Service für EinsteigerBasiswissen Führerscheine für Motorboote

Jürgen Strassburger

 · 07.11.2022

Bundessiegel
Foto: BOOTE-Archiv

Welche Bootsführerscheine es gibt, wo deutsche Führerscheine gültig sind und welche Ausnahmen beachtet werden müssen

In diesem Artikel:

Bevor wir zur Frage des „richtigen“ Führerscheins kommen, müssen wir zunächst entscheiden, wo gefahren werden soll. Dabei gilt es, zunächst zu klären: Was ist Binnen – was ist See?

Die Unterscheidung zwischen Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen ist sowohl für die Kennzeichnungspflicht von Booten (Bootspapiere) als auch für die deutschen Bootsführerscheine von großer Bedeutung. Es gilt nämlich der Grundsatz: Ohne gültiges Kennzeichen nach der Kennzeichnungsverordnung-Binnen darf kein Schiff in Binnenschifffahrtstraßen einlaufen bzw. dort fahren. Ähnliches gilt für die Bootsführerscheine: Binnenschifffahrtsstraßen dürfen nur mit dem Sportbootführerschein Binnen, Seeschifffahrtsstraßen nur mit dem Sportbootführerschein See befahren werden.

Vielen Skippern ist aber nicht bekannt, wo genau die Grenzen zwischen See- und Binnenschifffahrtsstraßen liegen. Besonders an den Übergängen von See- zu Binnenschifffahrtsstraßen sind schnell Grenzen überschritten, die unmittelbar eine Kennzeichnung oder andere Führerscheine erfordern.

Wir müssen also wissen, wo die seewärtigen Grenzen der Binnenschifffahrtsstraßen liegen und welche Flüsse und Kanäle, die wie Binnenschifffahrtsstraßen aussehen, per Definition aber Seeschifffahrtsstraßen sind.

Eindeutige Auskunft gibt dabei § 1 der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung.

Deutschlands nasse Führerscheine

Auf dem Wasser geht es zu wie im richtigen Leben: Es gibt jede Menge Regeln und kaum eine Regel ohne Ausnahme.

Die Tatsache, dass unsere Meere, Seen, Flüsse und Kanäle auch „Wasserstraßen“ genannt werden, lässt schon vermuten, dass hier besondere Vorschriften und neben bootsspezifischen auch persönliche Zugangsvoraussetzungen gelten.

Uns allen ist selbstverständlich, dass man ohne Pkw-Führerschein nicht Auto fahren darf – jedenfalls nicht auf öffentlichen Verkehrsstraßen. In etwas abgemilderter Form gilt diese Regel auch auf unseren Wasserstraßen.

Sportbootführerschein Binnen und See

Wie wir schon gelernt haben, ist Wasserstraße nicht gleich Wasserstraße. Wir müssen unterscheiden zwischen See- und Binnenschifffahrtsstraßen (siehe oben), auf denen jeweils ein spezieller Führerschein erforderlich ist. Der Name benennt den Geltungsbereich. So braucht man den „Sportbootführerschein mit dem Geltungsbereich Seeschifffahrtsstraßen“ (Kurzform SBF-See) zum Führen eines Bootes mit einer Nutzleistung von mehr als 11,03 kW (15 PS) in deutschen Küstengewässern im Geltungsbereich der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung und für das Führen von Booten mit weniger als 20 m Länge und einer Nutzleistung von mehr als 11,03 kW (15 PS) den „Sportbootführerschein mit dem Geltungsbereich Binnenschifffahrtsstraßen (SBF-Binnen) auf deutschen Binnengewässern.

Wer den vorherigen Absatz aufmerksam gelesen hat, wird festgestellt haben, dass die Längenbegrenzung von 20 m nur für das Führen von Booten auf den Binnenschifffahrtsstraßen gilt, nicht aber auf den Seeschifffahrtsstraßen. Dort gibt es keine Längenbegrenzung! Außerdem ergibt sich der erfreuliche Umstand, dass für Boote mit einer Antriebs­maschine von weniger als 11,03 kW (15 PS) weder auf See- noch auf Binnenschifffahrtsstraßen ein Führerschein erforderlich ist.

Ausnahme Rhein

Achtung: Auch hier lauern Ausnahmen: Auf der Binnenschifffahrtsstraße Rhein endet die Führerscheinfreigrenze bereits bei 3,68 kW (5 PS). Außerdem dürfen auf dem Rhein mit dem Sportboot­führerschein nur Boote bis zu einer Länge von 15 m geführt werden.

