwickelt hat. Bei uns geht die Nachfrage wieder verstärkt Richtung 80-Meter-Projekten, mit denen wir uns sehr gut identifizieren können. Die Komplexität und das Bewusstsein für nachhaltige Aspekte haben sich beim Bau von Yachten deutlich gesteigert. Es besteht aber auch ein ausgeprägtes Interesse am Secondhand-Markt, der Anfragen für umfangreiche Refits mit sich bringt.

Wie wirbt man für Yachten, über die eigentlich kaum etwas gesagt und von denen wenig gezeigt werden darf?

Bei unserem Projekt „Celerius“ haben wir es geschafft, dass vor dem Launch nichts an die Öffentlichkeit gelangte. Das war der Wunsch des Kunden. Für diese Verschwiegenheit stehen wir mit unserem Namen. Wir haben ihm aber auch gesagt: Nach der Wasserung werden früher oder später Aufnahmen von Yachtspottern ins Internet kommen. Wenn wir selbst Content kreieren, können wir es steuern. Also haben wir Fotografen und Filmer beauftragt und Details über offensichtliche Features preisgegeben. Wir fiebern auf die zeitnahe Ablieferung hin und hoffen, dass wir den Eigner dafür begeistern können, die Yacht vor Monaco zu zeigen.

Was befindet sich noch im Bau?

Gut – bei uns verlässt nun nicht jeden Monat eine Yacht die Werft (lacht). Wir finalisieren gerade ein unter 100 Meter sowie ein über 100 Meter langes Yachtprojekt und arbeiten an diversen Refit-Aufträgen. Wir bauen nicht nur Yachten, in diesem Jahr werden wir zwei Minensuchboote aus nicht magnetisierbarem Stahl abliefern. Darüber hinaus haben wir drei Mehrzweckschiffe und weitere Spezialschiffe im Auftrag.

Was rätst du Berufseinsteigern, die Interesse an der Yachtbranche haben?

Wichtig ist es, offen in die Branche zu gehen und eine Affinität für Yachten mitzubringen. Geduld sollte man auch haben, da es sich um eine traditionelle Branche handelt. Für den Einstieg ist sicher auch Mut hilfreich. Im ersten Moment wusste ich als Quereinsteigerin nicht, wie ich überhaupt Fuß fassen sollte. Mir hat Young Professionals in Yachting (YPY) sehr geholfen. Ohne YPY wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.

Wie bist du auf das YPY-Netzwerk aufmerksam geworden?

Durch meinen Kollegen Björn Benecke, das war bereits während meines Praktikums bei A & R. Kurz danach hörte ich in Barcelona auf der MYBA-Messe von einem Segeltrip aller YPY-Chapter in Kroatien, an dem ich spontan teilnahm. Von den 65 Leuten kannte ich so gut wie keinen, aber nach vier Tagen hatte ich mein Netzwerk enorm ausgebaut und viele Freundschaften geknüpft.

Mittlerweile bist du Vizepräsidentin von YPY Germany. Welche Ziele verfolgt ihr mit dem Verein?

Wir möchten die Organisation in der Branche weiter etablieren und Leute, die neu sind oder in diesem Sektor arbeiten möchten, motivieren und Raum für sie schaffen. Es wird wieder unseren Superyacht Summit auf Pellworm Mitte Juni geben. Und wir planen Townhall Summits in den einzelnen Werften, um jungen Mitarbeitern eine Plattform zu geben, die nicht auf Messen oder anderen Events vertreten sind. Dazu möchten wir auch Studenten aus umliegenden Universitäten einladen. Eine Art Tag der offenen Tür.


Über „Young Professionals in Yachting Germany“

Die 2017 gegründete Netzwerkplattform „Young Professionals in Yachting Germany“ unterstützt ihre Mitglieder dabei, Kontakte innerhalb der Branche zu knüpfen, unter anderem auf Events und bei Stammtischen. Beitreten kann jeder, der schon in der Yachting-Industrie arbeitet und zwischen 20 und 40 Jahre alt ist. Derzeit hat der Verein über 100 Mitglieder aus unterschiedlichen Bereichen der Großyachtwelt.

 | Logo: Young Professionals in Yachting Germany
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