Für das Führen von Booten ab 15 bis 25 m Länge ist auf dem Rhein das Sportpatent (für den Rhein) erforderlich. Für das Befahren des Rheins zwischen km 335,29 (Schleuse Iffezheim) und km 857,40 (Spyck’sche Fähre) ist zusätzlich der Nachweis spezifischer Streckenkenntnisse notwendig. Das Sportpatent (für den Rhein) berechtigt gleichzeitig zum Führen eines Sportfahrzeugs mit einer Länge von weniger als 25 m auf allen übrigen Binnenschifffahrtsstraßen des Bundes.

Sportschifferzeugnis

Den gleichen Geltungsbereich (ohne den Rhein) bietet das Sportschifferzeugnis, das für das Führen von Sportfahrzeugen mit einer Länge von 20 m bis weniger als 25 m auf allen Binnenschifffahrts­straßen des Bundes vorgeschrieben ist.

Sportküstenschifferschein, Sportseeschifferschein und Sporthochseeschifferschein

Wer die Gewässer im Geltungsbereich der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung seewärts überschreiten möchte, darf dies formal auch mit dem Sportbootführerschein See. Ein Mehr an praktischer Erfahrung und theoretischen Kenntnissen kann in den Küstengewässern aber nicht schaden. Der Gesetzgeber hat deshalb den amtlichen, aber freiwillig zu erwerbenden Sportküstenschifferschein (SKS) eingeführt, der für das Befahren der Küstengewässer aller Meere bis zu 12 sm Abstand von der Festlandsküste empfohlen wird.

Der amtliche Sportseeschifferschein (SSS) ist vorgeschrieben für Skipper von Traditionsschiffen bis 15 m Länge, die mehr als 25 Personen befördern, oder für das Führen von Traditionsschiffen von 15 bis 55 m Länge, wenn das Schiff in küstennahen Seegewässern eingesetzt wird.

Wer noch höher hinaus- oder, besser gesagt, weiter raus will, kann freiwillig den amtlichen Sport­hoch­see­schif­fer­schein (SHS) erwerben. Vorgeschrieben ist er lediglich für Skipper von Traditionsschiffen bis 55 m Länge, die in der weltweiten Fahrt eingesetzt werden.

Bodenseeschifferpatent – Ferienpatent

Wieder andere Regeln gelten auf dem Bodensee. Als internationales Gewässer hat er eine eigene Schifffahrtsordnung, die zwischen den Anrainerstaaten Deutschland, Österreich und der Schweiz abgestimmt ist. Das sogenannte Bodenseeschifferpatent (Kategorie A) erlaubt das Führen von Fahrzeugen mit einer Maschinenleistung von mehr als 4,4 kW (6 PS).

Inhaber der Sportbootführerscheine Binnen und/oder See sowie des Sportküstenschifferscheins (SKS) können bei den Bodensee-Schifffahrtsämtern auf Antrag ein sogenanntes Ferienpatent erwerben. Dieses erlaubt ihnen das Befahren des Bodensee für die Dauer eines durchgehenden Monats innerhalb eines Jahres. Eine Aufteilung in mehrere Termine ist nicht möglich.

Und was ist unter Segel?

Die Sportbootführerscheinverordnung verlangt im Grundsatz für das Führen von Segelbooten weder auf Binnen- noch auf Seeschifffahrtsstraßen Führerscheine. Aber natürlich hat auch diese Regel Ausnahmen: Auf den Binnenschifffahrtsstraßen des Bundes im Land Berlin (außer Zeuthener See und Dämeritzsee) ist für Sportfahrzeuge unter Segel, deren Segelfläche mehr als 6 m² beträgt, auf den Binnenschifffahrtsstraßen des Bundes im Bereich des Landes Berlin (außer Zeuthener See und Dämeritzsee) der Sportbootführerschein Binnen (unter Segel) erforderlich. Darüber hinaus gilt diese Fahrerlaubnispflicht auch auf den im Land Brandenburg gelegenen Teilen der

Unteren Havel-Wasserstraße von der Nordspitze der Pfaueninsel bis km 16,4 sowie auf der Havel-Oder-Wasserstraße von km 6,4 bis km 10,2 einschließlich Nieder Neuendorfer See.

Und auf dem Bodensee schreibt die Bodenseeschifffahrtsordnung (BSO) für Segelboote mit mehr als 12 m² Segelfläche das Bodenseeschifferpatent (Kategorie D) vor.

Deutsche Führerscheine im Ausland

Die amtlichen deutschen Führerscheine werden im Ausland durchweg anerkannt. Das gilt nicht nur für das eigene Boot unter deutscher Flagge, sondern durchweg auch für Boote unter fremder Flagge, beispielsweise ausländische Charterboote. Der Geltungsbereich der deutschen Führerscheine im Ausland entspricht dem Fahrtbereich, für den er auch in Deutschland gilt.

Für Charterer: Die deutschen Führerscheine gelten ohne Einschränkungen auch im Ausland

Ausländische Scheine in Deutschland

Ausländische Führerscheine werden nur anerkannt, wenn der Führerscheininhaber seinen Wohnsitz im Ausland hat. Ist im Staat des Wohnsitzes für das Führen eines Sportbootes auf den jeweiligen Gewässern ein Befähigungsnachweis amtlich vorgeschrieben oder wendet dieser Staat die Resolution Nr. 40 ECE an, benötigt die Person den Befähigungsnachweis oder ein internationales Zertifikat nach der Resolution Nr. 40 ECE für das jeweilige Gewässer im Geltungsbereich dieser Verordnung.

Deutsche Staatsbürger, die ihren Wohnsitz im Geltungsbereich der Sportbootführerscheinverordnung (also in Deutschland) haben, dürfen mit einem ausländischen Schein auf deutschen Gewässern kein Boot führen.

Deutsche Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland können bis zu einem Jahr das dem Führerschein entsprechende Gewässer in Deutschland befahren. Danach muss ein deutscher Sportbootführerschein erworben werden.

Praxistipps rund um den Führerschein

  • Praxistipp 1: Entscheiden, wo man fahren will
  • Praxistipp 2: SBF-See und -Binnen gleichzeitig machen
  • Praxistipp 3: Vorsicht vor ausländischen Billig-Patenten
Deutschlands WasserstraßenFoto: Christian Tiedt
Deutschlands Wasserstraßen

Seeschifffahrtsstraßen in Deutschland

Seeschifffahrtsstraßen sind die Wasserflächen zwischen den Ufern der hier bezeichneten Teile der angrenzenden Binnenwasserstraßen:

  • Ems bis zu der bei der Hafeneinfahrt nach Papenburg über die Ems gehenden Verbindungslinie zwischen dem Diemer Schöpfwerk und dem Deichdurchlass bei Halte;
  • Leda bis zur Einfahrt in den Vorhafen der Seeschleuse von Leer;
  • Weser bis zur Nordwestkante der Eisenbahnbrücke in Bremen mit den Nebenarmen Schweiburg, Rechter Nebenarm, Rekumer Loch;
  • Lesum und Wümme bis zur Ostkante der Franzosenbrücke in Borgfeld;
  • Hunte bis zum Hafen Oldenburg einerseits und bis 140 Meter unterhalb der Amalienbrücke in Oldenburg andererseits;
  • Elbe bis zur unteren Grenze des Hamburger Hafens bei km 638,98 rechtes Ufer (Tinsdal) und km 633,35 linkes Ufer (Finkenwerder) mit der Wischhafener Süderelbe (von km 8,03 bis zur Mündung in die Elbe), dem Ruthenstrom (von km 3,75 bis zur Mündung in die Elbe) und der Bützflether Süderelbe (von km 0,69 bis zur Mündung in die Elbe);
  • Oste bis 210 m oberhalb der Achse der Straßenbrücke über das Ostesperrwerk (km 69,360);
  • Freiburger Hafenpriel bis zur Ostkante der Deichschleuse in Freiburg an der Elbe;
  • Schwinge bis zur Nordkante der Salztorschleuse in Stade;
  • Lühe bis zum Unterwasser der Au-Mühle in Horneburg;
  • Este bis zum Unterwasser der Schleuse Buxtehude;
  • Stör bis 46 m oberhalb des Pegel Rensing;
  • Krückau bis zur Südwestkante der im Verlauf der Straße Wedenkamp liegenden Straßenbrücke in Elmshorn;
  • Pinnau bis zur Westkante der im Verlauf der Elmshorner Straße liegenden Straßenbrücke in Pinneberg;
  • Eider bis Rendsburg, Sorge bis zur Südwestkante der im Verlauf der Bundesstraße 202 liegenden Straßenbrücke an der Sandschleuse, Gieselaukanal;
  • Nord-Ostsee-Kanal einschließlich Audorfer See und Schirnauer See von der Verbindungslinie zwischen den Molenköpfen in Brunsbüttel bis zu der Verbindungslinie zwischen den Einfahrtsfeuern in Kiel-Holtenau, Borgstedter See mit Enge, Flemhuder See und Achterwehrer Schifffahrtskanal;
  • Trave bis zur Nordwestkante der Eisenbahnhubbrücke in Lübeck mit Pötenitzer Wiek und Dassower See;
  • Warnow bis zur Südkante der Eisenbahnbrücke Rostock – Stralsund;
  • Ryck bis zur Ostkante der Steinbecker Brücke in Greifswald;
  • Uecker bis zur Südwestkante der Straßenbrücke in Ueckermünde